dahin, die Selbständigkeit des Burenstaates zu erhalten und die Be-
strebungen der englischen Partei, die auf Vereinigung von ganz Süd-
afrika zu einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet gerichtet waren, nicht
zum Ziele kommen zu lassen. Ein wirksames Mittel, die Vergewal-
tigung der Burenstaaten zu verhindern, hatten wir nicht. Infolge-
dessen konnte auch die Kaiserdepesche an Krüger nichts anderes
sein als ein Appell an die menschliche Gerechtigkeit gegen räuberische
Friedensbrecher und ein Sympathiebeweis für die glückliche Ab-
wehr. Daß ihr Wortlaut eine andere Deutung zuließ, war ihr Fehler.
An dem maßvollen Verhalten, das die deutsche wie die eng-
lische Diplomatie von Anfang an gegenüber dem Einbruch Jame-
sons beobachtet hatte, änderte die Veröffentlichung der Krüger-
Depesche nichts. Zwischen der ersten Meldung aus Transvaal, daß
die dortige Regierung in großer Sorge wegen bevorstehender, von
der englischen Partei in Johannisburg angestifteter Unruhen sei, und
der Nachricht von der Gefangennahme Jamesons und seiner Truppe,
d. h. zwischen dem 24. Dezember 1895 und dem 2. Januar 1896
abends überstürzten sich die Ereignisse und infolgedessen auch die
diplomatischen Berichte, Erlasse und Noten. Mitteilungen der Trans-
vaalregierung, Hilferufe der Deutschen in Prätoria, Ratschläge an
Krüger, Maßregeln zum Schutze der Deutschen, Anfrage in London
(über die Haltung der englischen Regierung) und in Lissabon (wegen
etwaiger Beförderung von Mannschaften des Kreuzers „Seeadler“
auf der Delagoabahn), Einleitungen und Abstoppen von diplomati-
schen Schritten folgten sich eilig in bunter Reihe. In dem Durch-
einander zeichnete sich nur eines klar und deutlich ab: Das fort-
gesetzte Bestreben der deutschen Regierung und des Kabinetts Salis-
bury, es zu keinem schweren deutsch-englischen Konflikt kommen zu
lassen. Auf deutscher Seite drückte sich das unter anderem darin
aus, daß Präsident Krüger am 30. Dezember den dringlichen Rat
erhielt, strengstens jede Herausforderung zu vermeiden, ferner daß
dem Konsul Herff in Prätoria die nachgesuchte Erlaubnis, das
Landungskorps vom „Seeadler“ zu requirieren, nur für den Not-
fall und ausschließlich zum Schutze des Konsulats, des Lebens und
Eigentums der Reichsangehörigen erteilt, und daß endlich eine An-
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