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übrigen Rebellen eine solche von 50 Mark gesetzt
worden. Die Einlieferung eines Dahomeweibes wird
mit 20 Mark belohnt.
Verluste auf unserer Seite waren während des
Sturmes auf die Joßplatte nicht zu verzeichnen.
Ueber die Verwundungen giebt der in Abschrift an-
gechlossene Sanitätsbericht des Dr. Plehn vom
v. Mts. näheren Aufschluß. Die Verluste auf
# gegnerischen Seite sind nicht bekannt, da die
Dahomes Todte und Verwundete mit sich zu nehmen
pflegen. Gefunden sind drei Leichen und viele Blut-
spuren Der abschriftlich beifolgende Gefechtsbericht
ts Haering
giebt die einzelnen Vorgänge bei der Erstürmung
der Joßplatte wieder.
Häuptling Bell, welchem die Dahomes gesagt
hatten, jetzt sei die Gelegenheit günstig, die Weißen
aus dem Lande zu jagen, er möchte doch helfen,
siellte sich unter meinen Schutz und fand bis zur
Rückeroberung der Joßplatte auf S. M. Hulk Auf-
nahme. Jedenfalls ist kein Zeichen dafür vorhanden,
daß die Revolte der Dahomes auf die Duallas an-
steckend gewirkt hättc.
Der durch den Ausstand verursachte Schaden an
siaatlichem Eigenthum beziffert sich nach meiner und
des Ingenieurs Drees oberflächlicher Berechnung auf
eltwa 20 000 Mark. Kein Gebände ist so lädirt,
daß es nicht reparirt werden könnte. Am meisten
haben das Gonverneurshaus und das Hospital ge-
litten. Doch auch diese Gebände sind nach Ansicht
des Herrn Drees bald wieder ausgebessert. Nur
möchte ich gehorsamst bitten, außer dem bereits er-
betenen Zimmermann noch einen Arbeiteraufseher
herauszusenden.
Ausgeraubt sind hauptsächlich Gonverneurshaus,
erste Beamtenmesse, Doktorwohnung und Hospital.
Doch hat sich die Plünderung weniger auf staatliches
als auf privates Eigenthum, namentlich auf Kleidung,
Essen und Getränke erstreckt. Merkwürdigerweise ist
das Proviantmagazin von der Plünderung verschont
geblieben. Post= und Gouverneurs-Kassenschrank haben
die Rebellen nicht zu öffnen vermocht. Telegraph
und Archiv sind unverletzt, Missionshäuser, sämmt-
liche Faktoreien und die Kaianlagen unversehrt. Nur
das den Kaibauern als Unterkunft dienende Bretter-
haus ist stark beschädigt. Die Reparatur der Ge-
bäude ist begonnen worden.
Der Schaden an Privateigenthum der Beamten
läßt sich noch nicht berechnen, da täglich von den
schwarzen Patronillen Sachen aus dem Busch zurück-
gebracht werden. Jedenfalls ist auch dieser Schaden
nicht so bedeutend als man anfangs annahm.
Bevor ich auf die Beweggründe und die politischen
Folgen des Dahomeausstandes näher eingehe, möchte
ich hervorheben, daß sich sämmtliche an der Ver-
theidigung des Gonverneurshauses und am Sturm
betheiligten Europäer tadellos benommen haben. Be-
sonders hervorgethan haben sich Premierlieutenant
Haering, der Leiter der Regierungsstation Edea
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v. Brauchitsch, Dr. Preuß, Büchsenmacher Zimmer-
mann, Maschinist Schulz und die Faktoristen Hesse
und Holthusen. Die Schwester Margarethe Leue
hat sich durch ihren Muth und ihre Pflichttreue
während des Aufstandes die Bewunderung der ge-
sammten hiesigen Europäer erworben.
Die Bravour der Kaiserlichen Marine wird von-
berufenerer Seite gekennzeichnet werden. Herzens-
bedürfniß ist es mir, an dieser Stelle die Umsicht
und Tapferkeit des Lieutenants zur See Deimling
und des Steuermanns Klein hervorzuheben, denen
es nicht zum wenigsten zu verdanken ist, daß wir das
Gonverneurshaus 15 Stunden hindurch behaupten
und uns dann ohne Verlust auf „Nachtigal“ zurück-
ziehen konnten.
Die Dahomes sind frühere Sklaven des Häupt-
lings Behanzin von Dahome und durch Baron
Gravenrenth im Jahre 1891 freigekauft. Sie bildeten
den stabilen Theil der Polizeitruppe. Als älteste
Soldaten derselben hatten sie in verschiedenen Kämpfen
des Gouvernements gegen eingeborene Stämme eine
gewisse Kriegserfahrung und vor allen Dingen zu
schießen und die Geschütee zu bedienen gelernt. Der
Grund der Revolte, welche auch nach Ansicht des
Führers und der Unteroffiziere der Polizeitruppe
jedenfalls seit Langem geplant gewesen, dürfte vor
Allem in der Unzufriedenheit der Dahomes mit ihrer
Bezahlung zu suchen sein. Die Löhnung der sonstigen
Polizeisoldaten (während der Rekrutenzeit 20 und später
30 Mark pro Monat) konnte den Dahomesoldaten
zur Zeit noch nicht zu Theil werden, da sie um einen
theuren Preis aus der Sklaverei losgekauft waren.
Während dieselben die ersten zwei Jahre gar nicht
gelöhnt wurden, hatte ich mehreren von ihnen vor
Kurzem etwas Löhnung bewilligt und Allen sagen
lassen, daß ich auch Andere, welche sich das Lob des
Schußtruppenführers erwürben, auf dessen Antrag
löhnen würde. Auch sind aus vielen Anlässen (Weih-
nachten, Kaisers Geburtstag, Buschexpeditionen u. s. w.)
den Dahomesoldaten Geschenke und andere Vergün-
stigungen zu Theil geworden. So wurden die aus
der Anwerbung Gravenreuths und Expeditionen
stammenden Gouvernementsweiber fast ausschließlich
mit Dahomes verheirathet. Wer wie ich gesehen hat,
wie diese verthierten, ausgehungerten und mit den
widerlichsten Krankheiten behafteten Sklaven durch
den Loskauf Gravenrenths und die Pflege des
Gouvernements sich zu freien, gesunden und kräftigen
Soldaten entwickelten, der mußte glauben, daß diese
Leute im Dienste des Gouvernements sich wie im
Himmel hätten vorkommen müssen. Aber der Neger
lebt nun einmal stets in der Gegemvart und vergißt
die Vergangenheit. Die Löhnung der als Soldaten
angeworbenen freien Neger war für die Dahomes
ein Gegenstand sortwährenden Neides. Leider sanden
sich auch Personen, wie der in Deutschland erzogene
Alfred Bell, welche die Unzufriedenheit der Dahomes
künstlich schürten und aus derselben Kapital schlugen.
Der Neid der Dahomes auf ihre schwarzen Kameraden