Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

— 
Ein Bericht des Ministers Tirard an den 
Präsidenten vom 23. November v. J. bemerkt 
zu den Entwürfen der Detrete über die Gründe 
und die Art der Umgestaltung Folgendes: 
Der Nachwuchs der jungen Beamten der 
Kolonialkarrieren litt an dem Uebelstand, daß 
dieselben für ihren Beruf nicht vorbercitet in 
die Kolonien kamen und häufig in unter- 
geordneten Stellungen ermüdeten und durch 
das Klima arbeitsunfähig gemacht wurden, be- 
vor ihre Ausbildung soweit gediehen war, daß 
sic mit Nutzen in höheren Stellungen ver- 
wendet werden konnten. Insbesondere machte 
sich der Mangel an ausreichender Sprach- 
—. 
kenntniß geltend. Es lag daher der Gedanke 
nahe, die Anwesenheit junger Eingeborener der 
Kolonien in der Kolonialschule zu Paris zur 
Ausbildung von Franzosen in deren Sprachen 
zu benutzen. Zugleich sollte aber damit eine 
gründliche Ausbildung in den übrigen für den 
Kolonialdienst wichtigen Fächern Hand in Hand 
gehen. 
Zu diesem Zwecke wurde der bestehenden 
Eingeborenen-Abtheilung der Ecole coloniale 
eine französische Abtheilung hinzugefügt, in 
welche junge Leute unter besonderen Auf- 
nahmebedingungen eintreten können, um durch 
Absolvirung der vorgeschriebenen Kurse be- 
stimmte Anwartschaften auf den Kolonialdienst 
zu erwerben. 
Die Aufnahmebedingungen beziehen sich auf 
Lebensalter, gute Führung, Gesundheit der 
Schüler und auf den Nachweis genügender 
Vorbildung durch Beibringung eines Bachelier- 
Diploms. 
Die Dauer der Kurse ist allgemein auf 
drei Jahre, für Licenciaten des Rechts auf 
zwei Jahre festgesetzt. · 
Jährlich sind Examina abzulegen, nach deren 
Ergebnissen beim Abgang von der Schnle eine 
Klassifikation der jungen Leute erfolgt, welche 
deren Berufung zu den verschiedenen Kolonial- 
larrieren, zwischen denen sie die Wahl haben, 
zur Grundlage dient. 
Die höheren kolonialen Laufbahnen werden 
künftig den Schülern der Ccole coloniale in 
der Weise vorbehalten, daß drei Viertel simmt. - in & 
halten, daß Tage seiner Unterzeichnung in Kraft und hat 
licher Beamten aus ihnen entnommen werden 
und nur ein Viertel aus anderen Leuten sich 
rekrutirt, welche grundsätzlich in den Subaltern- 
karrieren zu verbleiben haben. 
Neben den so berechtigten eigentlichen Zög- 
liigen der Anstalt werden auch auditeurs 
libres zu den Kursen zugelassen, denen auf 
Wunsch am Ende ihrer Studien ein Zeugniß 
ertheilt wird. 
20 
*) nen 
Vereinbarung zwischen England und Portugal. 
Die zwischen England und Portugal am 
14. v. M. über Herstellung eines „modus 
vivendi“ getroffene Vereinbarung hat folgen- 
den Wortlaut: 
1. Die Regierung Seiner Allergetreuesten 
Majestät des Königs von Portugal und Al- 
garvien verpflichtet sich, die Freiheit der 
Schifffahrt auf dem Zambesi und Schire 
sofort zu verfügen. 
II. Die Regierung Seiner Allergetreuesten 
Majestät des Königs von Portugal und Al- 
garvien verpflichtet sich ebenfalls, den Transit- 
verkehr auf dem Zambesi, Schire und Pungue 
zu erlauben und zu erleichtern, desgleichen auf 
den Landwegen, welche in den Gegenden, wo 
jene Ströme nicht schiffbar sind, als Verkehrs- 
verbindungen dienen. 
III. Die Regierung Seiner Allergetreuesten 
Majestät des Königs von Portugal und Al- 
garvien verpflichtet sich ferner, die Verbindung 
zwischen den por#ugiesischen Scehäfen und den 
Territorien der britischen Interessensphärc, be- 
sonders mit Bezug auf Post= und Telegraphen- 
verbindungen sowie auf den Frachtverkehr, zu 
erleichtern. 
IV. Die Regierung Seiner Allergetreuesten 
Majestät des Königs von Portugal und Al- 
garvien und die Regierung Ihrer Majestät 
der Königin des Vereinigten Königreichs von 
Großbritannien und Irland verpflichten sich, 
die im Vertrage vom 20. August 1890 fest- 
gesetzten Grenzen anzuerkennen und zwar inso- 
fern, als vom Tage der gegenwärtigen Ueber- 
einkunft an bis zum Ende derselben keine der 
beiden Mächte in der durch diese Ueberein- 
kunft der anderen zuertheilten Interessensphäre 
Verträge schließen, Protektorate annehmen oder 
irgend einen Akt der Sounveränetät vornehmen 
wird. 
Für keine der beiden Mächte wird jedoch 
hierdurch irgend einer Frage präjudizirt, welche 
mit Bezug auf die erwähnten Gebietsgrenzen 
im Laufe der späteren Unterhandlungen etwa 
sich ergeben möchte. 
V. Der gegenwärtige Vertrag tritt am 
für sechs Monate Geltung. 
Das offizielle „Diario do Governo“ 
vom 20. v. M., welches diese Vereinbarung 
enthält, veröffentlicht gleichzeitig zwei König- 
liche Dekrete vom 18. v. M. Durch das eine 
derselben wird die Schifffahrt auf dem Zambesi 
und Schire für alle Nationen frei gegeben. 
Dasselbe lautet folgendermaßen: 
Artikel 1. Die Schifffahrt auf den 
Flüssen Zambesi und Schire, da, wo dieselben
	        
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