Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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10 Monaten unter den Augen des ganzen Reiches sich zugetragenen Ereignisse 
haben auch diese letzte Hoffnung vernichtet und die gänzliche Unzulänglichkeit der 
bisherigen Verfassung aufs neue außer allen Zweifel gesetzt. 
Bei dem Drange dieser wichtigen Betrachtung haben die Souveräns und 
Fürsten des mittäglichen und westlichen Deutschland sich bewogen gefunden, einen 
neuen und den Zeitumständen angemessenen Bund zu sch'ießen. Indem sie sich 
durch gegenwärtige Erklärung von ihrer bisherigen Verbindung mit dem deutschen 
Reichskörper lossagen, befolgen sie bloß das durch frühere Vorgänge und selbst 
durch Erklärungen der mächtigen Reichsstände aufgestellte System. Sie hätten 
zwar den leeren Schein einer erloschenen Verfassung beibehalten können, allein 
sie haben im Gegenteil ihrer Würde und der Reinheit ihrer Zwecke angemessener 
geglaubt, eine offene und freie Erklärung ihres Entschlusses und der Beweggründe, 
durch welche sie geleitet worden sind, abzugeben. 
Vergeblich aber würden sie sich geschmeichelt haben, den gewünschten End- 
zweck zu erreichen, wenn sie sich nicht zugleich eines mächtigen Schutzes versichert 
hätten, wozu sich nunmehr der nämliche Monarch, dessen Absichten sich stets mit 
dem wahren Interesse Deutschlands übereinstimmend gezeigt haben, verbindet. 
Eine so mächtige Garantie ist in doppelter Hinsicht beruhigend. Sie gewährt die 
Versicherung, daß Se. Maj. der Kaiser von Frankreich Allerhöchstdero Ruhms 
halber ebensosehr, als wegen des eigenen Interesses des französischen Kaiserstaates 
die Befestigung der inneren und äußeren Ruhe sich angelegen sein lassen werden. 
Daß diese kostbare Ruhe der Hauptzweck des rheinischen Bundes ist, davon 
finden die bisherigen Reichsmitstände der Souveräns, in deren Namen die gegen- 
wärtige Erklärung geschieht, den deutlichen Beweis darin, daß jedem unter ihnen, 
dessen Lage ihm eine Teilnahme daran erwünschlich machen kann, der Beitritt zu 
demselben offen gelassen ist. 
2. Quelle: Abdankungsurkunde des Kaisers Franz II. 6. August 1806. 
Fundort: F. W. Ghillany a. a. O. Bd. 2. S. 22. 
Wir Franz der Zweite, von Gottes Gnaden erwählter römischer Kaiser usw. usw. 
Nach dem Abschlusse des Preßburger Vertrages haben wir unsere ganze Auf- 
merksamkeit und Sorgfalt darauf gewendet, alle Verpflichtungen, die wir durch 
diesen Vertrag eingegangen waren, mit unserer gewöhnlichen Treue und strengen 
Pünktlichkeit zu erfüllen, unseren Völkern die Segnungen des Friedens zu er- 
halten und die so glücklicherweise wiederhergestellte Ruhe auf allen Seiten zu be- 
festigen, und zwar in der Erwartung, daß die durch diesen Frieden im Deutschen 
Reiche bewirkten wesentlichen Veränderungen es uns noch erlauben würden, die 
uns als oberstem Reichsoberhaupte durch die Wahlkapitulation auferlegten müh- 
seligen Pflichten zu erfüllen. 
Die Folgen, die mehreren Artikeln des Preßburger Vertrages unmittelbar 
nach seiner Bekanntmachung und bisher gegeben wurden, und die allgemein be- 
kannten Ereignisse, die nachher im Reiche statthatten, gaben uns die Überzeugung, 
daß es uns unter den gegenwärtigen Umständen unmöglich sein würde, ferner die 
Obliegenheiten, die wir durch den Kapitulationsvertrag übernommen haben, zu 
erfüllen. Und wenn man auch noch hätte erwarten können, daß sich nach Be- 
seitigung der durch die Komplikation der politischen Interessen eingetretenen 
Schwierigkeiten in der Lage der Dinge eine Veränderung ergeben würde, dann 
hätte doch die unter dem 12. Juli zu Paris unterzeichnete Konvention, die nach-
	        
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