gehaltenen Polizeimacht nicht immer möglich, seine
richterliche Gewalt auf weitere Entfernungen auszu-
üben. Es ist aber erstaunlich und als ein gutes
Zeichen für das Vertrauen der Eingeborenen zu der
Gerechtigleit der herrschenden Verwaltung zu be-
trachten, daß sie auf fünf, sechs Tagereisen weit in
das Schauri des Bezirksamtmannes kommen und den
Vorladungen, welche in der Regel nicht durch
Polizisten, sondern durch den Kläger oder Beschädigten
überbracht werden, fast ausnahmslos Folge leisten,
so daß eine gewaltsame Vorführung nur selten
rsorderlich wird. «
Daß auch die höher stehenden Klassen der
jarbigen Bevölkerung, wie Araber und Inder, mit
dieser Art der Rechtspflege durchaus zufrieden sind,
geht daraus hervor, daß in dem Berichtsjahre nicht
eine Berufung an den Gouverneur gelangt ist, ob-
wohl in jedem einzelnen dazu geeigneten Falle
ouf das Recht der Berufung ausdräcklich hin-
. wird.
Landwirthschaft in Deutsch-Gstafrika.
Die Landesprodukte, welche überall in der Küsten-
zone des Schutggebietes gebaut werden, sind im
Wesentlichen: Mais, Reis, Negerhirse (Mtama),
Moniok (Mhogo), Sesam, Erdnüsse, Chiroko (Linsen),
lunde (Bohnen), Bataten. Der Anbau erfolgt nur
für den eigenen Bedarf, eine Ausfuhr dieser Er-
Feugnisse hat selten statt. Außerdem findet man
diesach Gurken, Kürbis, Mschitscha (Spinatart),
Ananas, Bananen, Tabak. Auch Zuckerrohr kommt
nicht sellen vor, in größerem Maßstabe wird es im
Wale des Panganiflusses gebaut und gelangt dort
auch zur Ausfuhr. Die Zubereitung geschah früher
mur mit Mühlen, welche durch Kameele oder Esel
getrieben wurden; im Laufe des Berichtsjahres sind
aber bereits zwei Dampfmaschinen aufgestellt und in
Nrtrieb gesetzt worden.
Eine der wichtigsten Kulturpflanzen, welche sich
über den ganzen Küstenstreifen erstreckt, ist die Kokos-
polme. In größeren Beständen kommt sie in der
Umgebung der bedeutenderen Plätze vor. Dort findet
denn auch eine mehr oder minder bedeutende Aus-
sahr von Kopra statt, während die Früchte da, wo
die Palme nur spärlicher vorkommt, von den Ein-
geborenen verbraucht werden. Es wird Sorge dafür
getragen, doß der Anbau der Kokospalme vermehrt
wird. Auch die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft legt
Kokosplantagen an. Es steht zu hoffen, daß bei
einer allerdings noch ziemlich stark zu vermehrenden
——W die Anlage einer Oelmühle sich rentiren
ird.
Von neu eingeführten Pflanzen sind zunächst die
europäischen Gemüsearten zu nennen, mit denen gute
Erfolge erzielt worden sind. Diese Kulturen haben
für die Entwickelung des Landes nur eine unter-
geordnete Bedentung, da sie lediglich für die Be-
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dürfnisse der Europäer und auch nur von diesen in
einem dem Bedürfnisse entsprechenden geringen Maß-
stabe betrieben werden.
Wesentlich wichtiger sind die Kulturen, welche
auf den Plantagen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesell-
schaft, der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft
und einiger anderer Gesellschaften und Privatpersonen
betrieben werden. Es handelt sich hierbei vorzugs-
weise um Baumwolle, Tabak und Kaffee.
Baumwolle wird auf der Pflanzung der Deutsch-
Ostafrikanischen Gesellschaft Kikogwe bei Pangani, bei
Tanga von der Deutsch-Ostafrikanischen Seehandlung
(Perrot & Co.) und bei Milkindani von einem
deutschen Pflanzer gebaut. Die bedentendste dieser
Pflanzungen ist Kikogwe, auf welcher auch bereits
eine Dampfreinigungsmaschine in Betrieb ist. Auf
allen Plantagen sind günstige Resultate erzielt worden,
welche zu Vergrößerungen der Anlagen Anlaß
gegeben haben. Um diese Kultur auch bei den Ein-
geborenen und den Arabern einzuführen, hat das
Gouvernement durch die Bezirksbehörden Baumwoll=
samen unentgeltlich an Grundbesißer ausgegeben und
läßt durch einen zu diesem Zwecke angestellten Land-
wirth die nöthige praktische Unterweisung, zunächst
im Bezirke von Kilwa, wo sich die meisten geeigneten
Personen gefunden hatten, ertheilen.
Tabak wird zwar auch von Eingeborenen gebaut.
Es ist dies aber ein für den Weltmarkt unbrauch-
bares Produkt. Ein wirklich werthvolles wird von
der Plantage der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagen-
gesellschaft, Lewa, eine Tagereise hinter Pangani,
erwartet. Sie ist nach Sumatramuster eingerichstet
und wird von chinesischen und javanischen Kulis
bearbeitet. Der Stand der Felder am Schlusse des
Berichtsjahres berechtigte zu den besten Hoffnungen.
Auch der Kaffee scheint eine Zukunft in Deutsch-
Ostafrika zu haben. Seit vielen Jahren schon wird
er auf der Station der französischen Mission in
Mrogoro gebaut, gelangt von dort aber nicht zur
Ausfuhr. In grosßem Maßstabe wird der Anban
neuerdings von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft
betrieben und zwar in dem Gebirgslande Mandei,
zwei bis drei Tagereisen hinter Tanga.
Dieses ganze Gebirgsland ist bedeckt mit hoch-
stämmigem Urwald und enthält in unzähligen Bächen
und Quellen einen außerordentlichen Wasserreichthum.
Hier sind einige hundert Morgen abgeholzt und die
beiden Plantagen Derema und Nguelo angelegt
worden. Auf dem jungfräulichen rothen Lehmboden,
der durch das Verfaulen der liegengebliebenen, wegen
Mangels an ausreichenden Verkehrswegen nicht anders
zu verwerthenden Riesenstämmen immer von Neuem
hedüngt wird, gedeiht der Kaffee über jedes Er-
warten gut. Schon im zweiten Jahre tragen viele
Bäume Blüthen und werden eine allerdings unerheb-
liche Ernte ergeben, während in anderen Ländern die
Jungfernernte erst im vierten oder fünften Jahre
eingebracht wird. Die außerordentliche Fruchtbarkeit
des Landes hat die Bildung einer neuen Gesellschaft,