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und kann derselbe binnen der gesetzlichen, von dem Tage dieser Bekanntmachung an zu rech—
nenden Frist diejenigen Rechtsmittel einwenden, deren er sich bedienen konnte, wenn ihm das
Erkenntniß gleich anfänglich bekannt gemacht worden wäre. Die Rechtsmittel stehen dem
Angeklagten auch dann zu, wenn sein Vertheidiger (Art. 317) oder die Angehörigen (Art.
106) statt seiner sie eingewendet hatten und darauf ein obergerichtliches Erkenntniß ergangen
war. Nicht minder kann er darauf antragen, daß unter einstweiliger Aufhebung des Erkennt-
nisses eine anderweite Hauptverhandlung anberaumt und abgehalten werde.
Ueber diesen Antrag entscheidet das Oberappellationsgericht in nicht öffentlicher Sitzung.
Auch kann der König auf geschehenes Ansuchen die Abhaltung einer anderweiten Haupt-
verhandlung anordnen.
Von der Mitwirkung bei der neuen Verhandlung sind die vorigen Richter nicht ausge-
schlossen.
Art. 320.
Außenbleiben des Vertheidigers.
Bleibt der Vertheidiger in den Fällen, wo wegen der Schwere des Verbrechens die Ver-
theidigung nach Art. 3 8 à eine nothwendige ist, außen, ohne daß er einen Stellvertreter gestellt
hat oder sonst für die Vertheidigung des Angeklagten noch genügend gesorgt werden kann, so
ist die Verhandlung zu vertagen.
Bleibt der Vertheidiger des wegen eines anderen Verbrechens Angeklagten außen, ohne
daß er einen Stellvertreter gestellt hat oder sonst für die Vertheidigung noch genügend gesorgt
werden kann, so hat, wenn der Angeklagte deshalb die Vertagung der Verhandlung verlangt,
das Gericht zu ermessen und zu entscheiden, ob die Verhandlung zu eröffnen und zu beendigen
oder zu vertagen sei.
Der unentschuldigt oder ohne genügende Entschuldigung außengebliebene Vertheidiger
ist von dem Gerichte in eine Geldbuße bis zu einhundert und fünfzig Thalern zu ver-
urtheilen.
Art. 321.
Außenbleiben der Zeugen.
Die gehörig vorgeladenen, aber unentschuldigt oder ohne genügende Entschuldigung außen-
gebliebenen Zeugen und Sachverständigen sind ein jeder von dem Gerichte zu einer Geldbuße
bis zu einhundert und fünfzig Thalern oder zu einer Gefängnißstrafe bis zu sechs Wochen zu
verurtheilen.
Ueberdieß kann, wenn die Außengebliebenen am Sitze des Gerichts oder in dessen Nähe
anwesend sind, deren sofortige Vorführung angeordnet werden.
Ist übrigens wegen ihres Außenbleibens die Hauptverhandlung vertagt worden, so hat
das Bezirksgericht dafür, daß sie in der anderweiten Hauptverhandlung erscheinen, zu sorgen