Paul Herre, Österreich-Ungarn seit 1866. 27
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antwortlichen Staatsmänner ın der Zeit von 1905 bis zur Gegenwart immer an guten Beziehungen
zu Deutschland festgehalten haben und nicht daran gedacht haben, sich vollständig in den Dienst
des französisch-englischen Gegensatzes gegen Deutschland zu stellen. Seitdem der Gegensatz
zwischen England und Deutschland an Spannung nachgelassen hat, hat infolgedessen auch die
enge Beziehung Englands zu Russland nachgelassen, die überhaupt sofort als anormal erscheint,
sobald ın Türkisch-Asıen, Persien, Zentralasien und Ostasien die russischen Interessen entschieden
‚betont werden. Denn damit tritt sofort überall England als der gegebene Feind hervor. Diese Be-
tonung der grossen asiatischen Interessen aber, auf denen vor allem die Weltmachtstellung Russ-
lands ruht, gehört besonders zu der politischen Überzeugung des Zaren, der schon als Grossfürst
durch seine Reise in Asien sich persönlich mit all diesen Gedanken durchtränkt hat.
So ist die politische Stellung Russlands ziemlich kompliziert. Mit der Freundschaft
zu Frankreich und den Rüstungen und Eisenbahnbauten an seiner Westgrenze gegen Deutschland
und Österreich verträgt sich ein politisch gutes Verhältnis zum deutschen Reich und vertragen
sich immer enger werdende wirtschaftliche Beziehungen — steht doch Deutschland heute
an erster Stelle unter den nach Russland einführenden Ländern. Und mit der Freundschait zu
England verträgt sich der entschiedene Gegensatz der russischen Asıen-Politik zu diesem. Die
Tendenzen aber der ganzen russischen Politik bleiben die alten, einfachen, dıe Peter der Grosse
vorgezeichnet hat: das Streben nach Abrundung des Machtgebietes und nach dem Besitze von Fluss-
mündungen und Häfen, die eine dauernde Verbindung mit der Weltwirtschaft und Weltkultur,
wie wir nun heute sagen müssen, garantieren.
102. Abschnitt.
Österreich-Ungarn seit 1866.
Von
Dr. Paul Herre,
a. 0. Professor der Geschichte an der Universität Leipzig.
Literatur:
E. vv Wertheimer, Graf Julius Andrassy und seine Zeit. 3 Bände. Stuttgart 1910—13. — A.
Fournier, Wie wir zu Bosnien kamen. Wien 1909. — Dazu die Literatur von Abschnitt 103, 104 und 107.
Die Schlacht bei Königgrätz bedeutet den Zusammenbruch des alten Österreich; das neue
dualistische Österreich-Ungarn erhob sich aus seinen Trümmern, eine Einheit nach aussen trotz
aller auseinanderstrebenden Tendenzen ım Innern und von den Betreibern des Ausgleichs von
1867 bewusst als Einheit aufgerichtet. Nicht freilich hat sich das neue Staatswesen sogleich mit
einer neuen Staatsidee erfüllt. Eine Reihe von Jahren haben die alten Machtziele noch erheblich
auf die Richtung der Gesamtpolitik eingewirkt, und erst in dem Masse, wie Ungarn neben Öster-
reich Einfluss auf die Leitung der auswärtigen Politik gewann, hat man es vermocht sich von der
Tradition loszumachen, um sich lebendigen Staatsaufgaben zuzuwenden.
Zunächst blieb der Gegensatz gegen das siegreiche Preussen bestimmend, und man stellte
dem Einheitswerke Bismarcks das vom Grafen Beust zäh verfolgte Bestreben entgegen, Süddeutsch-
land au: dem werdenden deutschen Einheitsstaate auszuschliessen und ins österreichische System
einzugli dern. Die preussischen Annäherungsversuche wurden zurückgewiesen, alle Hoffnung
wurde auf Frankreich gesetzt, alles politische Interesse auf den Westen konzentriert. Den Höhe-
punkt erreichte diese Entwickelung in den Monaten des deutsch-französischen Krieges 1870. Mit
Eifer betrieb Beust ein Bündnis mit dem zweiten Empire, und eine Hofpartei unter Erzherzog
Albrecht suchte Kaiser Franz Josef zum Kriege gegen Preussen zu bewegen; vor allem dem ener-