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Zu einem solchen Antrage sind jedoch bei Ehrverletzungen gegen Eheweiber, Kinder, im
öffentlichen Dienste angestellte Personen und öffentliche Behörden nicht nur die Verletzten
selbst, sondern auch die Ehemänner, die Eltern, die Wahleltern und die amtlichen Vorgesetzten,
bei Ehrverletzungen gegen ganze Stände oder Körperschaften jedes Mitglied derselben, berech-
tigt. Auch kann das Justizministerium die Staatsanwaltschaft mit strafrechtlicher Verfolgung
solcher Ehrverletzungen, welche Staatsbeamten verbündeter Staaten in Beziehung auf ihre
amtliche Thätigkeit durch Schrift (Art. 125) zugefügt worden, sowie mit strafrechtlicher Ver-
folgung von Beleidigungen und Verleumdungen einer der ständischen Kammern beauftragen;
dasselbe bedarf jedoch, dafern der Landtag versammelt ist, zu einer Verfügung der letzteren Art
der Ermächtigung der Kammer.
Ehrverletzungen, welche einem Verstorbenen bei dessen Lebzeiten zugefügt worden sind,
können von dem Ehemanne, den Eltern, Wahleltern und amtlichen Vorgesetzten auch nach dem
Tode desselben zur Anzeige gebracht werden. Bestand die Ehrverletzung in der Beimessung
einer Handlung der in Art. 235 und 236 gedachten Art, so kann sie auch von der Ehefrau
des Verletzten, sowie außer den Eltern auch von anderen Verwandten in aufsteigender Linie,
ingleichen von Verwandten in absteigender Linie, einschließlich der Wahlkinder, jedoch nur dann
zur Anzeige gebracht werden, wenn der Verletzte von der Verletzung oder dem Thäter bei seinen
Lebzeiten keine Kenntniß erhalten hat oder innerhalb der ihm laufenden Verjährungsfrist ver-
storben ist. Diesen Personen läuft solchenfalls die Verjährungsfrist, wenn sie von der Ver-
letzung oder dem Thäter erst nach dem Tode des Verletzten Kenntniß erlangt haben, von dem
Zeitpunkte an, wo sie diese Kenntniß erlangten, wenn sie aber schon bei Lebzeiten des Ver-
letzten davon Kenntniß hatten, von dem Tode des Letzteren an.
Wegen Ehrverletzungen, welche einem Verstorbenen erst nach seinem Tode zugefügt wor-
den, sind die Ehegatten, die Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie, wohin auch
Wahleltern und Wahlkinder zu rechnen, sowie in der Seitenlinie bis mit dem dritten Grade,
ingleichen, ohne Rücksicht auf Verwandtschaft, die Erben zu dem Antrage berechtigt.
In allen Fällen, wo wegen einer und derselben beleidigenden oder verleumderischen Hand-
lung eine Mehrzahl von Personen zum Antrage berechtigt ist, findet nur eine einmalige Be-
strafung Statt. Es können daher, wenn von einem der Betheiligten der Antrag gestellt wor-
den ist, die Anderen zwar diesem Antrage sich anschließen, oder den zurückgenommenen wieder
aufnehmen, auch kann Jeder auf Veröffentlichung des Erkenntnisses antragen, nicht aber neben
Demsenigen, welcher bereits auf Bestrafung angetragen hat, einen Antrag auf besondere oder
nochmalige Bestrafung stellen. Ingleichen ist in einem solchen Falle nur Eine beglaubigte
Abschrift des Erkenntnisses auszufertigen, welche Demjenigen behändigt wird, welcher den An-
trag auf Bestrafung gestellt oder wieder aufgenommen hat.
Von amtswegen ist zu verfahren: