110 Historische Einleilung.
dem Boden der völkerrechtlichen Verträge, welche bisher die süddeutschen
Staaten mit dem Norddeutschen Bunde verbanden, ab zu einem Verfassungs-
Bündnisse überzugehen. Sie verband mit dieser Mittheilung den Auddruck
des Wunsches, mit einem Bevollmächtigten des Präsidiums über die Vor-
schläge in Besprechung zu treten, welche sie zur Ausführung ihres Gedankens
vorbereitet hatte. Das Präsidium beeilte sich diesem Wunsche zu entsprechen,
und es wurde mir der Befehl zu Theil, mich zu diesem Zweck nach München
zu begeben. Der Zweck war nicht eine Verhandlung, sondern eine Anhörung
der Vorschläge, die von der königlich baierischen Regierung vorbereitet waren,
eine Besprechung dieser Vorschläge aus der Kenntniß der Verhältnisse heraus,
die mir meiner Stellung nach beiwohnte; die einzige Instruktion, welche ich
erhielt, war die, mich jeder Aeußerung zu enthalten, welche gedeutct werden
konnte, als ob das Präsidium im jetzigen Momente gesonnen sei, auf die
freien Entschließungen eines treuen und bewährten Alliirten auch nur den
entferntesten Druck auszuüben. (Sehr gut, sehr recht!) Die Besprechungen
in München fanden statt und wurden wesentlich gefördert dadurch, daß die
königlich würtembergischel Regierung durch eines ihrer Mitglieder an diesen
Besprechungen theilnahm. Während das Ergebniß dieser Besprechungen der
Envägung des Bundespräsidiums unterlag, wurde von Stuttgart aus der
Wunsch ausgesprochen, die in München eingeleiteten Besprechungen in Ver-
sailles fortzusetzen und zu ergänzen, zu ergänzen namentlich nach der mili-
tärischen Seite hin, indem der königlich würtembergische Vertreter in Mün-
chen nicht in der Lage gewesen war, sich über diesen vorzugsweise wichtigen
Theil der Verfassung weiter als in einigen allgemeinen Andentungen zu
äußern. Gleichzeitig mit dieser Anregung erfolgte der offizielle Antrag Ba-
dens auf Eintritt in den Norddeutschen Bund. Das Präsidium konnte nicht
zögern, diesen Anregungen zu entsprechen und sowohl die königlich würtem-
bergische, als die großherzoglich badische Regierung zur Entsendung von Be-
vollmächtigten nach Versailles einzuladen. Es gab gleichzeitig davon nach
München Nachricht, indem es zur Wahl stellte, entweder ebenfalls in Ver-
sailles die Münchener Besprechungen fortzusetzen, oder, wenn es vorgezogen
werden sollte, das Ergebniß der Verhandlungen mit den anderen dort ver-
tretenen deutschen Staaten abzuwarten, um sodann die Verhandlungen in
München wieder aufzunehmen. Endlich erklärte auch die großherzoglich
hessische Regierung ihren Entschluß, mit dem südlichen Theile ihres Gebiets
in den Bund einzutreten, und so geschah es, daß in der zweiten Hälfte des
Oktobers Vertreter der sämmtlichen süddeutschen Staaten in Versailles zu-
sammentraten, um über die Gründung eines Deutschen Bundes zu verhan-
deln. Die Verhandlungen mit Würtemberg, mit Baden und mit Hessen
führten sehr bald zu der Ueberzeugung, daß es ohne große Schwierigkeiten
gelingen werde, auf Grundlage der Verfassung des Norddeutschen Bundes zu
einer Verständigung zu gelangen; die Verhandlungen mit Baiern boten
größere Schwierigkeiten, und es war auf den eigenen Wunsch der königlich