Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXV. Hausirsteuer-Gesetz. 657 
4) innerhalb eines Bezirkes von nicht über 15 Kilometer diesseits der preußischen 
Grenze, wo die zuständige Regierung dies gestattet hat, selbstgewonnene Er- 
zeugnisse und selbstverfertigte Waaren, welche zu den Wochenmarktsgegenständen 
gehören, feilzubieten (§. 3 Nr. 5). # Z 
In welchen Fällen der Verkehr in der zu d bezeichneten Art von den Regierungen 
steuerfrei zu gestatten ist, bleibt vorerst deren Ermessen überlassen. Es wird dabei 
außer der etwaigen Befriedigung von Bedürfnissen diesseitiger Grenzbewohner und 
dem Interesse der Erhaltung eines bereits bestehenden nützlichen Grenzverkehrs auch 
iil Nücch auf Gegenseitigkeit wahrzunehmen sein, wo dazu irgend Anlaß ge- 
en ist. 
Solche Anordnungen sind in geeigneter Weise in dem betreffenden Bezirke öffentlich 
bekannt zu machen, nach Umständen auch zur Kenntniß der jenseitigen Grenzbewohner 
zu bringen und wird dabei zweckmäßig zugleich auf das in gewerbepolizeilicher Hin- 
sicht zu Beobachtende (Wandergewerbeschein), sowie auf die zollgesetzlichen Vorschriften 
wegen des Verkehrs im Grenzbezirke beziehungsweise des sogenannten kleinen Grenz- 
verkehrs nach Berständigung mit den zuständigen Behörden hinzuweisen sein. 
Aus den Bestimmungen im §. 1 des Ges. folgt ferner, daß Angehörige außer- 
deutscher Staaten, welche auf Bestellung ihr Gewerbe in Preußen ausüben, Waaren 
nicht zum Wiederverkauf oder doch nur bei Kaufleuten und in offenen Verkaufsstellen 
aufkaufen, dieserhalb keinesfalls mit der Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen 
betroffen werden können. 
Inwiefern einzelne Arten der bezeichneten gewerblichen Handlungen der Steuer 
vom stehenden Gewerbebetriebe unterliegen können (z. B. Ausübung des Zimmer- 
gewerbes durch Ausführung eines bestellten Baues in Preußen u. s. w.), ist lediglich 
nach den die Besteuerung des stehenden Gewerbebetriebes betreffenden Vorschriften zu 
beurtheilen. 
Dagegen kommt nach §. 3 Nr. 1 und 2 des Ges. den Angehörigen außerdeutscher 
Staaten keine der sonstigen Ausnahmen von der Hausirsteuer zu Statten, welche im 
§. 2 des Ges. bestimmt find, und ebensowenig die Stenerfreiheit des im Umherziehen 
betriebenen Feilbietens selbstgewonnener Erzeugnisse der Landwirthschaft 2c. (5. 1 Nr. 1), 
es sei denn, daß durch Verträge oder Vereinbarungen oder durch Anordnungen des 
Finanzministers anderweite Festsetzungen hierüber getroffen seien oder speziell getroffen 
werden möchten. In letzterer Beziehung ist daran zu erinnern, daß die Anwendung 
der sämmtlichen Ausnahmebestimmungen des §. 3 des Ges. bezüglich der Angehörigen 
des Großherzogthums Luxemburg durch die Zollvereinsverträge ausgeschlossen ist, so 
daß dieselben den Angehörigen deutscher Staaten völlig gleichstehen. 6 
Insoweit die Angehörigen außerdeutscher Staaten nach den Staatsverträgen 
befugt sind, auf Grund der in den Verträgen vorgesehenen Gewerbelegitimationskarte 
Waareneinkäufe zu machen oder Waarenbestellungen zu suchen, unterliegen dieselben 
für diese Arten des Gewerbebetriebes auch nicht der Steuer vom Gewerbebetriebe im 
Umherziehen. Die Frage der Steuerpflicht ist somit lediglich danach zu beurtheilen, 
ob der Ausländer nach den Vorschriften der Gewerbe-Ordnung und den Ausführungs- 
bestimmungen zu derselben beziehungsweise den Handelsverträgen eines Wandergewerbe- 
eins oder nur einer Gewerbelegitimationskarte der Behörde seines Heimath-= 
staates bedarf. 
« Bemerkt wird, daß von den gegenwärtig in Kraft befindlichen Handelsverträgen 
zenigen mit Belgien, Frankreich, Oriechenland, Oesterreich- Ungarn, Rumänien, 
Rußland, der Schweiz und Serbien!) ausdrückliche — im Einzelnen von einander 
abweichende — Bestimmungen dahin enthalten, daß die Angehörigen dieser Staaten, 
welche sich durch die Legitimationskarte über die Befugniß zum Gewerbebetriebe in 
ihrem Heimathsstaate ausweisen, befugt sein sollen, selbst oder durch in ihren Diensten 
Handele . Dez. 1891 Art. 9 (R. G. Bl. 1892 
elsverträge mit Belgien 6. Dez. = G. Bl. 
S. 241), Frankreich 2. Aug. 1#62 Art. 26 (G. S. 1865 S. 333), Griechen- 
land 5. Juli 1884 Art. 6 (R. G Bl. 1885 S. 23), Italien 6. Dez. 1891 
Art. 5 (N. G. Bl. 1892 S. 97), Oesterreich-Ungarn 6. Dez. 1891 Art. 19 
Abs. 3 (R. G. Bl. 1892 S. 3), Rumänien 21. Okt. 1893 Art. 3 (R. G. Bl. 
1894 S. 1), Rußland 10. Febr. 1894, Art. 12 (R. G. Bl. S. 153), Schweiz 
10. Dez. 1891 Art. 9 (R. G. Bl. 1892 S. 195), Serbien 21. Aug. 1892 
Art. 4 (R. G. Bl. 1893 S. 269). 
Illing-Kautz, Haudbuch II, 7. Ausl. 42
	        
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