(261)
Bei Locomotiokefselproben wird in der Regel diese letztere Art der Probe anzuwenden,
damit aber wo möglich die Prüfung der Federwaage nach § 11 der Instruction zu verbin-
den sein.
Bei dieser zweiten Art der Probe wird so lange Wasser in den Kessel gepumpt, bis das
Wasser rings am Umfange des ganzen Ventils gleichförmig hervordringt; einzelne dünne
Wasserstrahlen entscheiden nichts, da sie von mangelhaftem Ventilschlusse herrühren können.
Man überzeugt sich nun, ob an irgend einer Stelle des Kessels oder Kesseltheils unter
diesem Drucke ein Entweichen von Wasser oder gar eine Gestaltsveränderung zu bemerken ist.
Eine Gestaltsveränderung macht den Kessel stets untauglich. Dagegen ist von einem eigent-
lichen Entweichen des Wassers durch Spalten wohl das Erscheinen einzelner Wassertröpfchen
an den Juncturen der Bleche oder selbst in der Mitte der Blechtafeln zu unterscheiden;
letzteres kommt sehr oft vor, läßt sich durch einige Hammerschläge in der Regel beseitigen und
ist kein Grund zu Verwerfung des Kessels.
In Bezug auf Kessel mit ebenen Wänden ist § 10 der Instruction zu beachten. Ist der
Kessel bereits mit seinen Sicherheitsventilen versehen, so überzeugt man sich nach gelungener
Hauptprobe durch einen zweiten Versuch, bei welchem die Sicherheitsventile gangbar und mit
derjenigen Belastung versehen sind, welche der höchsten zulässigen Spannung und dem Durch-
messer der Druckfläche des Ventils nach Tabelle III. entspricht, von der Güte der Ventile,
indem, wenn man Wasser einpumpt, bis das Manometer ein wenig über den höchsten zulässigen
Standpunkt steigt, beide Ventile sich so öffnen müssen, daß das Wasser rings am Umfange
gleichmäßig austritt. Früheres Austreten des Wassers in einzelnen Strahlen deutet mangel-
haften Ventilverschluß an, der verbessert werden muß. Mangelhafte Beschaffenheit der Sicher-
heitsventile hindert zwar nicht die Stempelung des Kessels, wenn dieser sich bewährt hat, aber
die Stempelung der Gewichte und Hebel für die Sicherheitsventile, welche dann erst bei der
ersten Localrevision, bis zu welcher die Mängel abzuändern sind, geschehen kann.
Haben Kessel und Kesseltheile die Probe ausgehalten, so kann der Kessel gestempelt wer-
den und zwar soll vieß selbst dann geschehen, wenn auch die Construction des Kessels in
Bezug auf mangelhafte Verbindung der einzelnen Theile (z. B. durch sogenannte Eisenkitte)
Dimensionen der Verbindungsstücke (z. B. zu enge Verbindungsröhren zwischen Siederöhren
und Kessel) Möglichkeit der Entfernung des Kesselsteins, — unrichtiges Verhältniß zwischen
Wasser= und Dampfraum u. s. w. mangelhaft erscheinen mag. Der technische Beamte hat
zwar den Kessel — soweit dieß nicht schon bei vorläufiger Prüfung eines Anlageprojects ge-
schehen sein sollte — auch in allen diesen Beziehungen zu prüfen und seine Ausstellungen
dem Besitzer mitzutheilen, auch im Protocolle zu bemerken, aber die Stempelung nichtsdesto-
weniger vorzunehmen.
Die Bezeichnung der Kessel besteht darin, daß auf eine vom Besitzer des Kessels oder
Fabrikanten dazu vorbereitete und mittelst Schrauben mit versenkten Köpfen vorher schon an
1849. 47