Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

Der Stand des Unterrichts ist folgender: 
Fächer: Deutsch (mit seinen Unter- 
abtheilungen: Lesen, Schreiben, Recht- 
schreiben, Aufsatz, Sprachlehre). Im 
ersten Schuljahr dasselbe in Dualla. 
Ferner: Rechnen, Geographie, 
Singen (Biblische Geschichte), 
Turnen. 
1. Klasse (Unterrichtssprache deutsch, zum 
Theil auch seitens der Schüler). 
1. Deutsch. Als Lesebuch dient seit 1. Ja- 
nuar 1890 das „württembergische Lesebuch 
für die Mittelstufe“", aus welchem die passenden 
Stücke ausgewählt werden. Dieselben bieten 
zugleich den Stoff für Uebungen im Schreiben, 
Rechtschreiben, Aufsatz und Sprachlehre. In 
der Grammatik ist die Wortlehre behandelt, 
ebenso der erste Theil der Satzlehre, und die 
Schüler sind im Stande, erweiterte Sätze auch 
schon mit kleinen Nebensätzen zu bilden. Einige 
der besseren machen auch schon trotz des 
mangelnden Wörterbuchs brauchbare deutsche 
Aufsätze, wie solche in der Prüfung aufsgelegt 
waren. 
2. Im Rechnen ist die Addition und 
Subtraktion gemeiner Brüche geübt; in Be- 
handlung: Multiplikation derselben. (Die Bruch- 
rechnung muß auf deutsch geschehen, da das 
Dualla keine Bruchbezeichnungen hat und sich 
auch keine bilden lassen.) 
3. In der Geographie sind behandelt: 
Afrika, Europa, speziell Deutschland, Asien. 
4. Im Singen werden fast nur deutsche 
Lieder geübt, besonders Vaterlands= bezw. 
Soldatenlieder. „Es geht bei gedämpfter 
Trommel Klang“ ist als erstes dreistimmig ge- 
sungen worden. 
II. Klasse. (Unterrichtssprache Dualla.) 
1. Lesen, Schönschreiben und Rechtschreiben 
nach beiden Theilen der Fibel, Dualla und 
Deutsch. 
2. Deutsch. Die sprachlichen Uebungen 
bestehen im Schreiben und Auswendiglernen 
von Haupt= und Zeitwörtern, aus welchen 
dann kleine Sätze gebildet werden. 
3. Rechnen. Addition und Subtraktion 
ganzer Zahlen im unbegrenzten Zahlenraum. 
In Behandlung: Multiplikation. 
4. Heimathkunde (statt Geographie). 
Zeichnen von Rissen, Kenntniß der Uhr und 
dergl., wie es Bedürfniß oder Gelegenheit mit 
sich bringt. 
5. Singen. Lieder in Dualla, soweit 
solche übersetzt sind. Beide Klassen haben 
gemeinschaftlich 
Biblische Geschichte, welche aber unregel- 
mäßig gegeben wird, da die Geschichten erst zu 
übersetzen sind, und 
  
  
  
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Turnen, welches viel Anklang findet. 
Nebst den Turnspielen, Ballschlagen, Reitball 2c. 
sind besonders beliebt die Uebungen an dem 
von einem Eßlinger Herrn (Lang) gestifteten 
Barren. Es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, 
daß mir während meines Urlaubs in Württem- 
berg außer diesem Barren noch verschiedene 
Geschenke von Freunden der Schule übergeben 
wurden, unter anderen drei Wandkarten, zwei 
Kokos-Turnmatten, Bilderbücher und eine Reihe 
von Weihnachtsgeschenken (Spiele 2c.). Anderes 
steht noch in Aussicht. Ein Reck für den 
Turnplatz ist eben in Arbeit. 
Th. Christaller, 
Lehrer. 
2. Die zweite deutsche Schule in KRamerun. 
Kamerun, den 31. März 1890. 
Die Schule in Bonebela ist am 7. Januar 
1890 mit 25 Schülern eröffnet worden. 
Schon im September v. Is. hatten die 
Deido-Leute um eine deutsche Schule gebeten 
und zugleich das nach Duallabegriffen hohe 
Opfer der freien Abtretung eines Stückes Land 
von ihrem Gebiet wie des selbständigen Baues 
eines Schulhauses zu bringen versprochen. So 
wurde ein durch die Höhe seiner Lage wie 
durch die unmittelbare Nähe des Kamernn- 
flusses ausgezeichnetes, vorherrschend mit Ba- 
nanen und Palmen bestandenes Terrain, das 
reizende Aussicht über das ganze Kamerunbecken 
gewährt und dem erfrischenden Seewind un- 
gehinderten Zutritt gestattet, zum Schulgrund- 
stück ausgewählt und — da die Herstellung 
einer wenn auch primitiven Wohnung durch 
Schwarze immer geraume Zeit in Anspruch 
nimmt — eine der darauf befindlichen, am 
besten geeignet erscheinenden Eingeborenenhütten 
als Interimsschulhaus bestimmt. Letzteres, 
einzigartig in Alldeutschland, ist eine lang- 
gestreckte, enge aus Baum= und Palmblättern 
gebundene Behausung, welche, trotz mehrerer 
durch Läden verschließbarer, in die Wände 
eingesägter Fensteröffnungen und zweier Thüren 
den Wunsch nach mehr Licht übrig läßt. Der 
Fußboden aus Lehm, von Ratten und Mäusen 
fleißig durchwühlt, bedarf häufiger Aus- 
besserungen und ist trotz täglicher Reinigung 
ein Sammelort der lästigen Sandflöhe. Das 
nach Gewitterstürmen, wie sie gegenwärtig 
Nachts mit ziemlicher Regelmäßigkeit auftreten, 
zerzauste und gelichtete Dach giebt den Schülern 
der Reihe nach Gelegenheit Beweise ihrer 
turnerischen Gewandtheit wie ihrer baulichen 
Geschicklichkeit an den Tag zu legen. 
Der Lehrer hat in der Mission Unterkunft 
gefunden, von wo aus er jeden Morgen in
	        
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