dem Letzteren dazu ermuthigt, zwei Kisten mit je
600 Patronen M./71 von „Soden“ aus ins Goun-
verneurshaus, gleichzeitig trafen etwa
soldaten ein, und erst jetzt bekam die Vertheidigung
einige Aussicht auf Erfolg.
Bis 12 Uhr wurde das Feuer auf den west-
lichen Flügel des Gebändes ohne Unterbrechung fort-
gesetzt, zeitweise mit einer Heftigkeit,
schreibung spottet.
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20 Wey-
die jeder Be-
1
Ungefähr 9½ Uhr wurde der Lazarethgehülse
Siepert, unmiltelbar vor mir stehend, durch zwei
Kugeln durch den Oberschenkel verwundet, als er
gerade einige Schüsse auf dic anstürmenden Gegner
abgegeben hatte. Durch seinen Hülferuf kühn ge-
macht, stürmten die Angreifer so hestig gegen uns
an, dass wir mit Rücksicht auf unseren geringen
Munitionsvorrath, uns über die Kraft anstrengen
mußten, um den Feind abzuhalten. Bei dieser Ge-
legenheit wurde ein schwarzer Soldat mir an der
Seite durch eine Kugel quer durch die Brust todt
niedergestreckt. Weil kein Arzt zur Stellc, verband
Schwester Gretchen den Verwundeten und wachte
bei ihm. Dem armen Schwarzen war nicht zu
helfen, mitten durchs Herz geschossen,
Minute mehr. Von dem Engländer Gibney und
mir aus dem Hauptschußfeld geholt und untersucht,
wurde er, nachdem der Tod konstatirt, auf die andere
Piazza getragen.
„Nachtigal“ hatte blind gefeuert; als gegen 11½
Uhr das Feuer, namentlich der Schnellladekanone,
wieder sehr heftig wurde, begann „Nachtigal“ scharf
zu feuern, wodurch sie das schwere Geschützfeuer
auf sich und zum Theil von uns ablenkte, und nur
diesem Umstande ist es zu danken, daß das Gonver=
neurshaus die Nacht hindurch Stand Hielt.
Um 2 Uhr, nach Monduntergang, wurde noch
ein Hauptangriff gemacht, welcher zum Theil durch
das präzise Artilleriefener von „Nachtigal“ und
„Soden“ abgeschwächt wurde; ebenso um 5 Uhr vor
Hellwerden. Das Tageslicht wurde von Allen
freudig begrüßt. Wir hatten eine Nacht hinter uns,
wie sie zu durchleben wohl wenig Sterblichen
vergönnt ist.
Nach meiner Schätzung wurden von der feind-
lichen Partei etwa 5000 bis 6000 Gewehrpatronen
und 200 Schnellladegeschosse verfeuert.
Kurz vor 7 Uhr vereinigten sich mit uns die vier
Beamten, Herren Drees, Dr. Vallentin, Bieber-
stein und Hering, welche die Nacht im Palaverhaus
verbracht hatten.
Den 16. um 7 Uhr gingen die Woermann-
faktoristen und der Engländer unter Bedeckung nach
Druck und Verlag der Königl. Hosbuchhondlunn und Hosbuchdruckerei von G. S.
lebte er keine
den Faktoreien mit dem Befehl an die Schiffe,
Munition aus dem Pulverhause nach dem Gou-
vernement zu schaffen. Es wurde beschlossen, das
Haus zu halten, falls Munition eintrifft, im
anderen Falle am Nachmittage ein Einschiffen zu
versuchen.
Um 10 Uhr war noch keine Aussicht auf Mu-
nitionszufuhr. Der Steuermann Klein bekam den
efehl, den verwundeten Siepert nach „Cyklop“
zu bringen, die Dampfpinasse mit zwei Booten am
Landungsplatz klarzulegen, „Nachtigal“ und „Soden“
zur Deckung des Einschiffens östlich und westlich vom
Bootshause zu postiren. Wenn Alles bereit, sollte
„Nachtigal“ zweimal pfeifen.
Der Befehl wurde vollzogen, insofern der
Steuermann Klein sich mit dem Verwundeten, von
drei Mann getragen, unter dem Geleit einiger Kugeln
auf den Weg machte.
Als p. Siepert die Treppe herunter trans-
portirt wurde, begann eine derartige Kanonade mit
Schnellladekanonen auf das obere Stockwerk (den
sichersten Zufluchtsort), daß dasselbe einzustürzen be-
gann. Es mußte sofort geräumt werden, da nament-
lich der einzige Niedergang einzustürzen anfing. Ohne
Aussicht auf Munition war es unmöglich, den Platz
den Granaten gegenüber auch nur noch eine Stunde
zu halten.
„Nachtigal“ schoß einige Granaten (mit dem
Feuerpoler abgefeuert, wie bei Trafalgar, da die
Schlagröhren versagten), „Soden“ war ohne Mu-
nition, die 20 Patronen, welche er gehabt, waren
verschossen.
Es wurde ein Ausfall gemacht, Schnellfeuer ge-
geben und durch Schützen rückwärts der Rückzug
nach dem Wasser gedeckt. Alle schifften sich glücklich
in zwei zusammengebundenen Brandungsbooten ein.
Die Dampspinasse kam von „Cyklop“, Lieutenant
zur See Deimling nahm das Kommando und
schiffte Alles glücklich auf „Nachtigal“ ein. Die bis
zum Rande der Joßplatte nachgerückten Feinde
gaben uns nach Kräften das Geleit mit Schnelllade-
kanonen und anderem Geschoß.
Hier muß ich noch einmal der heldenhaften
Kaltblütigkeit der kleinen Schwester Gretchen ge-
denken. Als sie ihren Revolver hatte, mußte ich sie
fast mit Gewalt unter die Düchten in Deckung gegen
die feindlichen Geschosse schicken.
Gleich darauf übernahm Steuermann Klein auf
Befehl des Lientenants zur See Deimling das
Kommando des „Soden“
dez. Klein, Steuermann.
Mitiler & Sohn, Verlin SW.12, Kochltraße 68—70.