300 8 19. Die Feststellung des Budgetgesetzes. [204
Wenn daher der Bundesrath es unterlässt, staatsrechtlich
nothwendige Einnahmen oder Ausgaben überhaupt oder nach
dem gesetzlich bestimmten Masse einzustellen, so ist der Reichs-
tag berechtigt, die unterlassene Einstellung zu bewirken. Der
Bundesrath seinerseits hat nicht das Recht, dem so amendirten
Budget seine Zustimmung zu verweigern.
Wenn auf der andern Seite der Reichstag staatsrechtlich
nothwendige Einnahmen oder Ausgaben überhaupt oder nach
dem gesetzlich bestimmten Masse streicht, so erwächst dem
Bundesrathe verfassungsmässig das Recht, dem so amendirten
Budget seine Zustimmung zu versagen.
2. Einnahmen oder Ausgaben dagegen, welche in dem
entwickelten Sinne staatsrechtlich nothwendige, sei es über-
haupt oder nach ihrem Masse, nicht sind, sind staatsrecht-
lich freie, gesetzlich ungebundene Einnahmen oder
Ausgaben.
Solche gesetzlich ungebundene Einnahmen oder Ausgaben
bedürfen zu ihrer Aufnahme in den Etat eben darum, weil
seine Erhebung zum Gesetz verfassungsmässig vorgeschrieben
ist, der freien Übereinstimmung von Bundesrath und
Reichstag. Keiner von beiden Theilen ist berechtigt, sie
dem andern aufzuzwingen.
Der Reichstag daher kann Einnahmen oder Ausgaben,
welche der Art nach ungebunden sind, in den Etat nicht ein-
stellen, wenn sie der Bundesrath nicht gemacht sehn will und
er kann Einnahmen und Ausgaben, welche dem Masse nach
ungebunden sind, nicht einseitig erhöhen, wenn sie nach der
Willensmeinung des Bundesraths in diesem Masse nicht ge-
macht werden dürfen oder können. Der Bundesrath ist be-
rechtigt, ein im Widerspruch hiermit amendirtes Budget zu
verwerfen.
Auf der andern Seite ist der Reichstag verfassungsmässig
berechtigt, Einnahmen oder Ausgaben, welche ihrer Art nach
ungebunden sind, abzusetzen und solche Einnahmen oder Aus-
gaben, welche nur ihrem Masse nach ungebunden sind, so-
weit herabzusetzen, als die Herabsetzung nicht die Aufhebung,