auf den Kaiser wie früher geltend zu machen. Gleich der erste
selbstherrliche Akt, den der Kaiser in dieser Zeit unternahm, hatte, so
wohlgemeint er war, nicht die erwartete gute Wirkung: die kaiser-
liche Dankdepesche an den österreichisch-ungarischen Minister des
Außeren Grafen Goluchowski für seine Dienste als „brillanter Se-
kundant auf der Mensur“ in Algeciras wurde in weiten Kreisen des
Donaureiches, besonders in Ungarn als Demütigung empfunden,
und die offiziösen Blätter in Berlin, Wien und Budapesi mußten
sich bemühen, dem Ausbruch von Unfreundlichkeiten Einhalt zu tun.
Noch schlimmer war die Wirkung in Italien. Das Lob des einen
Bundesgenossen wurde als Tadel des anderen aufgefaßt, man sprach
sogar von einem deutsch-italienischen Zwischenfall.
Von allen Staatssekretären des Auswärtigen Amtes während
der Regierungszeit Wilhelms II. besaß wohl der Sachse Herr
v. Tschirschky am meisten die kaiserliche Gunst. Im Reichs-
tag machte er keine glückliche Figur, ihm fehlte ganz die Gabe der
freien Rede, das Sprechen vor einer großen Korona verursachte
ihm, dem häufigen Gast im Dapperschen Sanatorium in Kissingen,
physische Beschwerden. In manchen Stücken war er das gerade
Gegenteil von Bülow, nicht sehr gewandt in der Unterhaltung, hölzern
im Ton, mehr geradeaus sachlich bestrebt und in schwierigen Lagen
leicht die Unglücksmiene aufsetzend, nicht frei von innerlichem Hoch-
mut, ohne sich dessen bewußt zu sein, unempfindlich für Presselob
und ztadel. Wie Bülow aber bannte er gut die besondere Eigenart
des Kaisers, daß man nur unter vier Augen mit ihm offen und ein-
dringlich sprechen durfte, Einwände und Natschläge dagegen in
Gegenwart Dritter, auch wenn es nur die nächsten Hofleute waren,
leicht die dann zur Schau getragene überlegene Herrscherwürde
empfindlich berühren konnten. Während der Erkrankung und des
darauffolgenden langen Erholungsurlaubo des Kanzlers in Norderney
bekam die nahe persönliche Fühlung des Staatssekretärs mit dem
Kaiser erhöhte Bedeutung. Ganz im Sinne des Fürsien Bülow
ergriff Herr v. Tschirschky auf einer Reise des Kaisers nach den
Nordseehäfen eine günstige Gelegenheit, um dringend zu einer
ruhigen Politik unter Verzicht auf internationale Kundgebungen
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