ziemlich trocken und daher die günstigsten waren.
Weil wir nun leider hier alles mit Waaren kaufen
müssen, die immer von dem Verkäuser ausgelesen
werden, so ging manche Stunde mit Einkaufen und
Auszahlen hin. Es galt vor Allem, die Landespreise
für Lebensmittel, Dachmatten u. s. w. herauszufinden,
denn verrathen thut die kein Neger. Er lügt, wenn
man ihn darüber fragt, so dreist, daß man es mit
Händen greisen kann, und schwört dazu mit solch
ernster Miene, daß der Unkundige sich leicht täuschen
läßt. So fragte ich einmal nach dem Preis von
Jams; da sagten mehrere einstimmig und verschworen
sich dabei: „Jeder Jamsknollen ½ Kru (6 Mark)“,
obwohl der wirkliche Preis für 15 Stück ein Bar
(etwa 50 Pfg.) ist. Hat man zufällig von ihnen
selbst oder auch von fremden Händlern die richtigen
Preise erfahren und zahlt fortan nicht mehr als
jeder Schwarze, dann giebt es oft einen kleinen
Streik, wo keiner mehr etwas bringt, und wer etwas
bringen will, abgehalten wird. Sehen sie aber, daß
man es ohne sie machen kann, indem man sich seine
Sachen von weiter her holen läßt, dann ist alles
bald wieder gut. Es heißt dann höchstens beim
Einkaufen: „Du bist kein Europäer, du bist ein
Schwarzer.“ „Du hast einen argen Hals“ (bist
geizig). Freilich einen kleinen Handel giebt es immer
noch, selbst beim Einkausen jedes Huhnes und jedes
Eies. Es versucht Jeder seine Kunst, ob er nicht
den Weißen dran kriegen und „den Europäerpreis
essen“ kann. Der Europäer ist ja nach seiner An-
sicht reich, und wer wäre ein solcher Thor und
würde den nicht aussangen!
Am 4. Juni, Samstag vor dem Pfingstfest,
konnten wir das Haus — obwohl noch nicht ganz
sertig — beziehen. Ich werde jenen Tag nicht so
schnell wieder vergessen und die Gefühle, mit denen
wir das neue Haus betraten. Es war mir zu
Muthe wie einem Vogel, dem man nach langer Ge-
sangenschaft die Freiheit wieder schenkt. Die vier
Monate in der Buschhütte waren Tage der Ent-
chehrung in besonderem Sinne. Alles ging vor
Staub und Schmuß zu Grunde, denn beständig fiel
allerlei Unrath vom Mattendach, i in dem Mäuse u. s. w.
nisteten, herunter. Kam ein Gevwitter, so nahm der
Sturm die Matten in die Höhe, ja trieb welche
sort, und mehr als einmal konnte man eine unfrei-
willige Douche bekommen. Dabei hatten wir nichts
Verschließbares als zwei kleine Zimmer, in denen
alle unsere Habseligleiten, sowie die Waaren zum
Einkaufen und Zahlen, Reis und Salzfische für die
Arbeiter waren. Ueber Kisten hinweg mußte man
ins Bekt steigen. Im neuen Hause nun war das
alles anders; große, schöne, saubere Zimmer, eine
schöne Veranda ums Haus herum; statt wie früher
rings um die Hütte Busch, der schöne Fluß zu
unseren Füßen, der so ruhig und doch so gewaltig
daherströmt. Man kann die Blicke stundenweit fluf-
auf und abwärts schweifen lassen und sich an der
großartigen Vegetation zu beiden Seiten des Flusses
504
—
nicht satt sehen. Vor uns, mitten im Fluß, liegt
eine schöne, große, mit Palmen übersäete Insel, in
deren Bäumen Schaaren von Papageien kreischen.
Nachmittags weht eine angenehme Seebrise. Wie
war das Alles nach viermonatlicher Einschränkung
und Entbehrung so köstlich: „Pfingsten, das liebliche
Fest, war gekommen“, so durften wir auch in äußerer
Hinsicht sagen.
Die Lage unseres Hauses ist eine sehr schöne und
äußerst günstige und wird von Weiß und Schwarz
als solche gerühmt. Unser Platz ist nach Ost und
West von dichtem Busch begrenzt, was allerdings
weniger angenehm ist, da wir dadurch beständig von
unglaublich vielen Schlangen aller Art und Größe
heimgesucht sind, die namentlich unserm Geflügel sehr
zusetzen. Fast jede Woche einige Mal giebt es ein
Halloh; alles springt mit Buschmessern und Stecken:
„Ein langes Thier, ein langes Thier!“ (so nennen
sie die Schlangen), und bald schleifen sie dos todte
Thier daher. Jeder will ihr natürlich zuerst eins
versetzt haben, und so giebt es gewöhnlich einen
ordentlichen Lärm. Ist nun das Opfer eine Riesen-
schlange, dann giebt es vielleicht beim Vertheilen der
Beute noch einen größeren Lärm, denn Jeder will,
da es ein Leckerbissen sein soll, das größte Stück haben.
Obwohl das Bauen, besonders im Aufang,
namentlich auch durch die zeitraubenden Einkäufe
und die Auszahlung mit Waaren, mehr als einen
Mann in Anspruch nahm, und die Sorge ums täg-
liche Brot und manches Andere ihre Forderung
stellte, so dursten wir die Missionsarbeit doch nicht
liegen lassen, denn das Feld war reif zur Ernte,
ganz besonders in Mulimba, auf das zunächst
unser Hauptangenmerk gerichtet war. Die Leute
kamen selbst wicderholt und balen, man möchte doch
zu ihnen kommen und ihnen Lehrer geben. Ueber-
sprang ich einmal auf der Reise ein Dorf, weil die
Zeit nicht mehr reichle, oder kam ich an den einen
Plaß öfter als an den andern, oder fand gar die
Bitte der einen Stadt um einen Lehrer eher Ge-
hör als die einer andern, so mußte ich oft Vorwürfe
hören, wie namentlich den: „Du liebst jene, uns
aber liebst Du nicht;“ „Wir haben doch mehr Leute
als jene; unsere Stadt ist auch schöner als jene;
unser Verlangen nach der Mission ist größer als das
jener; warum komunst Du nicht zu uns? Wem ge-
hören denn wir? Gehören wir nicht Dir, wie jene
auchy Sind wir nicht Deine Kinder?“ u. s. w.
„Wenn Du uns heute sagst, wir bekommen einen
Lehrer, dann bauen wir sofort ein Haus und eine
Kapelle. Du wirst sehen, daß wir Kraft haben und
die Anderen übertreffen.“ Freilich, wenn es dann
wirklich an den Bau ging, konnte man nur in
den ersien Tagen den Baueifer sehen. Wie alle
Mulimbaleute waren eben auch sie saul und saum-
selig im Bauen, und es bedurfte mancher Standrede
und mancher Appellation an ihr Schamgefühl, bis
endlich das schon lange angesangene Haus seiner
Vollendung entgegenschaute.