166 Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung.
ihrer Anordnung die gutachtliche Aeußerung des zuständigen Gewerbeauffichtsbeamten
darüber einzuholen, ob die Fortsetzung des Betriebes erhebliche Nachtheile oder Gefahren
herbeizuführen geeignet und inwieweit die Einstellung des Betriebes anzuordnen sein
würde. Die Betriebs-Einstellung ist nur soweit anzuordnen, als es zur Beseitigung
erheblicher Nachtheile oder Gefahren unbedingt erforderlich ist.
D. Arbeitsordnungen (§8. 134 a bis 134h Gew. O.).
I. Die Verpflichtung zum Erlaß einer Arbeitsordnung besteht für jede Fabrik
und jede durch §. 154 Abs. 2 ihr gleichgestellte Anlage, welche während der Zeit ihres
Betriebes in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt. Bei Ermittelung dieser Zahl
kommen nicht in Anrechnung:
a) diejenigen Arbeiter, welche wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit oder
aus anderen Gründen nur vorübergehend angenommen werden,
5 die Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker.
I. Die Arbeitsordnung, sowie jeder Nachtrag zu derselben ist in zwei Aus-
fertigungen unmittelbar oder durch Vermittelung der Ortspolizeibehörde der untern
Verwaltungsbehörde einzureichen.
Letztere hat eine Ausfertigung alsbald dem zuständigen Gewerbeinspektor, oder so
lange ein solcher noch nicht vorhanden ist, dem der höheren Berwaltungsbehörde bei-
gegebenen Gewerbeaufsichtsbeamten zu übersenden.
III. Die untere Verwaltungsbehörde hat nach Eingang der Arbeitsordnungen
und der dazu erlassenen Nachträge zu prüfen, ob diese vorschriftsmäßig erlassen find
und ob ihr Inhalt den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderläuft (s. 134k). Diese
Prüfung ist so rasch vorzunehmen, wie es ohne Beeinträchtigung ihrer Gründlichkeit
möglich ist. Da bei der großen Anzahl von Arbeitsordnungen, die innerhalb der
ersten vier Wochen nach dem 1. April 1892 eingehen werden, die sofortige Prüfung
aller Arbeitsordnungen nicht ansführbar sein wird, so find zunächst diejenigen zu prüfen,
gegen deren Inhalt die Arbeiter nach §. 1344 Bedenken geäußert, oder später Beschwerde
erhoben haben.
Bei jeder Arbeitsordnung und jedem Nachtrag ist insbesondere zu prüfen:
à) ob die Borschrift des §s. 1344 über die Anhörung der großjährigen Arbeiter
oder eines Arbeiterausschusses, soweit diese Borschrist Anwendung findet, beachtet
ist und sofern nur die Anhörung eines ständigen Arbeiterausschufses stattgefunden
hat, ob dieser den Borschriften des §. 134h entspricht,
b) ob die Arbeitsordnung alle im ersten Absatz des s. 134b sub 1 bis 4 er-
forderten Bestimmungen enthält,
xc) ob die etwa vorgesehenen Aufkündigungsfristen für beide Theile gleich bemessen
find (vergl. §. 122), 6
d) ob die Bestimmungen für großjährige Arbeiter sich auf deren Verhalten im
Betriebe beschränken,
e) ob die Strafbestimmungen das Ehrgefühl oder die guten Sitten verletzen, ob
die Geldstrafen die gesetzlich zulässige Höhe nicht übersteigen, und in welcher
Weise die Strafgelder und die nach §s. 134 Abs. 2 verwirkten Lohnbeträge
zum Besten der Arbeiter verwendet werden.
Für diese Verwendung genügt nicht die allgemeine Zweckbestimmung, daß
die Strafgelder und Lohnbeträge „zum Besten der Arbeiter der Fabrik“ ver-
wendet werden. Es ist vielmehr bestimmt auch die Art der Verwendung dieser
Strafgelder oder Lohnbeträge zu bezeichen.
IV. Da die Prüfung nicht an eine bestimmte Frist gebunden ist und die untere
Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit, wenn sie einen Mangel in der Arbeitsordnung
entdeckt, die Beseitigung desselben auordnen kann, so empfiehlt es sich namentlich in
der ersten Zeit, mit Vorsicht vorzugeben und soweit nicht Beschwerden von Arbeitern
vorliegen, zunächst nur wegen zweifelloser Lücken und Gesetzwidrigkeiten die Ersetzung
oder Abänderung anzuordnen. In dieser Anordnung kann — namentlich, wenn die
Arbeitsordnung noch andere rechtlich zweifelhafte Bestimmungen enthält — ausdrücklich
daraof hingewiesen werden, daß die Anordnung weiterer Abänderungen vorbehalten
eibe.
V. Gegen die Anordnung der untern Verwaltungsbehörde findet binnen zwei
Wochen die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde statt (S. 134f Abs. 2).