Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

gehaltenen Polizeimacht nicht immer möglich, seine 
richterliche Gewalt auf weitere Entfernungen auszu- 
üben. Es ist aber erstaunlich und als ein gutes 
Zeichen für das Vertrauen der Eingeborenen zu der 
Gerechtigleit der herrschenden Verwaltung zu be- 
trachten, daß sie auf fünf, sechs Tagereisen weit in 
das Schauri des Bezirksamtmannes kommen und den 
Vorladungen, welche in der Regel nicht durch 
Polizisten, sondern durch den Kläger oder Beschädigten 
überbracht werden, fast ausnahmslos Folge leisten, 
so daß eine gewaltsame Vorführung nur selten 
rsorderlich wird. « 
Daß auch die höher stehenden Klassen der 
jarbigen Bevölkerung, wie Araber und Inder, mit 
dieser Art der Rechtspflege durchaus zufrieden sind, 
geht daraus hervor, daß in dem Berichtsjahre nicht 
eine Berufung an den Gouverneur gelangt ist, ob- 
wohl in jedem einzelnen dazu geeigneten Falle 
ouf das Recht der Berufung ausdräcklich hin- 
. wird. 
Landwirthschaft in Deutsch-Gstafrika. 
Die Landesprodukte, welche überall in der Küsten- 
zone des Schutggebietes gebaut werden, sind im 
Wesentlichen: Mais, Reis, Negerhirse (Mtama), 
Moniok (Mhogo), Sesam, Erdnüsse, Chiroko (Linsen), 
lunde (Bohnen), Bataten. Der Anbau erfolgt nur 
für den eigenen Bedarf, eine Ausfuhr dieser Er- 
Feugnisse hat selten statt. Außerdem findet man 
diesach Gurken, Kürbis, Mschitscha (Spinatart), 
Ananas, Bananen, Tabak. Auch Zuckerrohr kommt 
nicht sellen vor, in größerem Maßstabe wird es im 
Wale des Panganiflusses gebaut und gelangt dort 
auch zur Ausfuhr. Die Zubereitung geschah früher 
mur mit Mühlen, welche durch Kameele oder Esel 
getrieben wurden; im Laufe des Berichtsjahres sind 
aber bereits zwei Dampfmaschinen aufgestellt und in 
Nrtrieb gesetzt worden. 
Eine der wichtigsten Kulturpflanzen, welche sich 
über den ganzen Küstenstreifen erstreckt, ist die Kokos- 
polme. In größeren Beständen kommt sie in der 
Umgebung der bedeutenderen Plätze vor. Dort findet 
denn auch eine mehr oder minder bedeutende Aus- 
sahr von Kopra statt, während die Früchte da, wo 
die Palme nur spärlicher vorkommt, von den Ein- 
geborenen verbraucht werden. Es wird Sorge dafür 
getragen, doß der Anbau der Kokospalme vermehrt 
wird. Auch die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft legt 
Kokosplantagen an. Es steht zu hoffen, daß bei 
einer allerdings noch ziemlich stark zu vermehrenden 
——W die Anlage einer Oelmühle sich rentiren 
ird. 
Von neu eingeführten Pflanzen sind zunächst die 
europäischen Gemüsearten zu nennen, mit denen gute 
Erfolge erzielt worden sind. Diese Kulturen haben 
für die Entwickelung des Landes nur eine unter- 
geordnete Bedentung, da sie lediglich für die Be- 
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dürfnisse der Europäer und auch nur von diesen in 
einem dem Bedürfnisse entsprechenden geringen Maß- 
stabe betrieben werden. 
Wesentlich wichtiger sind die Kulturen, welche 
auf den Plantagen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesell- 
schaft, der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft 
und einiger anderer Gesellschaften und Privatpersonen 
betrieben werden. Es handelt sich hierbei vorzugs- 
weise um Baumwolle, Tabak und Kaffee. 
Baumwolle wird auf der Pflanzung der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft Kikogwe bei Pangani, bei 
Tanga von der Deutsch-Ostafrikanischen Seehandlung 
(Perrot & Co.) und bei Milkindani von einem 
deutschen Pflanzer gebaut. Die bedentendste dieser 
Pflanzungen ist Kikogwe, auf welcher auch bereits 
eine Dampfreinigungsmaschine in Betrieb ist. Auf 
allen Plantagen sind günstige Resultate erzielt worden, 
welche zu Vergrößerungen der Anlagen Anlaß 
gegeben haben. Um diese Kultur auch bei den Ein- 
geborenen und den Arabern einzuführen, hat das 
Gouvernement durch die Bezirksbehörden Baumwoll= 
samen unentgeltlich an Grundbesißer ausgegeben und 
läßt durch einen zu diesem Zwecke angestellten Land- 
wirth die nöthige praktische Unterweisung, zunächst 
im Bezirke von Kilwa, wo sich die meisten geeigneten 
Personen gefunden hatten, ertheilen. 
Tabak wird zwar auch von Eingeborenen gebaut. 
Es ist dies aber ein für den Weltmarkt unbrauch- 
bares Produkt. Ein wirklich werthvolles wird von 
der Plantage der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagen- 
gesellschaft, Lewa, eine Tagereise hinter Pangani, 
erwartet. Sie ist nach Sumatramuster eingerichstet 
und wird von chinesischen und javanischen Kulis 
bearbeitet. Der Stand der Felder am Schlusse des 
Berichtsjahres berechtigte zu den besten Hoffnungen. 
Auch der Kaffee scheint eine Zukunft in Deutsch- 
Ostafrika zu haben. Seit vielen Jahren schon wird 
er auf der Station der französischen Mission in 
Mrogoro gebaut, gelangt von dort aber nicht zur 
Ausfuhr. In grosßem Maßstabe wird der Anban 
neuerdings von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft 
betrieben und zwar in dem Gebirgslande Mandei, 
zwei bis drei Tagereisen hinter Tanga. 
Dieses ganze Gebirgsland ist bedeckt mit hoch- 
stämmigem Urwald und enthält in unzähligen Bächen 
und Quellen einen außerordentlichen Wasserreichthum. 
Hier sind einige hundert Morgen abgeholzt und die 
beiden Plantagen Derema und Nguelo angelegt 
worden. Auf dem jungfräulichen rothen Lehmboden, 
der durch das Verfaulen der liegengebliebenen, wegen 
Mangels an ausreichenden Verkehrswegen nicht anders 
zu verwerthenden Riesenstämmen immer von Neuem 
hedüngt wird, gedeiht der Kaffee über jedes Er- 
warten gut. Schon im zweiten Jahre tragen viele 
Bäume Blüthen und werden eine allerdings unerheb- 
liche Ernte ergeben, während in anderen Ländern die 
Jungfernernte erst im vierten oder fünften Jahre 
eingebracht wird. Die außerordentliche Fruchtbarkeit 
des Landes hat die Bildung einer neuen Gesellschaft,
	        
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