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Ein größerer Dialog Platons (Gorgias, Phaedon), Thukydides (Auswahl aus I
und II oder VI und VIIh, leichtere Staatsreden des Demosthenes. Fortsetzung der
Iliaslektüre, eine Tragödie des Sophokles und des Euripides. Zu empfehlen sind
auch ausgewählte Stücke aus Wilamowitz' Lesebuch oder dem Florilegium Afranum.
Klassen- und Hausarbeiten, vornehmlich Übersetzungen aus dem Griechischen.
§22. 1. Der griechische Unterricht hat sich sobald als möglich seinem Hauptziele,
der zusammenhängenden Lektüre, zuzuwenden; dieser müssen alle grammatischen
Ubungen dienstbar gemacht werden. Aber auch hierzu ist eine sichere grammatische
Grundlage unentbehrlich; sie zu schaffen und zu befestigen, müssen Übersetzungen
aus dem Deutschen bis in die oberste Klasse behilflich sein. Im übrigen hat sich der
Unterricht in freieren Bahnen zu bewegen; wie weit er imstande ist, die Ergebnisse
eines sechsjährigen Unterrichts in dem Normalgymnasium zu erreichen, hängt wesent-
lich von der Tüchtigkeit des Lehrers und der Begabung und dem Eifer der Schüle--
rinnen ab.
2. Die Einführung in die Sprache und die weitere Behandlung des gramma-
tischen Unterrichts gestaltet sich im wesentlichen nach den Bestimmungen, die für das
Lateinische in §15, 1 bis 5 gegeben sind. Die Anknüpfung an das bereits Bekannie
und Gelernte kann hier besonders fruchtbar gemacht werden. So wird man sich nicht
entgehen lassen, bei der Erläuterung der Vokabeln überall auf die Fremdwörter
hinzuweisen, die unsere Sprache aus der griechischen aufgenommen hat, woraus die
Schülerinnen schon einen Eindruck von der Bedeutung des Griechischen für unser
Kulturleben gewinnen. Man wird ferner die Entwicklung der Formen auf dieser Stufe
in wissenschaftlicherer Weise gestalten und dadurch das Interesse der Schülerinnen
für sprachgeschichtliche Beobachtungen wecken. In der Satzlehre wird man nicht
nur an das Lateinische, sondern ebenso auch an das Deutsche und Französische an-
knüpfen. So bietet der Gebrauch des Infinitivs mancherlei Vergleichungspunkte mit
dem Deutschen, die indirekte Rede, der Irrealis und der Gebrauch der Tempora mit
dem Französischen. Wie der grammatische Unterricht und die Wortkunde sich auf das
Wesentliche, auf das, was bei den Schurschriftstellern am häufigsten vorkommt,
unter Ausscheidung von seltenen Ausnahmen zu beschränken hat, so erst recht die schrift-
lichen Ubungen, denen die Schlichtheit des Tenophon oder des Lysias zum Muster
dienen kann. Um das Ohr der Schülerinnen an das gesprochene Wort zu gewöhnen,
empfiehlt es sich, wenigstens bei der Hälfte der Übersetzungen aus dem Griechischen den
griechischen Text zu diktieren, insbesondere bei der Aufgabe einer derartigen Haus-
arbeit.
3. Was in § 15, 7 bis 10 über den Betrieb der lateinischen Lektüre gesagt ist,
gilt auch von dem der griechischen. Da die Anabasislektüre bereits in der Mitte des
Bemerkungen.