Hülfsmitteln kann der Kamernner seine Gläu-
biger erst nach geraumer Zeit befriedigen. Es
ist klar, daß ein Gläubiger, so lange er nur
noch einige Aussichten hat, zu seinem Gelde
zu kommen, seinen Schuldner nicht wird
pfänden lassen. Denn damit beraubt er den-
selben der letzten Möglichkeit, seinen Verpflich-
tungen nachkommen zu können, und er schneidet
sich daher ins eigene Fleisch. Den Schuldner
einsperren zu lassen ist ein Mittel, welches,
wenn dessen Familie ihn auslöst, zum Ziele
führt. Ob das aber namentlich in Zukunft
immer Erfolg haben wird, ist aus mehr wie
einem Grunde fraglich.
Groß ist die Zahl der insolventen Schuldner
in Kamerun, und die Höhe der von denselben
geschuldeten Summe dürfte so beträchtlich sein,
daß dieselbe, in Arbeitsleistung umgesetzt, eine
vorzügliche Anlage für das Schutgebiet sein
wird, sofern sich diese Arbeit auf die Anlage
von Plantagen, deren Erträgnisse theils zur
Befriedigung der Gläubiger dienen, theils
Eigenthum des Schuldners werden, erstreckt.
Vielleicht empfiehlt es sich, die Gläubiger Mit-
eigenthümer an den von den Schuldnern an-
zulegenden und in Stand zu haltenden Plan-
tagen werden zu lassen, da dadurch bei dem
großen Interesse des Gläubigers an möglichst
reichem Ertrage der Farm derselbe dem Staat
einen Theil der Aussicht abnehmen kann.
Angenommen, ein Mann wäre zur Zahlung
von 100 Mk. verurtheilt und seine Zahlungs-
unfähigkeit ist festgestellt. Es entsprechen 100 Mk.
bei 0,50 Mk. täglichem Arbeitslohn = 200
Arbeitstagen; somit würde der Schuldner eine
Arbeit zu verrichten haben, sei es selbst oder
durch seine Sklaven, welche der Gesammt-
leistung von 200 Tagen gleichkommt.
Dieses Resultat dürfte indessen weit über
das hinausgehen, was der Schuldner zu leisten
hat, wenn es nur auf eine Farm ankäme, die
ausschließlich die Schuld mit den Zinsen nach
Verlauf von 5 Jahren beispielsweise decken
soll durch einen einmaligen Ernteertrag.
Ein Kaffeebaum trägt z. B., wenig ge-
rechnet, 5 Pfund Früchte schon nach 3 Jahren;
wir halten aber der Sicherheit halber an
5 Jahren fest. Die Schuld beläuft sich nach
5 Jahren mit Zinsen auf 125 Mark, welche
Summe dem Erträgnisse von 50 Kasfeebäumen
gleichkommt. Der Kasffeebaum erfordert etwa
3 m Pflanzweite, also beanspruchen 50 Kaffee-
bäume mit Wegen ca. 500 qm. Ein Neger
macht diese Fläche, sofern es auf die Arbeits-
leistung eines einzigen Individuums ankommt,
im Besitze guter Werkzeuge bequem in 20 Tagen
fertig. Oben aber rechneten wir 200 Arbeits-
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tage heraus. Hieraus erhellt, daß der Schuldner
sich mit dem Ueberschusse seiner Arbeitsleistung
im Besitze einer ganz hübschen Farm sieht,
deren Erträgnisse ihm ein neues Handels-
produkt ohne sonderlich viel Mühe und dem
Staate eine neue Einnahmcquelle gewähren,
indem derartig entstandene Pflanzungen ctwa
5 Jahre nach der ersten Ernte besteuert
werden könnten. Ob die Anlage der Farm
selbst unter „polizeilicher“ Aufsicht geschieht,
ob man dem Gläubiger das Recht giebt, den
Schuldner unter Kontrole der Plantageninspek-
toren dieselbe aulegen zu lassen u. s. w. — Alles
dies sind Fragen, welche erst dann in Betracht
kommen, wenn man sich über eine derartige
Heranziehung des zur Zeit unfruchtbar da-
liegenden, wahrscheinlich nach Vernichtung
des Handels der Kameruner überhaupt
verloren gehenden, durch die Kameruner den
Europäern geschuldeten Kapitals im Prinzip
klar geworden ist.
Diese Plantagenwirthschaft würde der
Natur der Sache nach indessen auch nur
einen Bruchtheil der Bevölkerung treffen;
aber sie wäre um so eher mit in den Kauf
zu nehmen, als durch den dabei gehandhabten
direkten, den Eingeborenen aber trotzdem als
gerecht erscheinenden Zwang mit der Zeit eine
beträchtliche Anzahl geübter Plantagenarbeiter
ausgebildet werden würde, die ihrerseits ihre
Kenntnisse im Lande weiter verwerthen würden.
Da die Eingeborenen durch uns den
Segnungen der Kultur zugeführt werden, so
ist es recht und billig, daß sie dafür zu den
Unkosten beitragen und dieses geschicht durch
Zahlung von Steuern. Es ließe sich an
eine Art Familiensteuer denken, deren Höhe
sich für den einzelnen pater lamilias nach
der Anzahl der seiner Gewalt unterstehenden
Personen, namentlich Weiber und Sklaven,
richtet. Durch diese Familiensteuer wird ge-
rade die „wohlhabende“ Klasse betroffen. Es
dürfte sonst schwer sein, von einem allein-
stehenden Kamerunmann, der nichts wie ein
kleines Kanu sein eigen nennt, einen in baar
zu entrichtenden Kopfzoll einzutreiben. Dieser
käme erst für unsere Zwecke in Betracht, nach-
dem die wohlhabenderen Eingeborenen sich
daran gewöhnt haben, die in baar zu ent-
richtende Familiensteuer abzuarbeiten. Durch
einträglichen Handel der körperlichen Arbeit
abgewendet würden die Eingeborenen einer,
austatt baarer Leistung Arbeit verlangenden
Steuer gegenüber sich wohl ziemlich renitent
erweisen, abgesehen davon, daß unsererseits
eine Kontrole über eine so ausdedehnte Ar-
beitsleistung ganzer Stämme einfach zunächst
unmöglich sein dürfte und wir wieder über