Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

wurde noch dadurch erhöht, daß letztere wegen ihrer 
hohen Löhnung zwar häufiger mit Geldstrafen aber 
weniger mit Prügelstrafen belegt wurden. 
Wahrscheinlich haben auch die Dahomeweiber zur 
Revolte aufgereizt. Dieselben waren als Gonverne= 
mentsarbeiterinnen dem Ingenieur Drees in erster 
Linie unterstellt und von Letzlerem dem Gärtner 
Walter zur Beschäftigung im Gouvernementspark 
überwiesen. Drees und Walter klagten beständig 
über die maßlose Faulheit der Dahomeweiber, welche 
nicht arbeiten wollten und stets die Arbeit verließen, 
é5J--wenn der Weiße den Räcken kehre. Alle über sie 
verhängten Strasen seien wirkungslos. Da die 
männlichen Arbeiter für schwere, namentlich die 
Kai-Hinterfüllungsarbeiten verwandt wurden und 
deshalb außer einigen Knaben die Soldatenweiber 
die einzigen Arbeiter des Gärtners bildeten, empfand 
letzterer die Faulheit der Weiber bitter. Auch am 
15. v. Mks. wiederholten sich die Klagen über die Träg- 
heit der Dahomeweiber, so daß ich beschloß, selbst die 
Letteren bei der Arbeit zu lontroliren. Eine Stunde 
nach Beginn der Arbeitszeit fand ich dieselben noch in 
ihren Hütten. Ich trieb sie nunmehr zur Arbeit an. 
Doch als ich eine halbe Stunde später wieder zum 
Arbeitsplatz zurückkehrte, waren sämmtliche Weiber 
in ihre Hütten zurückgekehrt, so daß ich mich ge- 
nöthigt sah, den Faulsten von ihnen einige Hiebe 
(Minimalzahl fünf, Maximalzahl zehn) ertheilen zu 
lassen. 
Solange die Rebellen nicht im Busch gefangen 
sind, ist behufs Sicherung von Leben und Eigen- 
thum beständiger Wachtdienst nöthig. Ein Abfangen 
der Dahomes erachte ich für eine größere aus Weißen 
und Schwarzen gemischte Truppe für nicht zu schwierig, 
zumal die Kameruner, welche diese Plagegeister selbst 
gern los werden möchten und sich nur vor ihren 
überlegenen Waffen fürchten, bezügliche Aktionen durch 
Spionierdienste erfolgreich unterstützen werden. 
Das Landungskorps der „Hyäne"“ ist für be- 
ständige Buschpatrouillen zu schwach. Der Komman= 
dant derselben hat deshalb verboten, daß Matrosen 
zur Absuchung des Busches oder als Posten im 
Freien verwandt werden. Ich habe in Ueberein- 
stimmung mit Kapitänlieutenant Reincke telegraphisch 
um Heraussendung eines weiteren Kriegsschiffes ge- 
beten, obwohl — allerdings erst nach geraumer Zeit — 
S. M. S. „Sperber“ hier zu erwarten ist. Ich 
that dies in der Erwägung, daß für drei Kriegs- 
schiffe hier in nächster Zeit reichlich zu thun sein 
wird. Die Entfaltung größerer Streitkräfte ist zur 
Stärkung des deutschen Ansehens nöthig. Auch liegt die 
Möglichkeit nahe, daß der Ban des Bueaweges immer- 
hin zu einigen Verwickelungen mit den Bakwiris — 
insbesondere Buealeuten — führt. Ein Kriegsschiff wird 
ferner, da „Nachtigal“ dem Vermessungskommando zur 
Verfügung gestellt werden soll, für die Dienstreisen des 
Gouverneurs und sonstiger Beamten disponibel sein 
müssen. Sollte an Stelle des erbetenen Kriegsschiffes 
Marine-Infanterie gesandt werden, so würden 100 
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Soldaten in dem Hospital und der Krankenbarackeunter= 
gebracht werden können. Da für Buschexpeditionen 
die scharfen Augen und die Terrainkenntniß farbiger 
Soldaten nicht zu entbehren ist, dürfte die aus den 
treu gebliebenen 49 Soldaten bestehende Schutztruppe 
zweckmästig zunächst um etwa 100 Mann zu ver- 
stärken sein. 
Da die Ersatztheile und Werkzeuge für die 3,7 cm 
Schnellfeuergeschütze bisher nicht wieder gefunden 
sind, darf ich um hochgeneigte Heraussendung zweier 
Kästen mit Ersaßtheilen und zweier Werkzeugkasten 
gehorsamst bitten. Zugleich beehre ich mich, die 
Heraussendung zweier Maximgeschütze, Modell 88, 
nebst Zubehör gehorsamst anheimzustellen, von welchen 
eins als Ersatz des mit dieser Post behufs eventueller 
Reparirung zurückgesandten Maximgeschützes, das 
andere zur Aufstellung auf dem Dache des Gouver- 
neurshauses bestimmt ist. 
Indem ich mir gestatte, die Aufzeichnungen des 
Steuermanns Klein über die Vorgänge in der Nacht 
vom 15. zum 16. v. Mts. in Abschrift beizufügen, 
darf ich um die Zusendung einer Abschrift dieses 
Berichtes (nicht der Anlagen) für die hiesigen Akten 
gehorsamst bitten. Wegen Mangels an Zeit war 
ich genöthigt, aus meinen Notizen gleich das Mundum 
herzustellen. 
Der siellvertretende Gouverneur. 
Leist. 
  
Anlage 1. 
Kamernun, 29. Dezember 1893. 
Ener Hochwohlgeboren erlaube ich mir im Nach- 
folgenden den ärztlichen Bericht über die letzten Tage 
der Kämpfe um die Joßplatte ganz gehorsamst ein- 
zureichen. 
Es sind während der Kampstage auf Seiten der 
Angestellten des Gouvernements und der Faktoreien 
acht Verwundungen vorgekommen, sämmtlich von 
Schußverletzungen herrührend. Zwei der Verwun- 
dungen, beides Brustschüsse, verliesen unmittelbar 
tödtlich — bei Assessor Riebow und einem Neger 
des Gouvernements. Bei den sechs übrigen Ver- 
wundeten handelte es sich um drei Europäer und 
drei Neger. 
Der Gefreite der Polizeitruppe, Steinecke, er- 
hielt an Bord des „Soden“ einen oberflächlichen 
Schuß durch Haut und Muskulatur der rechten 
Brustseite. 
Der Lazarethgehülfe Siepert wurde im Gon- 
vernementshaus durch einen Schust quer durch den 
linken Oberschenkel verwundet. Außerdem erhielt er 
durch ein zweites rikochettirendes Geschoß und einen 
durch dasselbe losgerissenen Steinsplitter zwei weitere 
Verletzungen an demselben Bein. 
Der Faktorist der Firma Janzen & Thor- 
mählen, Holthusen, bekam während des Gefsechts 
auf der Josplatte einen Schuß quer durch das 
Becken. 
M, 
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