Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

sie in Südwestafrika in Angriff genommen worden 
ist, d. h. Besiedelung, vor Allem mit Verzichtleistung 
auf eingeborene Arbeitskräfte.“ 
Es wird Vorsorge getroffen werden, Sämereien 
verschiedener Nutgewächse, mit denen Dr. Volkens 
Versuche zu machen wünscht, durch Vermittelung des 
Berliner botanischen Gartens wohlverpackt nach der 
Station abzusenden. 
von der Wissmann-Expedition. 
Nachträglich ist bei der Geschäftsleitung des 
deutschen Antisklavereikomitees nachstehender aus 
Langenburg 10. Oktober v. Is. datirter Bericht des 
Majors v. Wissmann eingegangen: 
Der Mführungskommisston melde ich ganz 
ergebenst, daß ich, von der Tanganyikatour nach 
Karonga zurückgekehrt, mich sofort nach der Station 
begab und die Karawane unter Dr. Bumiller, um 
noch einmal vor der bevorstehenden starken Ver- 
minderung unserer Macht den Eingeborenen zu 
imponiren und einige politische Arrangements in dem 
bevölkerten Kondeland abzuschließen, zu den Häupt- 
lingen Makionsa, Makiembe und Makirima sandte. 
So weht nun bei allen größeren Häuptlingen des, 
wie der erste hiesige Reisende Elton es nannte, 
„Gartens Afrikas“ — Kondelandes — die deutsche 
Flagge. 
Nachdem ich die Erweiterung des Forts Langen- 
burg zwecks Aufbaues eines Dampfer= und Arbeits- 
Schuppens innerhalb der Befestigung angeordnet 
hatte, ging ich mit dem unterdeß eingetroffenen 
Dampfer „H. v. Wissmann"“ nach der Station Port 
Magnire, wo das Schiff montirt war, um sämmt- 
liches Material der Expedition nach Langenburg zu 
bringen. 
Ich führte gleichzeitig, mit den nautischen Ver- 
hältuissen des Sees ziemlich vertraut, den Kapitän 
Prager in dieselben ein und nahm er beiliegende 
Karte der deutschen Küste des Sees genauer 
auf. *) 
Ich stehe im Begriff, morgen mit dem Rest des 
Expeditionsmaterials an Bord nach Langenburg 
zurückzukehren, um dann so schnell als möglich die 
Uebergabe vorzunehmen. Dr. Bumiller hat unter- 
dessen die Schlußabrechnung vorbereitet; Herr v. Eltz# 
wird mich nach Langenburg zur Uebernahme des 
Platzes begleiten. Auch Prince und Wyneken 
werden inzwischen nach Langenburg zurückgekehrt sein. 
gez. v. Wissmann, 
Kaiserlicher Kommissar in Ostafrika, 
Major à la suite der Armee. 
* ) Die angekündigten Kartenaufnahmen sind noch nicht 
eingetroffen. 
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verwaltung und Rechtspflege in Deutsch-Ostafrika. 
In Bezug auf die Verwaltung ist ebenso wie in 
wirthschaftlicher Beziehung scharf zwischen dem Küsten- 
streisen und den übrigen Theilen des Schutgebietes 
zu scheiden. In dem Ersteren ist, da anzunehmen 
ist, daß dort die Ruhe nicht mehr gestört wird, die 
Civilverwaltung eingeführt, in den Letzteren sind, je 
nach politischem oder handelspolitischem Bedürfniß, 
Militärstationen errichtet, welche die Aufgabe haben, 
den ihnen zugewiesenen Bezirk in Ruhe zu halten 
bezw. gegen fremde Einfälle zu schützen. Die Civil- 
verwaltung ist derartig organisirt, daß das Küsten- 
gebiet in sechs Bezirksämter eingetheilt ist, nämlich 
Tanga, Pangani, Bagamoyo mit dem Nebenamt 
Sadani, Dar-es-Saläm, Kilwa und Lindi mit dem 
Nebenamt Mikindani. Den Bezirksämtern ist eine 
Polizeitruppe, welche bisher der Schustruppe ent- 
nommen war, zur Aufrechterhaltung der Ordnung 
im Bezirke beigegeben. Organe des Bezirksamtes 
sind ferner die in den einzelnen Ortschaften ein- 
gesetzten Akidas oder angestammte Jumbes, welche 
für die Ordnung in ihrem Orte verantwortlich sind 
und Befehle der Regierung, mögen diese Wegebanten, 
Lieferungen irgend welcher Art, natürlich gegen an- 
gemessene Bezahlung, oder Gestellung von Arbeitern 
oder dergleichen betreffen, auszuführen haben. 
Der Bezirksamtmann hat in seinem Bezirke die 
Gerichtsbarkeit über die farbige Bevölkerung, sowohl 
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wie in Strafsachen 
mit unbegrenzter Kompetenz. In Civilsachen unter- 
liegen seine Urtheile der Berufung an den Gonver- 
neur, wenn der Werth des Sitreitgegenstandes 
1000 Rps. übersteigt, in Strafsachen ist eine eigent- 
liche Berufung nicht zulässig, doch bedürfen alle 
Urtheile, welche auf Geldstrafe über 200 Rps. oder 
Gefängniß über sechs Monate lanten, der Genehmi- 
gung des Gouverneurs. Sowohl in Straf= wie 
Civilsachen ist der Bezirksamtmann gehalten, angesehene 
farbige Gerichtseingesessene als Beisitzer mit be- 
rathender Stimme zuzuziehen, ohne daß er dadurch 
von seiner ausschließlichen Verantwortlichkeit frei 
wird. Diese Einrichtung dient vornehmlich dazu, 
dem rechtsprechenden Beamten Gelegenheit zu geben, 
die Rechtsgewohnheiten derjeuigen Bevölkerungs- 
klassen, welchen die Parteien oder die Angeklagten 
angehören, in Rücksicht zu ziehen, jedoch nur inso- 
weit, als sie nicht dem deutschen Rechtsbewußtsein, 
das im Allgemeinen mangels eines geschriebenen 
Rechtes als Rechtsquelle dient, zuwiderlaufen. 
Die Gerichtsbarkeit des Bezirksamtmannes er- 
streckt sich grundsätzlich über seinen ganzen Bezirk, 
thatsächlich aber beschränkt sie sich auf einige Tage- 
reisen im Umkreise seines Amtssitzes. Bei weiteren 
Entfernungen muß den Jumben oder Alidas ein 
ziemlich weiter Spielraum gelassen werden und in 
solchen Fällen, welche über die diesen Personen aus- 
drücklich zugelassene Kompetenz hinausgehen, ist es 
dem Bezirksamtmann bei der in spärlichen Grenzen
	        
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