Full text: Der neue Kurs.

des Königs Eduard VII. (Juni 1904) bis zum April 1906 hin- 
zog, wurde manchmal im Stile Shakespearescher Komödien gear- 
beitet. Näher darauf einzugehen, muß ich mir versagen. Nur so 
viel sei bemerkt, daß eine schon vorbereitete Nachtragsforderung 
an Bundesrat und Reichstag für den neuen Direktor bei der poli- 
tischen Abteilung bald wieder rückgängig gemacht wurde. Die Nach- 
richt aus dem Reichstag, daß bei Beratung der Forderung die 
alten Verehrer und Freunde von Bismarck Vater und Sohn unter 
Führung des Abgeordneten v. Kardorff wahrscheinlich eine Hol- 
stein-Debatte hervorrufen würden, wohl gar mit Erwähnung des 
Arnim-Prozesses und der Angriffe des Kladderadatsch, hatte ge- 
nügt, um Holstein den dringenden Wunsch einzuflößen, lieber ganz 
zu verzichten, als auf der Rampe des Reichstags Rede und Ant- 
wort zu stehen. Der politische Direktor verschwand lautlos in 
der Versenkung. 
Wenn Holstein glaubte, nach der schweren Ohnmacht des 
Fürsten Bülow im Reichstage am §. April 1006 sein letztes 
Entlassungsgesuch — es gab deren viele — noch zurückziehen zu 
können, weil es im verschlossenen Schreibtisch des erkrankten Kanz- 
lers ruhte, so hat er sich in einem tatsächlichen Irrtum befunden. 
Das Entlassungsgesuch war am selben 3. April 1906 vormittags 
im Auftrage des Kanzlers von dem Staatssekretär v. Tschirschky 
dem Kaiser vorgetragen und von diesem genehmigt worden. Nur 
die formelle Erledigung zögerte sich noch zehn Tage hin. 
Als Holstein das Entlassungsdekret mit einem Schreiben 
Tschirschkys erhielt, in dem auf den Auftrag des Kanzlers Bezug 
genommen war, wollte er diesen Auftrag öffentlich als eine Un- 
wahrheit erklären. Der Rat eines wirklich guten Freundes brachte 
ihn davon ab. Das Dekret war doch nicht umzustoßen, und ein 
Mann, der sich über Gewalt und Hinterlist beklagte, wenn ihm 
sein wie oft geschriebener Wille geschieht, wäre eine groteske Figur 
gewesen. Holstein kam dann auf die Idee, seinem ehemaligen 
Freunde Phili in einem Briefe mit beleidigenden Ausdrücken vor- 
zuwerfen, daß dessen Einflüsterungen die kaiserliche Ungnade be- 
wirkt hätten. Die Folgen einer solchen Kampfansage wurden da- 
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