Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

und überläßt es ihm, wie er sich mit den ge- 
stellten Arbeitern abfindet. 
ad 7. Inhalt und Umfang von Leistung 
und Gegenleistung bei der Dienstmiethe sind 
lediglich von den Abmachungen der Parteien 
abhängig mit der bei Ziffer 3 erwähnten Ein- 
schränkung; auch der Lohn, wenn er für ge- 
wisse Arbeitsleistungen ein bei dem Wechsel der 
Individuen sich gleichbleibender ist, beruht auf 
Vereinbarung. Herkömmlich sind dagegen die 
Entschädigungen für bei Expeditionen umge- 
kommene Träger, welche in einem gewissen 
Geldbetrage an die Erben zu zahlen sind und 
im Dienstvertrage gar nicht ausbedungen zu 
sein brauchen. 
ad 8. Die in dieser Frage berührten Ver- 
hältnisse sind gesetzlich nicht geregelt. Sie 
beruhen theils auf besonderer Vereinbarung, 
theils auf Herkommen. Von den eingeführten 
Arbeitern dienen die Kruneger herkömmlich bloß 
ein Jahr, die von anderen Küstenplägen, sowie 
die meist von der Goldküste stammenden Hand- 
werker zwei Jahre; die Lohnzahlung, welche 
früher bloß in Gütern geleistet wurde, wird 
jetzt meist in Geld geleistet oder in Geld und 
in Gütern zugleich. Der eingeführte Arbeiter 
hat stets Anspruch auf freie Rückpassage. Im 
Falle von Erkrankung wird er mit oder ohne 
Lohnabzug eine Zeit lang verpflegt und ärztlich 
behandelt und, wenn nicht baldige Besserung 
zu erwarten ist, heimbefördert oder, wenn er 
ein Einheimischer ist, einfach entlassen. Den 
Nachlaß erhält die Familie; bei eingeführten 
Arbeitern wird er dem Vormann meist in Ge- 
genwart der ihm unterstellten Arbeiter zur 
Ausantwortung an die Erben übergeben. 
Disziplinargewalt wird in vielen Fällen 
vom Arbeitgeber geübt, jedoch ist dies von der 
Regierung des Schutgebietes nie als Recht 
anerkaunt worden, was die vielen gerichtlichen 
Klagen der Arbeiter auf Bezahlung rückbehal- 
tenen Lohnes oder wegen erduldeter Mißhand- 
lungen beweisen. Ohne den Eingeborenen in 
seinen vermögensrechtlichen Verhältnissen, sowie 
in Bezug auf seinc körperliche Integrität recht- 
los zu sicllen, wird es auch keine Regierung 
wagen dürsen, ein solches Recht dem Arbeit- 
geber ausdrücklich zuzuerkennen. Viele der 
hierbei in Betracht kommenden Weißen erscheinen 
untanglich, mit einem gesetzlichen Privileg er- 
wähnter Art ausgestattet zu werden. 
ad 9. Da die im Schutzgebiete beschäftig- 
ten Arbeiter wissen, daß sie wegen erlittenen 
Unrechts bei den Behörden desselben Schutz 
finden, und hiervon auch zu rechter Zeit Ge- 
brauch machen, so besteht meines Erachtens ein 
Bedürfniß, zum Schutze der Arbeiter gesetz- 
geberisch vorzugehen, nicht. Wer einen Arbeiter 
516 
  
mißhandelt, wird einfach nach § 223 ff. be- 
straft; wer ohne rechtfertigenden Grund die 
Lohnzahlung verweigert, wird hierzu durch 
Urtheil gezwungen u. s. w. 
Um die Interessen der eingeborenen Ar- 
beiter zu wahren, ist ein eigener Arbeiterpfleger 
anfgestellt, der alle ihm bekannt werdenden 
Beeinträchtigungen der Rechte seiner Pflege- 
befohlenen zur Anzeige zu bringen hat. 
Für die im Dienste des Gouvernements 
und der Expeditionen beschäftigten Eingeborenen 
findet eine Beurkundung des Arbeitsvertrages 
slatt. 
Ein Bedürfuiß nach Sicherstellung des Lohnes 
kann nicht anerkannt werden, da sämmtliche 
Arbeitgeber soweit solvent sind, daß sie in dieser 
Richtung den Ansprüchen der Arbeiter gerecht 
werden können und 
ad 10. Do serner durch Verordnung vom 
6. Juni 1887 Nr. 20 das Anwerben von Ein- 
geborenen des Schutzgebietes für Arbeitszwecke 
außerhalb der Grenzen desselben überhaupt 
verboten ist. 
ad B. Ueber die Sklaverei im Kamerun= 
gebiete hat schon Frhr. v. Soden im Jahre 
1886 eine Denkschrift vorgelegt. Ich selbst 
kenne die bezüglichen Verhältnisse seit 5 Jahren 
und habe mich vielfach bei Eingeborenen und 
Missionaren darüber informirt. Ich kann die 
v. Soden'’'schen Aussührungen in allen wesent- 
lichen Punkten nur als zutresfend erklären und 
glaube daher, von einer allgemeinen Erörterung 
des Instituts der Sklaverei als Einleilung für 
die jetzt zu beantwortenden Fragen absehen 
zu dürfen. 
Stlave kann innerhalb der Küstenzone des 
Schutzgebietes Niemand werden. Ein solcher 
kann bloß als schon fertiger Sklave nach diesem 
Gebiete kommen, nicht aber aus dem Küsten- 
gebiet umgekehrt nach dem Innern. Der Handel 
mit Sklaven bewegt sich aus den weit im Innern 
des Schutzgebieles belegenen Gebieten nach dem 
Innern. Die Kinder von Sklaven, welche im Be- 
reiche der Küstenzone geboren sind, gelten nicht 
als Sklaven, sondern als Halbfreie, mujäberi; 
für dieses Gebiet laun auch weder durch Selbst- 
verkauf eines Freien, noch durch Verkauf seitens 
Verwandter Sklaverei begründet werden. Eine 
etwa verkaufte Person bleibt stets in den Augen 
der Eingeborenen ein Freier, wenugleich das 
Rechtsverhältniß, in welches sie zum kaufenden 
Herrn tritt, genau das eines Sklaven ist. 
Schuldknechtschaft ist keine Entstehungsart der 
Sklaverei. Aus dem Munde der im Schutz- 
gebiete wohnenden Sklaven erfährt man, daß 
sie theils durch Geburt, Naub, Kriegsgefangen- 
schaft Sklaven geworden sind. Die meisten 
kommen aus so entlegenen Gebieten, daß selbst
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.