Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

die Gerichtsgeschäfte sind zwei, für die Flottille 
drei (ein großes und zwei kleine) Zimmer vor- 
gesehen. Außerdem befinden sich daselbst noch 
je ein Wohnzimmer für den Marine-Unter- 
ingenieur und den Vorsteher des Depots 
der Flottille. Im ersten Stock sollen unter- 
gebracht werden der Bezirkshauptmann sowie 
der seemännische Beirath mit je zwei, der Land- 
rentmeister, der Arzt und ein Zollbeamter mit 
je einem Zimmer. Der mittlere Raum ist wie 
im ersten Normalhaus der gemeinschaftlichen 
Benubung vorbehalten. 
Außerdem ist noch ein altes Sultansgebäude 
zum Zoll= und Posthaus ausgebaut worden, 
welches voraussichtlich im Laufe des März d. J. 
wird bezogen werden können. 
Bericht des Lehrers Roebele über den Stand der 
deutschen Schule in Togo. 
Am 9. November begann ich meine Thätigkeit 
an der hiesigen Schule mit der Aufnahme der 
Schüler. An demselben Tage meldeten sich 
noch über 60, in den nächsten Tagen stieg die 
Zahl der Schüler auf ca. 80. Doch mußten 
verschiedene als noch zu jung wieder entlassen 
werden; einige, denen die Sache nicht behagt 
zu haben scheint, blieben von selbst weg, so 
daß die gegenwärtige Zahl der Schüler 65 
beträgt. Da die Zahl derselben für eine einzige 
Klasse zu groß war, außerdem auch der Naum 
nicht gereicht hätte, theilte ich die Kinder in 
zwei Parallelklassen, von denen die eine Vor- 
mittags von 8 bis 10 ½, die andere Nachmittags 
von 2 bis 4½⅛ Uhr unterrichtet wurde. Der 
Sonnabend ist schulfrei. 
Indem ich mich im Aufang um den Einzelnen 
weniger kümmerte, lag mir am meisten daran, 
die Begabteren herauszufinden. Nach vierzehn 
Tagen schritt ich zur neuen Klasseneintheilung: 
die Begabteren beider Klassen warf ich zu einer 
Klasse zusammen, die Vormittags unterrichtet 
wird (Abtheilung A, 30 Schüler); die andere 
(Abtheilung B, 35 Schüler) wird Nachmittags 
unterrichtet, und zwar ebenfalls von 8 bis 
10 ½, bezw. 2 bis 4½ Uhr. In einiger 
Zeit, wemnn die Schüler mehr zur Selbst- 
beschäftigung herangezogen werden können, soll 
der Unterricht von 8 bis 11, bezw. 2 bis 5 
dauern. Die oben genaunte Theilung war 
nothwendig, weil sonst die begabten und sleißigen 
Schüler zu sehr durch die anderen aufgehalten 
worden wären. 
Die Unterrichtsfächer, in denen ich bis jetßt 
unterrichtete, sind Lesen, Schreiben, Nechnen, 
Sprachübungen, verbunden mit Anschauungs- 
  
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unterricht, Singen und Turnen, letzteres vier- 
mal in der Woche Nachmittags von 5 bis 6, im 
Anschluß daran Spiele. 
Im Lesen, das den Kindern viel Freude 
macht, sind dieselben jetzt nach 3 Wochen (die 
14 Probetage kommen kaum in Betracht) so“ 
weit gediehen, daß sie dreilautige Verbindungen 
lesen können, die meisten auch schon zweisilbige 
örter. Dem Lesennterricht lege ich die 
württembergische Fibel zu Grunde. Eines der 
fruchtbarsten Unterrichtsfächer ist das Schreiben. 
Bei dem bekannten Nachahmungstrieb der 
Schwarzen fällt es den Schülern nicht schwer, 
auch schwierige Buchslaben in kurzer Zeit richtig 
darzustellen. Alles, was gelesen wird, wird 
von den Schülern frei nach Diktat nieder- 
geschrieben. Aus dem eben angeführten Grunde 
halte ich es für angczeigt, wenigstens für die 
Begabten und Fleißigen später den Zeichen- 
unterricht, wenn auch nur in einfachster Weise, 
einzuführen. Die davon Ausgeschlossenen werden 
dadurch angespornt werden, es den Anderen 
gleich zu thun. 
Im Rechnen arbeite ich bis jetzt im Zahlen- 
raum von 1 bis 10. Zuerst lies ich die 
Schüler in ihrer eigenen Sprache an der 
Rechenmaschine zählen, sodann in deutseher 
Sprache. Gegenwärtig lasse ich mit 1 bis 1 
innerhalb 1 bis 10 addiren. Bei der großen 
Vorliebe der hiesigen Eingeborenen für den 
Handel ist dieses Fach von großer Bedentung. 
  
Eines der wichtigsten Fächer sind nakur- 
gemäß die Sprech= und Sprachübungen ver. 
bunden mit Anschauungsunterricht. Die Schüler 
lernten in erster Linie deutsch grüßen, die 
Gegenstände in der Schule, Körpertheile, 
Kleidungsstücke, Haushaltungsgegenstände be 
nennen; aus den gewonnenen Wörtern werden 
Säte gebildet. Von Bildern, die gezeigt werden, 
werden die Namen eingeprägt und Thätigkeilen 
bezw. Eigenschaften entwickelt. 
Bekauntlich macht die deutsche Sprache, 
namentlich die Aussprache, den meisten Aus- 
ländern große Schwierigteiten, wovon mich zu 
überzeugen ich in Mexiko Gelegenheit geuug 
hatte. In erhöhtem Maßc trifft das auch bei 
den Negern zu. Unter den deutschen Lauten 
giebt es für dieselben verschiedene Schmerzens= 
kinder, vor allen z, das wie" ausgesprochen 
wird, serner ch, sch und andere, außerdem 
Konsonantenverbindungen wie gl, kl, gr, kr und 
andere. 
Was den Anschauungsunterricht betrifft, so 
habe ich bis jebt zwei von den Schreiberschen 
Werken zur Versügung. Die Schüler bringen 
namentlich den geographischen Charakterbildern 
sehr großes Interesse und auch Verständniß 
entgegen. Großes Staunen erregte das Häuser-
	        
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