uns diese Bündnisse bei den unvermeidlichen Reibungen in anderen
Weltteilen nichts Wesentliches nützen und ergaben sich hier Konstel—
lationen, die uns bald mit dem einen, bald mit dem anderen
unserer Gegner in Europa zusammenführten. Dabei tauchten dann
wieder Schwierigkeiten im nahen Orient, wie die armenischen Greuel
und der Aufstand in Kreta, auf, die auf die außereuropäischen
Konstellationen zurückwirkten und einen klaren, geradlinigen Kurs
unmöglich machten. So entstand der Eindruck der Zickzackpolitik,
der während der ersten Jahre der Kanzlerschaft des Fürsten Hohen-
lohe häufig den Gegenstand von Klagen und Vorwürfen in der
Presse und im Reichstag bildete.
Gleich der erste weltpolitische Schritt, den das Reich unter
dem dritten Kanzler unternahm, stellte sich als eine Politik der
freien Hand für die außereuropäische Welt dar, die mit der Bünd-
nispolitik für Europa in Widerspruch zu stehen schien. Mit den
Gegnern des Dreibundes, Rußland und Frankreich, schloß sich das
Deutsche Reich zusammen zum Einspruch gegen den Frieden von
Schimonoseki, den das siegreiche Japan am 17. April 1895 China
auferlegt hatte. Der Einspruch richtete sich dagegen, daß Japan
nach dem Vertrag nicht nur die Insel Formosa, sondern auch die
Halbinsel Liautung mit dem Kriegshafen Port Arthur erhalten
sollte. Man wollte nicht, daß Japan zwei „Schildwachen“ vor den
Zufuhrstraßen Chinas errichtete und damit ein wirtschaftliches und
politisches Ubergewicht über das Reich der Mitte erhielte. Da die
drei Mächte auch nach der Ratifikation des Friedensvertrages (8. Mai
1895) bei ihrem Einspruch verharrten, gab Japan dem Drucke
nach und verzichtete auf die Halbinsel Liautung.
Die gemeinsame Intervention war von Rußland angeregt wor-
den, nachdem schon Anfang März 1895, sechs Wochen vor dem
Friedensschluß, die deutsche Regierung in Tokio den freundschaft-
lichen Rat gegeben hatte, keine Gebietsabtretung auf dem chinesi-
schen Festland zu fordern, weil sich sonst europäische Staaten
einmischen würden. Von allen drei Mächten hatte Rußland die
stärksten politischen Gründe, um sich gegen den Ubergang der
Halbinsel Liautung in japanischen Besitz zu wehren. Vielleicht war
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