Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1910. (76)

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Die Belehrung in Literaturgeschichte verzichtet auf zusammenhängende Dar— 
stellung und bibliographische Einzelheiten. Sie lehnt sich an die Lektüre von Werken 
der großen Schriftsteller an, beschränkt sich auf Lebens- und Charakterbilder und 
schildert in hervorragenden Vertretern einzelner Epochen das nationale Leben 
ihrer Zeit. 
Aus der Metrik der französischen und englischen Dichtkunst ist durch induktives 
Verfahren nur das Wichtigste bei der Lektüre zu gewinnen. 
5. Sicherheit in der Grammatik ist eine unerläßliche Forderung. Sie wird in 
den unteren Klassen durch systematischen Unterricht, in den oberen durch Wieder- 
holungen und durch Ergänzungen im Anschluß an die Lektüre erzielt. Auf festen 
Besitz des Wichtigen und allgemein Anerkannten ist mehr Wert zu legen als auf 
Bekanntschaft mit stilistischen Feinheiten und Eigenheiten einzelner Schriftsteller. Auf 
allen Stufen muß verlangt werden, daß die Schülerin aus dem Einzelfall die gram- 
matische Regel abzuleiten und durch selbstgebildete, idiomatisch richtige Beispielsätze 
zu belegen vermag. 
Ubersetzungen aus dem Deutschen in die Fremdsprache geben einen zuver- 
lässigeren Maßstab zur Ermittelung der Kenntnisse in der Grammatik als die freien 
stilitischen Ubungen. Sie sind deshalb, mit den letzteren regelmäßig abwechselnd, 
planmäßig zu treiben und dürfen auch in den obersten Klassen nicht fehlen. Doch 
empfiehlt sich für diese Ubungen in den Primen ein vorsichtiges Maßhalten in der 
Schwierigkeit der Aufgaben, da die Forderung, ohne häufige Hilfe zusammen- 
hängende Abschnitte aus deutschen Klassikern (Goethe: Dichtung und Wahrheit; 
Schiller: Geschichte des dreißigjährigen Kriegs u. ä.) in gutes Französisch oder Englisch 
zu übersetzen, über die Leistungsfähigkeit der meisten Schülerinnen hinausgeht. 
Griechisch. 
820. Die Aufgabe des griechischen Unterrichts ist, den Schülerinnen der gymna- 
sialen Abteilung das Verständnis einer Anzahl von Werken der Literatur zu eröffnen, 
in denen sich das reiche Leben, die Geistestiefe und der Schönheitssinn des griechischen 
Volkes offenbart. 
Von den Schülerinnen, die die Studienanstalt bis zur Reifeprüfung besucht haben, 
kann man erwarten, daß sie 
die Sicherheit in den Elementen der griechischen Sprache erlangt haben, die zum 
Verständnis der in der Schule gelesenen Schriftsteller erforderlich ist, 
sich durch eigene Lektüre mit den griechischen Dichtern und Prosaikern, die auf 
Gymnasien gelesen zu werden pflegen, insbesondere mit Homer, Sophokles 
und Platon, in ausreichendem Maße bekannt gemacht, 
Lehrziel.
	        
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