Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

insofern nämlich eine Reihe Krankheiten, die in 
Europa die Bevölkerung dezimiren (Tuberkulose, 
Unterleibstyphus, Scharlach, Diphtheritis und viele 
andere), theils nur selten, theils wohl gar nicht 
vorkommen. 
Für die Pflege und Behandlung der Kranken 
standen in Oslasrika im letzten Jahre durchschnittlich 
10 Aerzte zur Verfügung. Da diese wegen der 
ungünstigeren sanitären Verhältnisse und wegen der 
vielfachen kriegerischen Expeditionen hauptsächlich auf 
den inneren Stationen verwendet werden mußten, 
war es nicht möglich, sämmtliche Küstenstationen, 
wie es gewünscht werden muß, mit Aerzten zu 
besetzen. 
An Lazarethen standen zur Verfügung: 
1. Das Gouvernementslazareth in Bagamoyo, 
das im Allgemeinen seinen Zweck wohl erfülit hat, 
jedoch mit der Zeit so baufällig geworden ist, daß 
für die Unterbringung der Kranken anderweitig Sorge 
getragen werden muß. Es war zur Zeit des Reichs- 
kommissarials aus einem verfallenen Araberhause 
nothdürftig umgebaut worden und hat früher als 
Kaserne gedient. 
2. Das Gouvernementslazareth Kilwa in einem 
auf dem Stationshofe gelegenen, ebenfalls aus einem 
alten Araberhause herausgeflickten Bau bestehend. 
Dasselbe war früher, als die Station Kilwa stark 
belegt war, ein Bedürfniß, konnte aber im vorigen 
Jahre aufgehoben werden, da sich die Anzahl der 
Europäer dort verringert halte und ein Jeder ein 
eigenes Zimmer bewohnte, in dem er auch in 
Krankheitsfällen verbleiben konnte. 
3. Das evangelische Missionshospital in Dar-es- 
Saläm. 
Für die Behandlung der schwarzen Soldaten 
bestehen an der Küste auf jeder Station besondere im 
Stile der Eingeborenenhäuser aus Lehmwänden mit 
Palmblatt= bezw. Grasdächern hergestellte Baracken, 
die im Allgemeinen ihren Zweck erfüllen. In 
Verbindung mit diesen sogenannten „schwarzen 
Lazarelhen“ befinden sich auf allen Küstenstationen 
Polikliniken für die einheimische Bevölkerung, welche 
sich an manchen Plätzen eines großen Besuches 
ersreuen. Auf einzelnen. inneren Stationen hat man 
begonnen, nunmehr ebenfalls derartige Baracken für 
die schwarzen Soldaten zu errichten, während auf 
anderen Stationen wiederum für die Pflege schwer- 
kranker Schwarzer absolut keine besonderen Räume 
zur Verfügung stehen, dieselben vielmehr auch in 
Krankheitsfällen in ihren Lehmhütten verbleiben 
müssen. 
Sanatorien sehlen in Ostafrika ganz, sind vor 
der Hand aber auch kein Bedürfniß, da das 
Gonvernement sich dadurch helsen kann, daß es 
den erholungsbedürftigen Rekonvaleszenten Seereisen 
auf den Küstendampsern der deutschen Ostafrikalinie 
gewährt. · 
Für längere Erholung können Seereisen auf den 
Hauptdampfern der genannten Linie nach Natal in 
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Frage kommen, oder aber es müssen Beurlaubungen 
nach den Seychellen, Mauritius, Aegypten und selbst 
nach Europa ins Auge gesaßt werden. 
  
Bekämpfung des Sklavenhandels in Deutsch-Ostafrika. 
Im Lause des letzten Jahres ist die Brüsseler 
Akte zur vollen Durchführung gelangt, es ist eine 
Verordnung über die Kontrole der Dhauschifffahrt 
erlassen worden, die mit voller Strenge gehandhabt 
wird. Es ist unverkennbar, daß dem Sklavenhandel 
dadurch die Axt an die Wurzel gelegt worden ist. 
Die Folgen sind namentlich in Sansibar, das ja in 
Bezug auf frische Zufuhr an Menschenwaare auf 
unser Schutgebiet angewiesen ist, bemerkbar geworden, 
da die daselbst ansässigen mit Sklaven wirthschaften- 
den arabischen Besitzer von Nelkenplantagen immer 
mehr unter dem Mangel an Arbeitskräften zu leiden 
haben. Selbstverständlich ist der Sklavenhandel nicht 
vollständig lahmgelegt, wie aus mehreren Fällen, wo 
die Verbrecher gefaßt und mit dem Tode bestraft 
wurden, ersichtlich ist; denn das Gebiet ist ungeheuer 
groß, die Ueberwachung verhältnißmäßig gering und 
die lang gestreckte Küste bietet unzählige Schlupf- 
winkel. Es ist aber zu hoffen, daß die erwarteten 
Zollkreuzer, die auch der Bekämpfung des Sklaven- 
handels dienen sollen, diesem den Todesstoß versetzen 
werden. 
Ramerun. 
Ueber die Unrnhen in Ramerun 
berichtet die an dieser Stelle wegen ihrer Tapferkeit 
und Entschlossenheit schon rühmend erwähnte Schwester 
Margarethe, wie wir „Unter dem rothen Kreuz“ 
entnehmen: 
Am 15. Dezember wurde mir ein schwerkranker 
Patient zu den drei anderen Kranken und der gleich- 
falls am Fieber daniederliegenden Schwester Emma 
in das Hospital gebracht. Dr. Plehn war in 
St. Thom, der Lazarethgehülfe hatte einen nöthigen 
Weg vor, so bat ich Schwester Emma, nachdem ich 
gegen 5½ Uhr den Boten ins Gouvernement ge- 
schickt hatte, auf den Kränksten Acht zu geben, wäh- 
rend ich in die Apotheke gehen wollte, die im 
Doktorhause liegt, um dort die nöthige Medizin zu 
bereiten. Herr Vanselow, einer der Patienten, der 
einen verbrannien Arm in der Binde trug, hatte 
Bedenken, daß ich allein gehe. So nahm ich sein 
Anerbieten, mich zu begleiten, dankbar an, und wir 
machten uns, in dem Bestreben, bald zurück sein zu 
wollen, rasch auf den Weg. Kaum waren wir in 
der Apotheke — ich hatte die Wageschale noch nicht 
in der Hand —, hörten wir Schüsse fallen, so daß 
Herr V. sagte: „Schnell heim!“ Wir stürzten 
hinaus, da ich natürlich zu meinen Kranken wollte,
	        
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