Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

690 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
daß das Militär auf die Gestaltung Deutschlands einwirten sell. 
Einmal, meine Herren, ist das geschehen in der Geschichte in der Zeit des 
römischen Imperatorenthums, und ich wünsche, daß ein solcher Fall in der 
Geschichte nie mehr vorkomme. Das wäre der Untergang nicht blos aller 
Freiheit, sondern von noch viel mehr. Unsere Soldaten würden etwa unsere 
Deutsche Gesinnung bezweifeln? Warum denn, meine Herren? Sind wir dem 
nicht Deutsch, wenn wir mit Preußen in freundschaftlicher Beziehung steben, 
aber nicht in's Reich eintreten? Oder umgekehrt! Ist etwa Preußen 
deutscher als wir? Meine Herren, in der Mark Brandenburg und Sachsen, 
da saßen die Rhedarine, Stodoraner, Hareller und dgl. Das sind lauter 
Slaven! Das jetzige Preußen, das heißt das Reich zusammengenommm, 
das östliche Reich ron der Elbe an, das sind lauter nicht ursprünglich Deutscke, 
es sind theils Deutsche Elemente hinversetzt, theils sind es germanisirte Slaren. 
Wir sind gewiß so gute, wir sind bessere Deutsche als unsere Brüder im 
Norden. Aber Deutsche Gesinnung haben wir nicht? Nun, meine Herrm, 
die Deutsche Gesinnung könnte auch wiederum eigenthümlich aufgefaßt werden. 
Ich will nicht aufmerksam machen auf die Deutsche Gesinnung beim zweiten 
schlesischen Kriege; wenn die Herren wollen, können Sie darüber lesen in den 
nachgelassenen Schriften Friedrichs II., da finden Sie ganz etwas Anderes 
als Deutsche Gesinnung auf Seite eben dieses Königs; ich will nicht auf- 
merksam machen auf den „Stoß ins Herz“, aber, meine Herren, wenn es sich 
um Deutsche Gesinnung handelt, dann frage ich vor Allem: Was hat denn 
der Deutsche von den ältesten Zeiten an seinem Lande gegenüber für eine 
Gesinnung gehabt? Ich habe es schon angedecutet, meine Herren!: Sixre, 
Stamm und Volk. Aber jetzt kommt ein Anderes hinzu: Der Deutsche ba#t 
auch ein ganz bestimmtes Gefühl gehabt für seinen Führer, für 
seinen Fürsten im engeren Sinn. Und was war das für ein Gefühl! 
Wer einmal zu einem Führer sich bekannt hatte, hieß er nun Graf oder 
Herzog oder König, wer einmal zu einem Führer sich bekannt hatte, der war 
zur Treue gebunden an seinen Führer und zur Hinopferung des 
Lebens für seinen Führer, und wenn Einer diese Treue verletzte, abge- 
sehen von der freien Kündigung in einer freien, gefahrlosen Zeit, wenn Einer 
diese Treue verleßte, dann war er ein Verfluchter im Heiligthbume, 
er galt gleich einem Vatermörder, er hatte seine Stellung rer- 
loren in Sippe, Stamm und Volk; er war mit dem Kainzeichen 
gebrandmarkt., hinaus geworfen aus der Welt. Meine Herren! 
Das ist Deutsche Gesinnung, und diese Deutsche Gesinnung gebietet uns, 
festzuhalten an unserm freien, selbstständigen König, an ihm festzuhalten mit 
Aufopferung alles dessen, was ein treues Volk aufopfern muß. Das ist un- 
sere Pflicht, meine Herren, und diese Pflicht gebietet uns, die Verträge ab- 
zulehnen, welche uns hindern würden, dieses Opfer zu bringen, und darum, 
meine Herren, rufe ich Ihnen zu, wie gestern ein Redner: Jetzt, meine Herren, 
erwägen Sie die Sache und entscheiden Sie sichl
	        
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