Das Syndikat für südwestafrikanische Siedelung
hat den bisherigen Generalvertreter des Deutschen
Antisklaverei-Komitees in Ostafrika, Königlich
bayerischen Lieutenant der Landwehr und Landwirth
Carl Weiß, zum Generalvertreter für Südwestafrika
bestimmt.
Herr Weiß, welcher erst vor Kurzem aus Ost-
afrika zurückgekehrt ist, wird ohne längeren Aufenthalt
in Deutschland zu nehmen, sich sofort auf seinen
Posten begeben und mit dem am 16. Juni von
Hamburg abgehenden direkten Dampfer „Lulu Bohlen“
die Ausreise antreten.
Aeuberungen eines in Südafrika lebenden Deutschen
über die verhältnisse im südwestafrikanischen Schutz-
Febiete.
Ein seit vielen Jahren in Südafrika angesessener
Deutscher, welcher die Entwickelung unseres Schutz-
gebietes mit lebhaftem Interesse verfolgt, hat über
die zur Beruhigung des Landes nothwendigen Maß-
nahmen Vorschläge unterbreitet. Seiner Denkschrift
entnehmen wir Folgendes:
„In öffentlichen Kreisen Deutschlands wird sehr
häufig das Verhallen des Majors v. Frangois
einer abfälligen Kritik unterzogen. Demgegenüber
möchte ich die Frage aufwerfen: Wie kann man
von einer etwa 250 Mann starken Abtheilung die
Sicherung eines Gebietes von etwa 350 000 Ouadrat-
kilometern erwarten? (Ich spreche nicht von weiteren
400 000 Quadratkilometern im Norden, dessen Bantu-
bevölkerung erst für spätere Zeit in Betracht kommt.)
Die Regierung in Kapstadt hat besagten Land-
strich deshalb aufgegeben, weil ihre erfahrenen Näthe
(Palgrave und andere) das Kapland für zu schwach
schätzten, in einem so ungeheneren Gebiete Ordnung
zu machen. Sachverständige und alte Südafrika-
Kenner wundern sich, daß v. Frangois so viel
geleistet.
Seinem vollen Erfolge stehen entgegen:
1. die Größe des Gebietes;
. die dünne Bevölkerung des Landes, verursacht
durch die ewigen Fehden der Bastarde, Hotten-
totten und Hereros;
1#.
3. die dadurch hervorgerufene Unwirthlichkeit des
Landes;
4. die Leichtigkeit, mit welcher sich die Näuber
verproviantiren, und deren Genügsamkeit darin
im Vergleiche zum Europäier;
.der Zwang, welchen die Ränber auf die sried-
liche Bevölkerung ausüben und welcher sic vor
Verrath schüßt;
6. die Sicherheit der Rückzugslinien der Näuber.
Um Frieden herzustellen, müssen drei weitere
Stationen errichtet werden, jede so stark wie die des
Kapitäns v. Frangois:
##:
1. in Angra Peaben, verbunden durch Kabel mit
Tsoak-Kaphafen;
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2. in der Nähe des Orangeflusses, Bethanien oder
Warmbad;
3. halbwegs Windhoet und der Südstation.
Die Ausgaben werden zuerst beträchtlich sein.
Ist jedoch Ruhe hergestellt, so werden sich mit leichter
Mühe Einnahmen erzielen lassen, welche genügen, die
nothwendigen Sicherungseinrichtungen zu unterhalten,
zumal wenn außer dem Süden auch Herero= und
Ovamboland pazifizirt sind.“
Der Schreiber schildert dann seine Gedanken über
die Art der Besiedelung des Schutzgebietes und fährt
fort: Südlich von Windhoek und im Osten wird sich
Deutsch-Südwestafrika als beste Weide für Millionen
von Schafen, Angoraziegen und Vieh erweisen.
Nördlich davon bis zum Kunene und Okarangu ist
Ackerboden im Ueberfluß und regelmäßiger Regen.
Der Aufenthalt in den trockenen Distrikten der
Kaplolonie bringt Heilung bei sehr schweren Lungen-
leiden. Gerade so auch Lüderißland.
Wie die Veröffentlichungen über Gründung von
Militärstationen in der letzten und der heutigen
Nummer des Kolonialblattes besagen, ist der Vor-
schlag des Schreibers durch die inzwischen eingetre-
tenen Ereignisse überholt worden, und kann wohl
angenommen werden, daß mit der Errichtung dieser
Posten der endgültigen Wiederkehr ruhiger Zustände
wirksam vorgearbeitet ist.
Rus dem Berriche der Missionen und
der Antisklaverei-Bewegung.
The Church Aissionary lotelligencer macht
in seinem Maihefte auf die interessante Thatsache
aufmerksam, daß den Wasaramo-Negern in Deutsch-
Ostafrika ein mit Rücksicht auf ihre niedere Kultur-
stufe höchst erstaunlicher Wissensdrang beiwohnc. Ihr
Ehrgeiz, sich den Stammesgenossen gegenüber als
Lesekundige zu zeigen, sei ein so großer, daß sie in
Ermangelung anderer Lektüre mit regstem Eifer dem
Studium des Koran oblägen. Dieser Umstand sei
dem Prior der katholischen Mission in Dar-es-Saläm
nicht entgangen, der schon seit geraumer Zeit eine
höchst lobenswerthe Thätigkeit entfalte, um durch
Darbietung von Lesesloff diese erfreuliche Neigung
der Yumben von Usaramo für die Kulturarbeit der
Mission fruchtbar zu machen.
Das gleiche Heft widmet dem leider so früh ver-
storbenen Professor des Suaheli am orientalischen
Seminar in Berlin, Dr. Karl Büttner, einen warmen
Nachruf, als cinem Mannc, dessen Leistungen auf
wissenschaftlichem Gebiete nur von seinem glühenden
Eifer bei Förderung der Interessen Afrikas über-
troffen worden seien.
Der Kaiserliche Gonverneur von Deutsch-Ostafrika
wird in diesem Ekatsjahre die Höchstsumme der den
verschiedenen Missionsgesellschaften zurückzuerstattenden