weitverzweigte Gebiet unserer Sprache und Kulturgeschichte, die sich stets an Be—
kanntes, Mundartliches, Volkstümliches anschließen sollen, von großem Werte. Die
in § 10 gegebene Verteilung des sprachgeschichtlichen Stoffes, der nicht in syste-
matischem Zusammenhang, sondern gelegentlich mitzuteilen ist, ist so zu verstehen,
daß in der betreffenden Klasse auf den ihr zugeschriebenen Teil besonderer Wert
zu legen ist.
§ 12. Aus den einzelnen Unterrichtsfächern soll eine „Schulphilosophie“ heraus-
wachsen, in der die mannigfaltigen Erscheinungen der Welt und des Menschenlebens auf
allgemeine Begriffe zurückgeführt, in Wechselbeziehung zu einander gesetzt und zu einer
Welt= und Lebensanschauung verschmolzen werden. Religionsunterricht, Sprachunter-
richt, Geschichte, Erdkunde und Naturwissenschaften haben ihren Anteil daran; ebenso
können die wissenschaftlichen Methoden, die im Schulunterricht zur Anwendung
kommen, zu den Elementen der Erkenntnislehre führen, aus der deutschen und
fremdsprachlichen Lektüre Gesetze der Psychologie und Asthetik gewonnen werden.
Es empfehlen sich aber auch für die Studienanstalt in den Primen besondere
Stunden, die, wenn sie nicht allein dem deutschen Unterricht abgespart werden können,
im Laufe des Jahres abwechselnd und nach Vereinbarung von den anderen Fächern
zur Verfügung gestellt werden müssen. Der philosophische Unterricht soll nicht neuen
Lehrstoff herbeitragen, sondern den vorhandenen klären, ordnen, fruchtbar machen, den
Schulstudien einen gewissen Abschluß geben. Auch lassen sich mit ihm leicht ÜUbungen
im freien Vortrag verbinden.
Tatbeinisch.
§ 13. Der Unterricht in der lateinischen Sprache hat den Schülerinnen einen
klaren Einblick in die Sprache und das Geistesleben des römischen Volkes zu ver-
schaffen; zugleich aber soll die gründliche Einführung in den streng gesetzmäßigen
Bau seiner Kunstsprache die logische Ausbildung des jugendlichen Geistes fördern.
Am Schlusse des Lehrganges kann von den Schülerinnen erwartet werden, daß
sie sich ein sicheres grammatisches Wissen in den Grenzen einer nach den Grundsätzen
der Reformmethode verfaßten Schulgrammatik und einen ausreichenden Wortschatz
erworben haben,
durch eigene Lektüre mit einer Reihe von bildungfördernden Schriftwerken #der
römischen Literatur bekannt geworden sind,
die zum Verständnis der Schriftwerke nötigen Kenntnisse in Mythologie, Staats-
wesen, Privataltertümern und Literaturgeschichte sich zu eigen gemacht haben und
sich fähig zeigen, eine nicht zu schwierige Stelle aus einem römischen Schriftsteller
bei einiger Nachhilfe auch ohne Vorbereitung schriftlich und mündlich zu über-
setzen.
1910. 101
Philosophische
Propädentik.
Lehrziel.