Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

und Wichtigkeit des Plantagenbaues im großen 
Stil und mit curopäischem Kapital für die 
Zukunft des Schutzgebietes; man denke nur an 
die Erfolge der Portugiesen in Sab Thom 
und die ihnen nachstrebenden Anlagen der 
Kamerun-Land= und Plantagen-Gesellschaft. Er 
unterschätzt serner bei seinen Ideen über Plau- 
tagenzwang, Abarbeiten von Strafurtheilen 
u. dgl. das hierzu erforderliche gewaltige Auf- 
sichtspersonal und vergißt, daß die Beitreibung 
von Kopf= oder Familiensteuern von den Ein- 
geborenen nur denkbar wäre, wenn durch ge- 
eignete militärische Maßregeln die Vollstreckung 
mit Sicherheit und Ordnung wirklich gewähr- 
leistet ist; höchst bedenklich ist sein Vor- 
schlag, die so dringend nothwendige Polizei= 
truppe, deren Anfänge jetzt gerade in der Vil- 
dung begriffen sind, durch gelegentliche Exe- 
lutionen seiner Bali's zu ersetzen, wie denn 
überhaupt in Folge seines langen Aufenthaltes 
unter den Stämmen des Graslandes ein über- 
großes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und 
scheint. 
Endlich ist es wohl ein Rechensehler, 
wenn der Verfasser glaubt, die von ihm 
vorgeschlagenen umfassenden landwirthschaftlic 
  
Maßregeln mit einem jährlichen Kostenaufwande 
von 50 000 Mk. bestreiten zu können. 
Immerhin jedoch liegt hier die beachtens- 
werthe Arbeit eines gründlichen Kenners der 
dortigen Verhältnisse vor, welche, wenn sie 
auch in Einzelheiten Widerspruch herausfordert, 
nicht versehlen wird, Interesse zu erregen. 
Denkschrift. 
Fast gleichzeitig mit dem Erwerb Kameruns 
als deutsches Schutzgebiet vollzog sich am Kongo 
die Gründung eines internationalen Freistaates. 
Beide Staatengebilde kamen unter ziemlich ähn- 
lichen Bedingungen und Verhöältnissen zu Stande, 
nur daß dieselben beim Kongostaate, was 
deren finanzielle Seite betrifft, besser 
waren, wie beim deutschen Schutzgebiete, wäh- 
rend wieder letzteres, sofern es auf die offen 
daliegenden Hüliskräfte des Landes selbst an- 
kam, in dieser Hinsicht für den Anjang jeden- 
falls besser gestellt war und ist. 
Schon im Jahre 1885 schrieb ich in 
einem Aussatze vom Kongo aus, daß die Zu- 
lunft Afrikas der auf Plantagenbau sich 
gründende Handel sei. 
Hervorgerufen wurde diese Bemerkung 
durch die Beobachtungen, welche ich während 
eines sast zweijährigen Ansenthaltes am unteren 
Kongo zu machen Gelegenheit hatle und die 
ich kurz nachstehender Abhandlung voraus- 
schicke, da sie bei der großen Aehnlichkeit in der 
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Gestallung und Entwicklung beider, räumlich 
nur durch wenige Breitengrade getrennten 
Interessensphären uns für Kamerun werth- 
volle Fingerzeige zu geben sehr wohl im 
Stande sein dürften. 
Der neu gegründete Kongostaat, der sich in 
den damaligen Jahren in der bemerkens- 
werthen Periode eines Umschwunges zum 
Bessern befand, indem an Stelle eines inter- 
nationalen Beamtenpersonales mit meist inter- 
nationaler Vergangenheit das einheitliche Ele- 
ment der Belgier trat, hatte einen grossen 
Aufschwung des Handels zur Folge: zum 
mindesten entwickelte sich gerade in jener Zeit 
eine recht lebhafte Konkurrenz des Handels, 
und der untere Kongo war übermäßig mit 
Faltoreien holländischer, englischer, französischer, 
portugiesischer, ja selbst spanischer und belgischer 
Flagge besetzt. Auf die Preise blieb dieses 
natürlich nichi ohne Einsluß. Die durch erhöhte 
Nachfrage und den Wettbewerb der einzelnen 
Firmen verwöhnten Eingeborenen gingen mit 
den Forderungen für ihre Produkte in die Höhe; 
für die Europäer aber blieben die Ausgaben 
nicht nur die gleichen, vielmehr stiegen dieselben, 
und überdies wurde der Handel durch den 
neuen Staat mit bis dahin noch nicht empfun- 
denen Steuern belastet. Damals waren die 
Klagen der afrikanischen Kaufleute über schlechte 
Zeiten vielleicht nicht so unbegründet, und nur 
kapitalkräftige Häuser konnten diesen Wettlauf 
eine Zeit lang aushalten. 
Der untere Kongo wurde bei dieser Ge- 
legenheit aber immer mehr und mehr ausge- 
pumpt und schonungslos im Sinne des tradi- 
tionellen Ranbbausystems ausgebentet, so daß der 
Bau einer kostspieligen Eisenbahn von Vivi 
nach Stanleypool ebenso sehr eine handels- 
wirthschaftliche wie politische Nothwendigkeit 
wurde, um zu neuen Produkten, zu neuen Ein- 
nahmen zu gelangen. 
Jene alten silberhaarigen Kaufleute des Kongo, 
welche im verbotenen Sklavenhandel mit Be- 
dauern eine gule Einnahmequelle hatten da- 
hinscheiden sehen, noch jetzt träumend von den 
entflohenen goldenen Zeiten sprechen und den 
für einen unpraltischen Idealisten erklärten, der 
sich mißbilligend über diese Art des Handels 
zu äußern wagte, sie waren am meisten durch 
die Neugeslaltung der Dinge betroffen, und das 
um so mehr, als gerade damals die nach dem 
Sklavenhandel zur Geltung gekommene Aera 
des „legitimen“ Handels, der immer noch seine 
erklecklichen Prozente abwarf, sich ebensalls dem 
Untergange zuzuneigen schien. Diese Männer 
der alten Schule saßen hrollend über die Welt 
und die neue Regierung, welch letztere ihnen
	        
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