Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1910. (37)

Nr. 55. 805 
14. Art. 89 erhält nachstehende Fassung: 
Strafbestimmungen, welche das Ehrgefühl oder die guten Sitten verletzen, 
dürfen in die Arbeitsordnung nicht aufgenommen werden. Geldstrafen dürfen in 
jedem einzelnen Falle die Hälfte des für die vorhergegangene Lohnperiode ermittelten 
durchschnittlichen Tagesarbeitsverdienstes derjenigen Arbeiterklasse nicht übersteigen, 
zu welcher der Arbeiter gehört; jedoch können Tätlichkeiten gegen Mitarbeiter, 
erhebliche Verstöße gegen die guten Sitten, sowie gegen die zur Aufrechterhaltung 
der Ordnung des Betriebes, zur Sicherung gegen Betriebsgefahren oder zur 
Durchführung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Gewerbeordnung er- 
lassenen Vorschriften mit Geldstrafen bis zum vollen Betrage dieses durchschnitt- 
lichen Tagesarbeitsverdienstes belegt werden; die im Laufe eines Kalendermonats 
gegen einen Arbeiter wegen ungenügender oder vorschriftswidriger Beladung von 
Fördergefäßen verhängten Geldstrafen dürfen in ihrem Gesamtbetrage fünf Mark 
nicht übersteigen. Das Recht des Bergwerksbesitzers, Schadensersatz zu fordern, 
wird durch diese Bestimmung nicht berührt. 
Alle Strafgelder müssen zum Besten der Arbeiter des Bergwerks verwendet 
werden. Wenn für das Bergwerk ein ständiger Arbeiterausschuß vorgeschrieben 
ist, müssen die Strafgelder einer Unterstützungskasse zugunsten der Arbeiter über- 
wiesen werden, an deren Verwaltung der ständige Arbeiterausschuß mit der 
Maßgabe beteiligt sein muß, daß den von den Arbeitern gewählten Mitgliedern 
mindestens die Hälfte der Stimmen zusteht. Die Grundsätze für die Verwendung 
und für die Verwaltung müssen nach Anhörung der volljährigen Arbeiter oder 
des ständigen Arbeiterausschusses in der Arbeitsordnung oder in besonderen 
Satzungen festgelegt werden. Eine Ubersicht der Einnahmen und Ausgaben und 
des Vermögens der Kasse ist alljährlich in einer von der Berginspektion vorge- 
schriebenen Form aufzustellen und dieser, nachdem sie zwei Wochen durch Aushang 
zur Kenntnis der Belegschaft gebracht ist, einzureichen. Eine mit der Knapp- 
schaftskasse verbundene Unterstützungskasse, über welche besondere Rechnung geführt 
wird und deren Bestände ausschließlich der Unterstützung der Arbeiter und ihrer 
Hinterbliebenen dienen, ist als Unterstützungskasse im Sinne des Satz 2 anzuerkennen; 
Satz 3 und 4 finden auch auf diese Kassen Anwendung. 
15. Der Art. 91 wird durch nachstehende Vorschriften ersetzt: 
Art. 91. 
Vor dem Erlaß der Arbeitsordnung oder eines Nachtrags zu ihr ist den 
auf dem Bergwerk, in der betreffenden Betriebsanlage oder in den betreffenden
	        
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