Die folgenden Tage vergingen unter nutzlosen Ver-
handlungen mit Schabruma, wurden aber gleichzeitig
benutzt, um die Expedition in dem sehr reichen Lande
mit einer zwölftägigen Verpflegung auszurüsten, da
Erkundigungen ergeben hatten, daß nach Ueberschreiten
des Luwegn ein Marsch von 10 Tagen folge, auf
welchem keine Nahrung zu erhalten sei. Dann erst
sollte in Donde die Verproviantirung wieder mög-
lich sein.
Am 25. kehrte der Kompagnieführer Ramsay
in Begleitung des Lieutenants Hornung zurück.
Der größte Theil der Lasten hatte nicht heran-
geschafft werden können, da Kiwanga keine Träger
hatte stellen können.
Nachdem Schabruma sich, wie schon gesagt, auf
alle Aufforderungen, zu kommen, ablehnend verhalten
hatte, wurden verschiedene Detachements in die dicht
bevölkerte Gegend entsandt und die noch nöthigen
Lebensmittel nunmehr auf dem Wege der Requisition
entnommen. Einige Männer wurden gefangen,
Widerstand wurde nicht geleistet.
Am 27. Februar wurde der Weitermarsch an-
getreten, und am 18. März kraf die Expedition in
Kilwa ein. Da eine Verproviantirung im Donde-
gebiet sich nicht hatte bewerkstelligen lassen, von dort
aber ebenfalls ein fünftägiger Marsch durch unbe-
wohnte Gegend zu machen war, so war ich genöthigt,
sehr starke Märsche zu machen — es wurden an
verschiedenen Tagen über 40 Kilometer zurückgelegt.
Auf diese Weise gelang es, die Expedition ohne
wirklichen Nahrungsmangel bis in die bewohnte
Küstengegend zu bringen; allerdings blieben viele
Nachzügler zurück. Von Kilwa ist jedoch bereits die
Meldung hier eingetroffen, daß die sämmtlichen zu-
rückgebliebenen Askaris (15), bis auf einen, in Kilwa
von dem ihnen entgegengeschickten Detachement zurück-
gebracht seien; einige Träger sind allerdings an
Erschöpfung gestorben. Die übrigen sind aber auch
alle in Kilwa eingetroffen. »
In Kilwa wurden sieben von den gefangenen
Schabrumaleuten zum Tode verurtheilt und im Bei-
sein einer großen Volksmenge sowie ihrer übrigen
Kameraden gehängt, die Letzteren alsdann in ihre
Heimath entlassen.
Beschreibung des Landes.
Das überaus fruchtbare Rufidjigebiet bis Kun-
guliosdorf war schon bekannt; das Nordufer des-
selben ist noch immer dicht bevölkert und angebaut,
das Südufer dagegen infolge der Mafitieinfälle
gänzlich verlassen. Nur die überall noch stehenden
Mango= und Palmenhaine geben Zeugniß, daß auch
dieses früher mit Dorfschaften dicht bedeckt gewesen
ist. Von Kunguliosdorf bis zum Ulanga folgt
eine unbewohnte, nicht sehr fruchtbare hügelige Steppe,
dann aber wieder im Thal des Ulunga beginnt ein
überaus fruchtbarer Boden. Das Land ist dicht
bevölkert. Die Mafiti und die von ihnen unter-
worfenen Urbewohner Wa-ulanga sind vorzigliche
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Ackerbauer; sie produziren Reis, Mtama, Mais,
Erdnüsse und dergleichen im Ueberfluß, so daß man
sich ihre sonstigen räuberischen Gewohnheiten, da sie
der Mangel dazu in keiner Weise treibt, nur durch
das Bestreben erklären kann, für den heimischen
Ackerbau und für den Verkauf an Küstenhändler
Sklaven zu gewinnen.
Nachdem von dem Nuhndji, einem Quellfluß des
Ulanga, das schroffere, indessen in seinen Thälern
sehr fruchtbare und auf seinen Hängen mit leidlichem
Holz bestandene Randgebirge überschritten war, ge-
langt man auf eine wellige Hochebene, welche im
Durchschnitt 1500 Meter Höhe hat. Dieses Land
ist schwach bevölkert, hauptsächlich durch die wieder-
holten Einsälle der Wahehe und Schabrumaleute.
Wo noch Menschen wohnen, ist es in Kultur, und
allenthalben findet man die Spuren früherer Kultur.
Es ist ein überaus fruchtbares Land mit tiefgründigem
Boden, theils humos, theils lehmig, und hat einen
vollständig anderen Charakter als die niederen Steppen-
gebiete. Während in diesen schilfartige holzige Gräser
überwiegen, gleicht dieses ganze Land einer deutschen
Wiese mit kurzen kräftigen Gräsern und blumigen
Kräutern.
Die Flora erinnert an die europäische; stellen-
weise glaube ich in Deutschland vorkommende Gräser
und Kräuter wiedergesunden zu haben. Wasser ist
überall reichlich in großen und kleinen Gebirgsbächen
und in vorzüglicher Qualität vorhanden. Das Klima
ist kühl und angenehm. Des Morgens sinkt das
Thermometer hin und wieder bis auf 6 Grad Cel-
sins, so daß die Mitglieder der Expedition, welche
hiergegen nicht genügend ausgerüstet waren, viel unter
der Kälte litten. In der Mittagszeit stieg die
Wärme nicht über die eines heimischen Sommertages.
Das dort noch vorhandene Vieh — auch hier hatte
die Seuche ungehener ausgeräumt — sah kräftig und
wohlgenährt aus, Ziegen und Schafe waren im Ver-
hältniß zur vorhandenen Bevölkerung reichlich vor-
handen. Die Bevölkerung selbst ist friedfertig, nur
schwebt sie in sleter Angst vor den Einfällen der
Wahehe. Alle Theilnehmer der Expedition waren
der Ansicht, daß dies ein Land sei, in dem der
deutsche Einwanderer selbstthätig Ackerbau und Vieh-
zucht mit großem Erfolge treiben könnte. Ein Land-
erwerb würde keine Kosten machen, indessen ist ein
Absatz irgend welcher Produkte bisher ausgeschlossen.
Das reichste Land jedoch, welches ich sowohl auf
dieser Reise wie auf allen früheren kennen gelernt
habe, ist die Landschaft Konde im Norden des
Nyassasees. In einer ungefähren Größe von
10 000 Quadratkilometer erhebt sich die Landschaft
in verschiedenen Terrassen vom See bis zur Paßhöhe
des Livingstonegebirges (2000 Meter). Die Bevöl-
kerung möchte ich auf annähernd 50000 bis 75000
Seelen beziffern. Dieselbe wohnt in Dörfern, welche
in dichten Bananenwäldern liegen. Prachtvolle große
Schattenbäume umgeben die einzelnen von Bambus
und Lehm höchst sauber und niedlich hergestellten