Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Hütten. Es ist verhältnißmäßig noch ein reicher 
Viehstand vorhanden. Die Bevölkerung selbst ist 
friedfertig, harmlos und baut außer Bananen, Maniok, 
Mais, Mtama hauptsüchlich die einheimische dunkele 
Bohne, welche ein Hauptnahrungsmittel bildet. Hier 
wie auf dem Hochplateau östlich des Sees kommt 
auch die gewöhnliche europäische weiße Bohne und 
die europäische weiße Erbse sehr vielfach vor. Ein- 
heimische Gurken u. s. w. werden reichlich angebaut; 
das Land lieferte mühelos für die Expedition in 
Langenburg über 15 000 Verpflegungsportionen, 
trotzdem es kurz vor der Ernte war und die Vor- 
räthe eigentlich aufgezehrt waren. In diesem Lande 
geben die verschiedenen Höhenlagen die Möglichkeit, 
den Plantagenbau (Kaffee, Kakao, Thee, Tabak, 
Chinarinde u. s. w.), wie aller anderen tropischen 
Produkte mit großem Erfolge zu betreiben. In den 
höher gelegenen Theilen ist die Ansiedelung deutscher 
Ackerbauer und Biehzüchter unbedingt möglich, 
namentlich für Letztere bietet das weite Grasland, 
welches sich vom Kamme des Livingstonegebirges in 
der Richtung auf den Rikwasee in das Quellgebiet 
des Ruaha erstreckt, unermeßliche, prachtvolle Flächen. 
Auch hier ist neben den reichlichen Niederschlägen 
überall Wasser in Bächen und Flüssen stets vor- 
handen. Indessen fehlt auch hier überall noch die 
Möglichkeit des Absatzes, denn der Transport über 
den Shire und Zambesi zur Küste wird selbst für 
die werthvollsten Kolonialprodukte zu theuer. 
Von der Ameliabucht aus, von welcher man das 
Randgebirge des Sees sehr bequem überschreitet, 
gelangt man in das gleichfalls außerordentlich frucht- 
bare Gebiet der Magwangwara und der unter 
Schabruma slehenden Masiti. Auch dieses ist ein 
leicht gewelltes Hochplateau, welches sich im Durch- 
schnitt 1200 Meter über den Meeresspiegel erhebt. 
Der Voden ist wechselnd vom schweren Lehmboden 
bis zu leichteren Mischungen. Ueberall gedeihen die 
landesüblichen Feldfrüchte in vorzüglichster Weise. 
Namentlich sehr slark betrieben wird die Kultur von 
Erdnüssen, welche ein Hauptnahrungsmittel der 
dortigen Bevölkerung sind. Ebenso wie die Mafiti am 
Ulanga sind die dortigen Einwohner vorzügliche 
Ackerbauer; sie stehen in dieser Beziehung viel höher 
als die Küstenneger, die Felder sind ordentlich und 
regelmäßig in Beeten bestellt, und allenthalben sieht 
man die fleißige Hand des Menschen. Auch hier 
ist niemals die Noth die Triebseder für ihre Rän- 
bereien gewesen. Das Land ist dicht bevölkert; ich 
schätze die unter Schabruma sltehenden Masiti auf 
50.000 bis 60 000 Seelen; nicht geringer dürften 
die Magwangwara (Mharulileute) sein. Das Land 
ist reichlich zu einem Drittel angebaut. 
Nachdem der Luwegu, an dem die bewohnte 
Gegend aufhört, überschritten ist, kritt wieder der 
Steppencharakter etwas mehr hervor, obgleich das 
Land auch hier noch im Durchschnitt 1000 Meter 
hoch und der Boden nicht unfruchtbar ist. Wasser 
war auch hier bis zur Küste überall reichlich vor- 
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handen, indessen waren schon häufige Gewitterregen 
niedergegangen, so daß nicht mit Sicherheit anzu- 
nehmen ist, daß immer so viel Wasser vorhanden ist. 
Handel und Zoll. 
Außer einigen Küstenhändlern, welche am Ulanga, 
bei den Magwangwara und bei Schabruma sitzen, 
ist ein eigentlicher Handel überhaupt nicht vor- 
handen. Die Ausfuhr beschränkt sich auf etwas 
Elfenbein und Kautschuk; in letzterem Artikel kann 
das Land jedoch bei rationeller Wirthschaft sehr viel 
mehr liefern, und sobald bei friedlichen Verhältnissen 
die Nachfrage durch alsdann hinaufgehende Händler 
gesteigert wird, wird die Produktion dieses Artikels 
schnell wachsen. 
In dem reichen Kondelande ist von irgend 
welchem Handel gar keine Rede. Nur für die 
wenigen Lebensmittel, welche die Station Langen- 
burg, die Missionsstationen und die englischen Fak- 
toreien brauchen, werden etwas Stoffe in das Land 
eingeführt. Der hauptsächlich englische Handel vom 
Nyassa geht nach dem Tanganyika= und Rikwasee, 
von wo erhebliche Elfenbeinquantitäten ausgeführt 
werden. Es stellt sich die Nothwendigkeit immer 
mehr heraus, daß wir durch Errichtung einer Zoll- 
schranke vom Nyassa bis zur Nordspitze des Tanga- 
nyikasees unseren Handel schützen. Die Ein- 
nahmen der zu errichtenden Zollstationen werden 
allerdings vorläufig nicht erhebliche sein, aber der 
Einfluß, den sie ausüben werden auf die Entwickelung 
unseres Handels nach unserer Küste hin, wird be- 
deutend sein. 
Zur Befestigung unseres Einflusses, sowohl in 
politischer wie in Handelsbezichung, ist die Errichtung 
einer Station am Südende des Tanganyika sowie 
einer zweiten in der Gegend von Udjüdji unbedingt 
nöthig. In Verbindung mit diesen würde die Er- 
richtung einer Zollschranke keine Schwierigkeiten 
haben, namentlich würde ein Bedarf besonderer 
Beamten nicht entstehen. Die Hauptbedingung für 
eine genügende Wirksamkeit dieser Stationen, sowohl 
in politischer Beziehung wie in der Zollkontrolle, ist 
indeß der Besitz eines Dampfers auf dem Tanga- 
nyikasee. 
  
Allgemein Politisches. 
Der Einfluß, den die Station Langenburg jett 
schon am Nyassa in hohem Maße ausübt, beruht 
nur auf dem Besis des Dampfers „Hermann 
v. Wissmann"“. Die Beförderung eines anderen 
Dampfers nach dem Tanganyika (vielleicht Peters- 
dampfer) muß eine der ersten Bestrebungen der 
Zukunft sein. Von weither schicken die eingeborenen 
Häuptlinge, namentlich die im Norden des Sees 
wohnenden, Gesandtschaften. Der bekannte Merere 
ist vor einiger Zeit gestorben. Der vom Volke er- 
wählte Nachfolger erbat sich die Bestätigung seiner 
Wahl vom Stationschef von Langenburg. Ebeuso 
haben mächtige Häuptlinge, welche noch nördlich von
	        
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