Full text: Der neue Kurs.

lichen Zusammenarbeit mit Holstein war meist er mit seinen histo— 
rischen Kenntnissen, seiner erstaunlichen Fähigkeit, internationale 
Zusammenhänge zu erkennen und Gefahren für das Reich zu 
wittern, dem Reichtum seiner Ideen und Auskunftsmittel der 
gebende Teil. Was ich dagegen aufbringen konnte, war nicht viel 
mehr als ein wenig natürlicher Menschenverstand. Als er dann 
zu Beginn der Marokkohändel in bittere Feindschaft zu mir geriet, 
habe ich nicht vergessen, wieviel Dank ich ihm für vergangene 
Zeiten schuldete. Solange ich gut mit ihm stand, wurde ich immer 
rechtzeitig über die internationalen Vorgänge unterrichtet. Was 
bei ihm Mitteilsamkeit aus persönlichem Wohlwollen war, machte 
der Staatssekretär und Kanzler v. Bülow aus Verständnis für 
Wirken, Bedürfnisse und Behandlung der Presse zur Regel. Unter 
ihm kam es nicht, wie später im Wechsel der Staatssekretäre 
vorübergehend, vor, daß der Presseleiter nur ein weit vorgeschobe— 
ner, von den notwendigen rückwärtigen Verbindungen abgeschnitte— 
ner Außenposten war, der von diplomatischen Offensiven oder De— 
fensiven selbst erst aus den Blättern oder öffentlichen Reden 
Kenntnis bekam. 
Holstein unterhielt allerlei unterirdische Verbindungen, und man- 
ches ging bei ihm heimlich und hintenherum, was besser von vorn 
zu erledigen gewesen wäre. Er liebte es, Diplomaten auf Außen- 
posten, die sein besonderes Vertrauen besaßen, durch Privattele- 
gramme mit Anweisungen und Anregungen zu versehen und gab 
davon zu den Akten nur, was ihm wichtig und unbedenklich er- 
schien. Auch im inneren Amtsbetrieb zog er es manchmal vor, 
Mitarbeiter ausspielen zu lassen und selbst in der Hinterhand zu 
bleiben. Sorgfältig überwachte er den Verkehr der Kanzler, denen 
er diente, zu häufige Besuche im Kanzlerhause konnten verdächtig 
machen und ihm die Ruhe rauben. Daß er, wie Gegner und 
Opfer von ihm behaupten, auch mit Zetteln und anonymen Karten 
arbeitete, habe ich nicht bemerkt. Von anderen, auch solchen, die 
mit ihm noch Verkehr unterhielten, habe ich ihn wegen seiner mit 
dem Alter und den Mißerfolgen in der Marokkofrage gesteigerten 
Neigung zu persönlichen Ränken und Hintertreppengängen mit den 
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