Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Von den drei verwundeten Negern hatten zwei 
Schüsse durch den linken Oberschenkel, der dritte 
hatte einen Schuß durch die linke Hand. 
Aerztliche Hülfe unmittelbar nach erhaltener 
Verwundung konnte ich Steinecke und Holt- 
husen sowie zweien von den Negern zu Theil 
werden lassen. 
In diesen sämmtlichen Fällen war die Wund- 
heilung eine völlig reaktionslose, während in den 
beiden anderen Fällen nachträglich noch kleinere 
chirurgische Eingriffe nothwendig wurden. 
Zur Zeit läßt der Zustand sämmtlicher Ver- 
wundelen deren demnächstige völlige Wiederherstellung 
ohne bleibende Nachtheile für ihre Gesundheit er- 
hoffen. 
Da das Regierungshospital durch Granaten im 
Innern demolirt, außerdem seiner exponirten Lage 
halber unter den derzeitigen Verhältnissen zur Auf- 
nahme von Kranken ungeeignet ist, sind die Ver- 
wundeten und Fieberkranken des Gonvernements und 
der Faktoreien anfangs mit den Kranken der Marine 
zusammen auf S. M. Lazarethschiff „Cyklop“ unter- 
gebracht worden. Vor drei Tagen ist die Ueber- 
führung derselben von dort nach der Woermann- 
Faklorei an der Bell-Bitsch ersolgt wegen des 
drohenden Raummangels auf dem „Cyklop“. 
Die Woermann-Faktorei, in welcher die Kranken, 
bis eine geeignete Unterkunft in einem Regierungs- 
gebäude wird geschaffen werden können, zunächst ver- 
bleiben sollen, entspricht allen an ein Krankenhaus 
zu stellenden hygienischen Anforderungen vollkommen. 
Ueber den Schaden, welchen das Inventar des 
Krankenhauses sowie des Laboratoriums durch die 
Plünderung und Beschießung erlitten hat, läßt sich 
zur Zeit ein bestimmtes Urtheil noch nicht aus- 
sprechen. 
gez. Dr. F. Plehn, Regierungsarzt. 
  
Anlage 2. 
Kamerun, den 29. Dezember 1893. 
Bericht über die Unruhen in der Zeit 
vom 15. bis 23. Dezember. 
Am 15. Dezember abends 7 Uhr kam Herr 
Kanzler Leist in die I. Messe und zeigte mir ein 
soeben erhaltenes Schreiben der Schwester Mar- 
garethe aus dem Krankenhause. Das Schreiben 
besagte in kurzen Worten, daß die Dahome-Soldaten 
das in der Nähe der Dahome-town gelegene Ma- 
gazin erbrochen hätten, sich mit Munition versähen 
und den Gouverneur tödten wollten. Ich begab 
mich in Begleitung des Herrn Leist sofort nach 
meiner Wohnung, bewaffnete mich und traf nach 
Verlassen des Beamtenhauses den der Polizeisoldaten= 
Abtheilung zugetheilten Büchsenmacher Zimmer- 
mann, welcher die Nachricht der Schwester in vollem 
Umfange bestätigte. Wir gingen zusammen mit 
einigen treugebliebenen Soldaten und dem Maschinisten 
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Schulz nach dem Schauplatz des Aufstandes — 
Exerzirplatz und Dahome-town —, waren aber 
kaum einige Schritte über den Eingang zum Exerzir- 
plah heraus, als die von uns vorausgesandten 
Schwarzen und wir selbst mit Schüssen empfangen 
wurden. In Rücksicht auf unsere geringe Stärke 
zogen wir uns, von rechts, links und rückwärts be- 
schossen, nach dem Gouvernementsgebäude zurück. 
Daselbst fanden sich im Laufe des Abends bis gegen 
8 Uhr ein: 
Materialienverwalter Braun, Lieutenant zur 
See Deimling, Steuermann Klein und fünf Ma- 
trosen des Vermessungsdelachements, die Faktoristen 
Hesse, Stegmann, Plehnsdorf, Gibney, 
Holthusen, Lazarethgehülfe Siepert, — 15 bis 
20 Wey-Jungen — treugebliebene Polizeisoldaten —, 
Lebhtere aber nur zum Theil mit Gewehren bewaffnet 
und ohne Munition. Herr Hesse hatte es möglich 
gemacht, erst die eine Schwester aus dem Kranken- 
hause nach seinem Boote, dann die andere Schwester 
aus dem Doktorhause zu retten, und brachte nun 
Lebtere — Schwester Margarethe — nebst dem 
Herrn Vanselow, der im Krankenhause an einer 
Verletzung der linken Hand behandelt wurde, nach 
dem Gouvernementsgebäude. Nach mündlichen An- 
gaben der Schwester Margarethe hatte man im 
Krankenhause bald nach 6 / Uhr abends ein dumpfes 
Geräusch, wie vom Einschlagen einer Thür her- 
rührend, vom Schießstande her vernommen. Der 
im Krankenhause liegende Unteroffizier Steinecke 
war darauf unbewaffnet nach dem am Schießstande 
gelegenen Magazin gegangen und hatte daselbst Sol- 
daten beim Aufbrechen des Magazins beschäftigt ge- 
sunden. Als er einzuschreiten versuchte, wurden ihm 
geladene Gewehre vorgehalten, so daß er sich zurück- 
ziehen mußte. 
Das für eine Vertheidigung gegen Südosten und 
Südwesten höchst ungünstig beschaffene und gerade 
nach diesen Richtungen von dichtem Buschwerk um- 
gebene Gouvernementsgebäude wurde durch Versetzen 
von Thüren und Fenstern, so gut es ging, in Ver- 
theidigungszustand gesebt, und die mit Gewehren 
bewaffneten Schwarzen unter Aufsicht des Stener- 
manns Klein und des Maschinisten Schulz auf 
die verschiedenen Fronten zu ebener Erde vertheilt. 
Die Feuster des großen Zimmers im ersten Stock 
wurden mit Matrosen beseßzt, ebenso die Fenster der 
an der Südostfront vorgelagerten Küche. 
Anfangs waren nur etwa 200 Patronen M/71 
sowie etwa 80 Patronen M/88 zur Verfügung. Im 
Lause der Nacht gelang es noch, einige Munition 
herbeizuschaffen, so daß sich der erreichte höchste 
Stand der Munition auf etwa 1200 Patronen im 
Ganzen belaufen mochte. 
Gegen 8 Uhr begann der Gegner den Angriff 
vom Exerzirplaß aus, rechter Flügel verstärkt durch 
die beiden dem Magazin entnommenen 3.7 cm 
Schnellfeuerkanonen. Später rückte der rechte Flügel 
nach dem ersten Meßhause vor, von da gegen die Süd-
	        
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