Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

Kriegserklärung nach deutschem Völkerrecht. 63 
Bei den Römern galt nach Ciceros Ausspruch: „ 
nullum bellum esse iustum nisi qduod aut rebus repetitis 
geratur aut denuntiatum ante sit et indictum — nur derjenige 
Krieg als regulär, der zuvor erklärt war. Gerade bei den 
Römern war eine besonders feierliche Form, die sogen. clarigatio 
üblich. Livius berichtet uns im 1. Buch seiner Geschichte, 
in Kapitel 32 § 6 hierüber folgendes: Die Gesandtschaft, welche 
im Namen des römischen Volkes Genugtuung von dem fremden 
Volke zu fordern hatte, begab sich mit dem pater patratus 
an der Spitze an die Grenze, wo sie vor dem Feinde auf dem 
Markte der ersten Stadt, in die sie kam, die Götter zu Zeugen 
anrief, und sodann ihre Beschwerden darlegte, für die das 
römische Volk Genugtuung verlangte: „Audi, Jupiter, audite 
fines, audiat fas, ego sum publicus nuntius populi Romani, 
juste pieque legatus venio verbisque meis fides sit.“ Darauf 
brachte sic ihre Beschwerden vor. Gewöhnlich wurde dem Geg- 
ner eine Frist von 30 Tagen gesetzt, innerhalb der er sich zu 
entscheider hatte. Nach erfolglosem Ablauf dieser Frist, wäh- 
rend der die Gesandtschaft im fremden Lande verweilte, ver- 
kündete der Herold, wieder unter Anrufung der Götter, 
noch einmal die Ungerechtigkeit, die dem römischen Volke wider- 
fahren war,) und kehrte sodann nach Rom zurück, um dem 
Senat zu berichten. Entschied dieser sich für den Krieg, so 
begab sich der Herold noch einmal an die Grenze und rief: 
Ducoc Senatusque populi Romani CQuiritum censuit, con- 
Sensit, conscivit, ut bellum cum Priscis Latinis kieret, ob 
eam rem ego populusque Romanus populis Priscorum Latinorum 
hominibusque Priscis Latinis bellum indico facioque.“ Nach 
diesen Worten schleuderte er eine Lanze in das feindliche Ge- 
biet und kehrte zurück. 
Diese Form beobachteten die Römer wenigstens zur Zeit 
der Republik gewissenhaft. Erst in der Kaiserzeit beim Ein- 
tritt der Germanen in die römische Geschichte geriet die feier- 
liche Kriegserklärung in Verfall. 
b. Mit dem Entstehen des Rittertums im 12. Jahrhundert 
1) „Audi Jupiter et tu Jane Quirine dilque omnes Cselestes, vosdue 
terestres vosque inferni audite! Ego vos testor populum illum . .. iniustum 
esse neque lus persclvere“. 
 
	        
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