nun unterhalb 1300 Meter beschaffen? Da wird es
genügen, zu sagen, daß im ganzen Osten des Berges
von Muika bis hin nach Kimangelia die typischste,
ausgesprochenste Steppe mit Akazien und Kandelaber-
Euphorbien bis zu dieser Höhe, ja noch weiter am
Berge hinaufsteigt.
Von Muika bis zum äußersten Westen bis Schira
wird man rund 1000 Meter als oberste Steppen-
grenze angeben können, und es bleibt also hier ein
Streifen von 300 Meter Steigungshöhe, über dessen
Bebauungsfähigkeit ich mich auszusprechen hältte.
Eine zusammenhängende meteorologische Zahlenreihe
liegt mir für diese Zone nicht vor. Ich kann nur
Folgendes andenten.
Einen tropischen Charakter hat der Strich nir-
gends, überall ist Trockenheit seine Signatur. Nur
unmittelbar an den Flüssen und da und dort, wo
solche sich nähern, auch im zwischenliegenden Gebict,
kommt es zu einer Waldflora. Im Uebrigen bedeckt
zumeist dichter Busch das Land, in dem es an
Dornsträuchern, Succulenten, überhaupt Arophyten
nicht mangelt. Kultur ist jedenfalls möglich, das
beweisen die besonders von Kilema und Moschi aus
weit vorgeschobenen Mais= und Bohnenfelder, aber
sie ist erschwert darum, weil sich eine künstliche Be-
wässerung hier nicht so leicht bewerkstelligen läßt wie
oberwärls, wo die Bäche noch getrennt verlaufen.
So viel kann ich bestimmt behaupten, es werden nur
beschränkte Lokalitälen sein, an denen man mit dem
Anbau von Kaffee, Vanille, Erdnuß, Tabak, Ma-
nihot Glaziovii u. s. w. Bersuche machen könnte.
Am vielversprechendsten dürfte die Kultur der Lan-
dolphia florida sein, da diese an den Steppenflüssen
wild vorkommt.
Nach dieser Abschweifung, zu der mich die Ver-
suchsersolge Bruder Blanchards verführt haben,
setze ich mit diesem die Wanderung fort. Wir ver-
lassen den Garten und bewegen uns auf einer breiten,
von Dracänen eingefaßten Straße fort, die vom
Kirchenthor nach Osten führt. Sie mündet bei einem
regelrechten kleinen Dorf, dem einzigen am Berge.
Schon die Bauart der Hütten, Giebelhäuschen mit
einer Veranda davor, beweist, daß hier keine Wa-
dschagga wohnen. Wasuaheli hausen darin, ehemalige,
jetzt zu Mann und Frau verbundene Zöglinge aus
Bagamoyo, die man hier angesiedelt hat, um als
freie Arbeiter, als Tischler, Maurer und Schmiede
vor Allem, gegen Lohn auf der Mission thätig zu
sein. Jede Familie, deren Besitzthum von unzähligen
Hühnern bevölkert ist, bebaut nebenher ein kleines
Stück Eigenland, das die nöthigen Bohnen, süßen
Kartoffeln u. s. w. für den Haushalt liesert. Er-
reicht ist mit einer derartigen Käthnerwirthschaft,
wenn man es so nennen will, daß die im Christen-
thum auferzogenen und zu einem Handwerk an-
gelernten Neger ständig unter Aufsicht ihrer Lehrer
bleiben. Sie selbst und mehr noch natürlich ihre
Kinder gehen nicht wieder verloren, wie es nur zu
häufig geschieht, sobald sich ihr Leben später zwanglos
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unter der heidnischen oder mohammedanischen Vetter-
und Freundschaft abspinnt. Einige Hundert Schritt
hinter dem Dorse sieht man links die Jühlkeshöhe
aufragen, einen runden, kahlen, rothgetönten Tuff-
hügel, auf dessen Spiße der Häuptling von Kilema,
Fumba, seine Weiber in einem umfriedeten Hütten-
komplex eingeschlossen hält; rechts gelangt man zu
der Musschlucht, die am jenseitigen User durch eine
weit in die Ebene vorspringende Bergkette begleitet
wird. Die bedeutendste Erhebung der letzteren, die
Petershöhe, auf der eine einzelne große Akazie ein
weithin sichtbares trigonometrisches Signal abgiebt,
hatte ich vor einigen Wochen erklommen, aber den
schwierigen, durch dichtes Gebüsch ungemein behin-
derten Anstieg durch keine besonders schöne Aussicht
belohnt erhalten.
Wir lehren zur Mission zurück und finden dort
Fumba vor, der gekommen ist, mir ein Schaf als
Gastgeschenk zu bringen. Er ist ein großer, kräftig
gebauter Mann, gewiß überragt er die meisten seiner
Unierthanen um Haupteslänge, indessen steht seine
Machtgewalt mit dieser körperlichen Erscheinung nicht
in Einklang. Man sieht ihm den Trinker an, und
darauf mag es zurückzuführen sein, daß die Befehle,
die er giebt, fast immer wirkungslos bleiben. Kom-
pagniechef Johannes mußte das erfahren, als er be-
strebt war, durch einen Einheitstarif den Preis der
Lebensmittel auf eine einigermaßen ihrem Werthe
entsprechende Höhe herabzudrücken. In Kilema und
Marangu war das einfach nicht zu erreichen, darum
nicht, weil die betreffenden Mangis durch Trunk und
Liebe zu energielosen Schattenfiguren gesunken sind.
Man darf nun freilich nicht glauben, daß damit
Anarchie herrsche; in allen Landschaften regieren
neben dem Mangi noch die Aliden, die Aeltesten,
im Stillen zumeist, aber auch äußerlich erkennbar,
dann z. B., wenn es sich um die Neubesehung eines
erledigten Thrones handelt. Fumba erzählt mir, daß
er seine Boma, an der wir heute Mittag vorüber-
gekommen sind, verlassen und seinem Sohne Ma-
bruka, einem stämmigen Burschen von 15 bis
16 Jahren etwa, übergeben wolle. Er sei im Be-
griff, sich südlich nach der Ebene zu, wo auch seine
Vorfahren schon residirt hätten, eine neue zu bauen.
Den Grund verschweigt er mir. Es geschieht, weil
es ihm unbehaglich ist, so unmittelbar an der Straße
zu sitzen, an der fast tagtäglich seine Besieger auf
dem Hin= und Herwege zwischen Moschi und Ma-
raugu vorüberziehen. Jeder Askari mag ihn an die
Kriegskontribution, 100 Ochsen, erinnern, die es ihm
und dem jeßigen Machthaber ungemein schwer wird,
von seinem Herzen loszureißen.
Am Abend, nach dem Essen, erfahre ich von
P. Flick so Manches noch über die Mission, das
auch in weiteren Kreisen interessiren dürfte. Ich
gebe hier Einiges, was deren Geschichte angeht.
Gegen Ende des Jahres 1890 begaben sich, mit
Mitteln des Deulschen Afrika-Vereins ausgerüstet, der
Bischof de Courmont und die PP. Gommen-