Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Wenige Tage darauf holte er sich selber einen 
Knax, einen ihn sofort todt niederstreckenden Schuß 
in die Seite. Blumen der Heimath, rothe Geranien 
und Balsaminen, Cineraria und Tropaeolum standen 
jetzt bereits auf dem einfachen Grabe in üppigstem 
Flor. Ein Holzkreuz, aus einer Thür der feindlichen 
Boma gefertigt, kündet den Namen und Stand, eine 
hohe Albizzia maranguensis, in ihrem Wuchs einer 
Traueresche nicht unähnlich, wölbt ihre Zweige dar- 
über her. 
In unmittelbarer Nähe des Grabes weisen nur 
wenige Spuren noch auf die Stätte, wo Melis 
Boma gestanden. Was von den Steinen und dem 
Holzwerk derselben brauchbar war, hat bei dem Bau 
des Forts Verwendung gefunden. Auch aus dem 
tiesen Graben, um dessen Besitz der heißeste Kampf 
stattgesunden und der die meisten Opfer gekostet hat, 
erhebt sich schon eine so dichte Vegetation, daß bald 
nichts mehr von ihm zu erkennen sein wird. Wir 
begeben uns weiter an den Rand des Sangatschi- 
thals. Deutlich erblickt man drüben auf der anderen 
Seite den Weg, der von der Steppe her herauf- 
führt. An ihm, etwas weiter oben, sind Wolsrum 
und v. Bülow gefallen. Dort standen die Gebäude 
der Niederlassung, die die Deutsch-Ostafrikanische Ge- 
sellschaft begründete, da die ehemalige Militärstation. 
Nichts, nichts von Allem ist geblieben. 
Selbst an die englische Mission, die von allen 
europäischen Ansiedlungen am höchsten gelegen war, 
gemahnt uns kein äußerliches Zeichen. Von Taveta 
aus begründet, erstreckte sich ihre Wirksamkeit, der 
auch in ihrem politischen Nebenzweck der Erfolg ver- 
sagt geblieben ist, über 7 Jahre hinans, von 1885 
bis 1892. 
Als wir nach dem Fort zurückkehren, hat sich 
Meli daselbst mit einer größeren Zohl von Akiden 
eingefunden. Ich sah ihn nicht zum ersten Mal. 
Damals steckte er in europäischer Tracht und sah 
darin einem vierschrötigen Bauernjungen nicht 
unähnlich. Das Gewand, welches er heut trug, 
ein weißes, langes, am Rande mit Perlen besettes 
Baumwolltuch, das wie eine Toga umgeschlagen war, 
kleidete ihn um Vieles vortheilhafter. Aus seinem 
ziemlich hellfarbigen Gesicht, das namentlich durch 
die ausgeprägt griechische Nase und etwas hervor- 
quellende Augen charakterisirt ist, spricht Simmlichkeit, 
dagegen meinem Gesühle nach nichts von Beschränkt- 
heit. Als er von der stolzen Höhe, auf die er sich 
nach seinem Siege über die Deutschen erhoben hatte, 
plötzlich herabgestürzt war, konnte er in seiner Denk- 
art als Neger nichts Anderes erwarten, als daß sein 
letztes Stündlein geschlagen habe. 
Sieht man ihn jetzt, namentlich wenn er im Verkehr 
mit seinen Akiden sich unbeobachtet glaubt, so kann 
man sich der Besorgniß nicht erwehren, daß er, wie 
sein Vater Mandara, trotz des harmlosen Aeußeren 
doch zu den verschlagenen Füchsen gehört, die ihre 
  
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Zeit abzuwarten verstehen. Jedenfalls ist Vorsicht 
ihm gegenüber geboten, und es war sehr in Ordnung, 
daß der „neue Herr“ ihm zum Hüttenbau einen 
Platz angewiesen hat, der für die Kanonen des Forts 
das denkbar günstigste Ziel abgiebt. 
Dem Verwaltungsbericht der Deutsch-Ostafrikanischen 
Gesellschaft 
entnehmen wir Folgendes: 
„Die Fortbildung unserer Unternehmungen hat 
sich im Jahre 1893 in guter Weise vollzogen. Unser 
Handelsbetrieb weist auf der ganzen Linie eine be- 
merkenswerthe Besserung des Erfolges auf, und auf 
unseren großen Pflanzungen entspricht der Stand 
der Kulturen allen berechtigten Erwartungen. Die 
hünstige Entwickelung unserer Plantagen ist für die 
allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnisse Deutsch- 
Ostafrikas von außerordentlicher Bedeutung, weil 
dieses Land, dessen Erzeugungsfähigkeit bis zum Ein- 
setzen der deutschen Kolonisation fast gänzlich unaus- 
genußt geblieben ist, nur durch Einführung neuer 
Produltionszweige einen Aufschwung nehmen kann. 
Den Umfang unserer landwirthschaftlichen Thätigkeit 
haben wir abermals weiter zunehmen lassen und 
sind dabei darauf bedacht geblieben, durch die Ver- 
schiedenartigkeit der Kulturen ein vielseitiges Bild 
zu geben. Was wir in Betreff des Kaffees schon 
heute erreicht haben, wird von allen Sachkundigen 
als ein bedeutender Erfolg angesehen, und es ist 
daraus die allgemeine Ueberzeugung hervorgegangen, 
dem Kaffee stehe in Usambara eine glänzende Zu- 
kunft sehr bald bevor. Infolge dessen ist bei vielen 
Faktoren der Wunsch, eigene Kasseeunternehmungen 
in Usambara zu eröffnen, wach und praktisch ge- 
worden. Unsere eigenen Kaffeepflanzungen stehen 
nunmehr in ihrem dritten Lebensjahr, und der Zeit- 
punkt des ersten Ertrages liegt also nicht mehr 
allzuweit vor uns. Beide Plantagen, Derema wie 
Aguelo, haben sich fortgesetzt günstig entwickelt; von 
Derema aus ist neuerdings die Tochteranstalt Herue 
auf dem anderen Ufer des Sigi, von Nguelo aus 
die Tochteranstalt Union (an Rguelo sich auschließend) 
geschaffen worden. Ueber die auf Derema in kleinem 
Stil inszenirten Kuliuren von Thee, Kakao, Kar- 
damom und anderen Pflanzen ist ein abschließendes 
Urtheil heute noch nicht zu fällen. Eine besondere 
Plantage für Kakao und Liberiakaffee will der 
Leiter von Derema, Herr Cowley, in dem niederen 
Hügelgebiet östlich des Sigiflusses demnächst an- 
legen. Um die Plantagen Derema und Nguelo und 
ihre Filialen in angemessene Verkehrsbeziehungen 
zum Tieflande in der Nichtung auf Tanga, insonder- 
heit zu der demnächstigen Eisenbahn zu bringen, sind 
wir, die erheblichen Kosten nicht scheuend, zu einer 
eigenen Wegeanlage geschritten.
	        
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