Nach zwei kurzen Tagemärschen und einem Nacht-
marsch bei Neumond kam ich mit der aus 3 weißen
Offizieren, 3 weißen Unteroffizieren und 116 Askaris
bestehenden 6. Kompagnie bei Tagesanbruch am
4. Juni in Mavpudje an. Die Häuser waren sämmt-
lich verlassen; einzelne auf den Schamben aufgegriffene
Schwarze berichteten, daß Hassan bin Omar bereits
am Tage unseres Abmarsches von Kilwa die Nach-
richt von dem Herannahen der Kompagnie bekommen
hätte, mit seinem Anhang in die Berge geflohen und
entschlossen sei, sich dort zu vertheidigen. Auf diese
Nachricht hin marschirte ich an demselben Tage durch
das blühende Mavudjethal, welches aus einer zu-
sammenhängenden Reihe von Schamben mit Mtama,
Reis, Erdnüssen, Bohnen u. s. w. besteht, weiter und
kam nach angestrengten Märschen am 6. Juni in
Kiswere an, woselbst die erwartete 5. Kompagnie
aus Lindi in der Stärke von 2 Offizieren, 1 Unter-
offizier und 87 Mann, außerdem noch der Bezirks-
amtmann Freiherr v. Eberstein angetroffen wurden.
Zur Auffüllung der Verpflegung wurde am 7.
ein Ruhetag in Kiswere gemacht; am 8. wurde der
Rückmarsch nach Mavudje angetreten, woselbst wir
am 10. mittags um 1 Uhr ankamen. Lieutenant
Nötel, der sich mit perniziösem Fieber gelegt hatte,
traf am Nachmiltage, in einer Hängematte getragen,
in unserem Lager ein.
Schon während unseres Anmarsches hatten ver-
einzelte Schüsse auf die Abtheilung Zeuguiß von der
feindseligen Haltung der Bevölkerung abgelegt, auch
während des Aussuchens eines geeigneten Lagerplatzes
wurden wir durch Schüsse aus den dichtstehenden
Mtamafeldern belästigt, so daß ich um 2 Uhr be-
schloß, eine Rekognoszirung in das umliegende Ge-
lände zu unternehmen. Ein Zug der 5. Kompagnie
blieb zur Bewachung der Träger und Lasten und
zum Aufschlagen des Lagers zurück. Gleich zu An-
fang der Rekognoszirung fiel der Ombascha Fadlallah
Ibrahim des 1. Zuges der 6. Kompagnie, aus dem
dichten Mtama aus ganz kurzer Entfernung durch
die Lunge geschossen.
In breiter Frontk wurde vorsichtig, Richtung auf
die Berge, wo nach Aussage eines gefangenen Mäd-
chens die Stellung des Hassan bin Omar sein sollte,
vorgegangen, von Zeit zu Zeit in das absolut un-
übersichtliche Gelände Salven feuernd. Vor einem
steilen Hügel angekommen, wurden wir von der Höhe
desselben durch einzelne feindliche Schüten beschossen,
die durch eine vorausgesandte Patrouille und die
nachfolgende Hauptabtheilung vertrieben wurden.
Von oben hatte man die Aussicht auf einen
gegenüberlicgenden sehr steilen Berg, der in einzelnen
Terrassen zu einer tiesen Schlucht abfiel, welche mit
hohem Grase und Gestrüpp bestanden war und sich
zwischen dem besagten Hügel und dem Berge hinzog.
Der Berg selbst war mit dichtem Busch bewachsen
und mit großem Steingeröll bedeckt.
Von den Terrassen her wurden wir mehrfach
beschossen, durch die aufsteigenden Rauchwölkchen
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wurde der ungefähre Aufenthaltsort der feindlichen
Schützen gegeben, ohne daß man dieselben selbst
sehen konnte.
Es wurden einige Salven auf die gegenüber-
liegende Felswand abgegeben, worauf die Abtheilung
wegen der mittlerweile vorgerückten Zeit und der
Ermüdung der Truppen nach dem Lager zurück-
marschirte. Mehrere von den Feinden uns nach-
gesandte Schüsse waren erfolglos.
In der Nähe des Lagers wurde noch an dem-
selben Abend der Ombascha Fadlallah Jbrahim
begraben.
Die Nacht auf den 11. Juni verlief wider Er-
warten ohne Störung. Frühmorgens wurde Lieute-
nant Nötel durch den Lazarethgehülfen Thelips
unter Bedeckung nach Kilwa transportirt, während
um 6 Uhr 30 Minuten die Abtheilung zum Augriff
gegen die Stellung der Mavudjeleute abrückte.
Meine Absicht war, durch Salvenfeuer die
Stellung des Feindes zu erschüttern und dann zu
stürmen.
.Schon von dem mehrerwähnten steilen Hügel
herab wurden wir mit Gewehrschüssen empfangen;
durch eine starke Patrouille wurden die seindlichen
Schützen vertrieben, während die Hauptabtheilung
um den Hügel herumging. Als dieselbe ungefähr
der steil abfallenden Bergwand gegenüber war, wurde
von dort aus ein lebhaftes Feuer auf uns eröffnet,
was durch Salven, nach dem aufsteigenden Pulver-
rauch gerichtet, erwidert wurde. Von den Feinden
war wiederum nichts sichtbar, obgleich wir kaum
100 Schrikt (Luftlinie) voncinander entfernt waren.
Den 1. Zug der 5. Kompagnie schickte ich auf eine
Kuppe des Hügels, in der Hoffnung, daß von dieser
höher gelegenen Stelle die Feinde gesehen werden
könnten, was aber auch nicht der Fall war.
Da außerdem unser Salvenfeuer wegen der vor-
züglichen Deckungen, in denen die feindlichen Schühen
lagen, ohne jeglichen merkbaren Ersolg blieb, beschloß
ich, unverzüglich zum Sturm überzugehen, umsomehr,
als ich die Meldung von Lieutenant v. Kleist erhielt,
daß bereits 4 Askaris der 5. Kompagnie verwundet
seien. Dieselben wurden unter Bedeckung nach dem
Lager zurückgebracht und dort von dem Bezirksamt-
mann Freiherrn v. Eberstein verbunden.
Der 1. und 2. Zug der 6. Kompagnie gingen
gegen die linke Flanke, der 3. Zug der G. Kompagnie
und die 5. Kompagnie gegen die Front der feind-
lichen Stellung unter sletem Feuer der Gegner vor
und kletterten die steilen Bergwände mit großer
Bravour hinauf. Der Feind wich nicht eher aus
seiner Stellung, als bis dieselbe thatsächlich ge-
nommen war.
In der Stellung selbst lagen vier todte Mavudje-
leute; gesundene Blutspuren lassen auf mehr Ver-
wundete schließen. Nach in Kilwa eingetroffenen
Nachrichten sollen 15 Mavudjelente gefallen und
ebenso viele verwundet sein.