Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Politisch-Geschichtliches. 
V. 
Johann Georg des Dritten zweiter Sohn Kurfurst Friedrich Augustl. 
oder Der Starke (auch der Sächsische Herkules genannt) regierte von 1694 
bis 1733. Bereits vor seinem Regierungs-Antritte hatte derselbe mit Vater 
und Bruder zusammen im französischen Feldzuge gekämpft, und durch seine 
hervorragende persönliche Tapferkeit sich aufs rühmlichste ausgezeichnet. Als 
er das 17. Lebensjahr erreicht hatte, begab sich der am 12. Mai 1670 
geborene Prinz, der allerorten als ganz besonders schön, stark und liebens- 
würdig gefeiert wurde, auf Reisen an die Höfe Europas und erlebte die ver- 
wickeltsten Abenteuer, deren sehr großer Freund er war. Paul Haake in seiner 
Monographie über diesen sächsischen Fürsten sagt: „Ehrgeiz, Genußsucht und 
Wissensdurst sind die treibenden Kräfte in August dem Starken gewesen.“ 
„Krieger und Staatsmann, Architekt und Regisseur, Poet und Adept in einer 
Person, war er kein Leibniz an Universalität, aber ein Leon Battista Alberti 
gewiß.“ Jegliche Rücksicht auf Einschränkung verachtend, entwickelte sich seine 
Prachtliebe und Genußsucht an den Versailler Mustern aufs höchste. In 
Verbindung mit seiner übergroßen sinnlichen Lust hat seine rasende, vor 
nichts zurückschreckende Verschwendung ihm und seinem Lande Unsummen 
Geldes gekostet, wenn auch nicht geleugnet werden darf, daß dieselben in 
vieler Beziehung gute Zinsen gebracht haben. Aber Ludwig XIV. tat es 
ja in Frankreich nicht besser; alle Sitten und Unsitten gingen von dem 
Wollustatmenden Hofe dieses blendenden Monarchen aus, der nun einmal 
das Vorbild war allenthalben. „Frankreich hat es weit gebracht, Frank- 
reich kann es schaffen, daß so manches Land und Volk wird zu seinem 
Affen“ singt Logau zu jener Zeit. Zwar dürfte der Ausspruch Rankes 
über Friedrich August I. etwas zu herb sein, wenn er, dessen Genialität 
voll anerkennend, schließlich sagt: „Er gefiel sich in einem Gemisch von 
Kraft und Sittenlosigkeit.“ Aber, in der Tat, das so unschöne, hoch- 
moderne Wort „Übermensch“ kann wohl auf August den Starken angewendet 
werden. Dem „Sonnenkönig“ war derselbe aber nicht nur in Bezug auf 
UÜppigkeit, Prachtentfaltung, Tapferkeit und Feldherrentalent, sondern auch 
in Betreff groß angelegter Gedanken und weitausschauender politischer Pläne 
unzweifelhaft sehr ähnlich. So kam es auch, daß ihm, dem Adler, der 
Käfig zu klein, sein Sachsenland ihm zu eng, der Kurhut zu gering ward. 
Er strebte nach etwas höherem, er strebte nach dem Titel Majestät und 
einer Königskröne.2) Und so riß der Ehrgeiz dieses Fürsten, der von 
einem Tatendrange beseelt war, der nur im Getümmel der Schlacht oder 
52) Ein mehr oder weniger mystisches lateinisches Buch des gelehrten Schneebergers 
Paul Grebner über die hellstrahlende Zukunft Sachsens und seiner Dynastie, besonders 
aber die in demselben enthaltene Prophezeiung von einer „Alles überragenden Machtstellung 
des Hauses Wettin“, soll nicht wenig dazu beigetragen haben, Augusts überrege Natur 
anzustacheln und seinen Ehrgeiz in lodernde Flammen zu versetzen.
	        
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