Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Nach zwei kurzen Tagemärschen und einem Nacht- 
marsch bei Neumond kam ich mit der aus 3 weißen 
Offizieren, 3 weißen Unteroffizieren und 116 Askaris 
bestehenden 6. Kompagnie bei Tagesanbruch am 
4. Juni in Mavpudje an. Die Häuser waren sämmt- 
lich verlassen; einzelne auf den Schamben aufgegriffene 
Schwarze berichteten, daß Hassan bin Omar bereits 
am Tage unseres Abmarsches von Kilwa die Nach- 
richt von dem Herannahen der Kompagnie bekommen 
hätte, mit seinem Anhang in die Berge geflohen und 
entschlossen sei, sich dort zu vertheidigen. Auf diese 
Nachricht hin marschirte ich an demselben Tage durch 
das blühende Mavudjethal, welches aus einer zu- 
sammenhängenden Reihe von Schamben mit Mtama, 
Reis, Erdnüssen, Bohnen u. s. w. besteht, weiter und 
kam nach angestrengten Märschen am 6. Juni in 
Kiswere an, woselbst die erwartete 5. Kompagnie 
aus Lindi in der Stärke von 2 Offizieren, 1 Unter- 
offizier und 87 Mann, außerdem noch der Bezirks- 
amtmann Freiherr v. Eberstein angetroffen wurden. 
Zur Auffüllung der Verpflegung wurde am 7. 
ein Ruhetag in Kiswere gemacht; am 8. wurde der 
Rückmarsch nach Mavudje angetreten, woselbst wir 
am 10. mittags um 1 Uhr ankamen. Lieutenant 
Nötel, der sich mit perniziösem Fieber gelegt hatte, 
traf am Nachmiltage, in einer Hängematte getragen, 
in unserem Lager ein. 
Schon während unseres Anmarsches hatten ver- 
einzelte Schüsse auf die Abtheilung Zeuguiß von der 
feindseligen Haltung der Bevölkerung abgelegt, auch 
während des Aussuchens eines geeigneten Lagerplatzes 
wurden wir durch Schüsse aus den dichtstehenden 
Mtamafeldern belästigt, so daß ich um 2 Uhr be- 
schloß, eine Rekognoszirung in das umliegende Ge- 
lände zu unternehmen. Ein Zug der 5. Kompagnie 
blieb zur Bewachung der Träger und Lasten und 
zum Aufschlagen des Lagers zurück. Gleich zu An- 
fang der Rekognoszirung fiel der Ombascha Fadlallah 
Ibrahim des 1. Zuges der 6. Kompagnie, aus dem 
dichten Mtama aus ganz kurzer Entfernung durch 
die Lunge geschossen. 
In breiter Frontk wurde vorsichtig, Richtung auf 
die Berge, wo nach Aussage eines gefangenen Mäd- 
chens die Stellung des Hassan bin Omar sein sollte, 
vorgegangen, von Zeit zu Zeit in das absolut un- 
übersichtliche Gelände Salven feuernd. Vor einem 
steilen Hügel angekommen, wurden wir von der Höhe 
desselben durch einzelne feindliche Schüten beschossen, 
die durch eine vorausgesandte Patrouille und die 
nachfolgende Hauptabtheilung vertrieben wurden. 
Von oben hatte man die Aussicht auf einen 
gegenüberlicgenden sehr steilen Berg, der in einzelnen 
Terrassen zu einer tiesen Schlucht abfiel, welche mit 
hohem Grase und Gestrüpp bestanden war und sich 
zwischen dem besagten Hügel und dem Berge hinzog. 
Der Berg selbst war mit dichtem Busch bewachsen 
und mit großem Steingeröll bedeckt. 
Von den Terrassen her wurden wir mehrfach 
beschossen, durch die aufsteigenden Rauchwölkchen 
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wurde der ungefähre Aufenthaltsort der feindlichen 
Schützen gegeben, ohne daß man dieselben selbst 
sehen konnte. 
Es wurden einige Salven auf die gegenüber- 
liegende Felswand abgegeben, worauf die Abtheilung 
wegen der mittlerweile vorgerückten Zeit und der 
Ermüdung der Truppen nach dem Lager zurück- 
marschirte. Mehrere von den Feinden uns nach- 
gesandte Schüsse waren erfolglos. 
In der Nähe des Lagers wurde noch an dem- 
selben Abend der Ombascha Fadlallah Jbrahim 
begraben. 
Die Nacht auf den 11. Juni verlief wider Er- 
warten ohne Störung. Frühmorgens wurde Lieute- 
nant Nötel durch den Lazarethgehülfen Thelips 
unter Bedeckung nach Kilwa transportirt, während 
um 6 Uhr 30 Minuten die Abtheilung zum Augriff 
gegen die Stellung der Mavudjeleute abrückte. 
Meine Absicht war, durch Salvenfeuer die 
Stellung des Feindes zu erschüttern und dann zu 
stürmen. 
.Schon von dem mehrerwähnten steilen Hügel 
herab wurden wir mit Gewehrschüssen empfangen; 
durch eine starke Patrouille wurden die seindlichen 
Schützen vertrieben, während die Hauptabtheilung 
um den Hügel herumging. Als dieselbe ungefähr 
der steil abfallenden Bergwand gegenüber war, wurde 
von dort aus ein lebhaftes Feuer auf uns eröffnet, 
was durch Salven, nach dem aufsteigenden Pulver- 
rauch gerichtet, erwidert wurde. Von den Feinden 
war wiederum nichts sichtbar, obgleich wir kaum 
100 Schrikt (Luftlinie) voncinander entfernt waren. 
Den 1. Zug der 5. Kompagnie schickte ich auf eine 
Kuppe des Hügels, in der Hoffnung, daß von dieser 
höher gelegenen Stelle die Feinde gesehen werden 
könnten, was aber auch nicht der Fall war. 
Da außerdem unser Salvenfeuer wegen der vor- 
züglichen Deckungen, in denen die feindlichen Schühen 
lagen, ohne jeglichen merkbaren Ersolg blieb, beschloß 
ich, unverzüglich zum Sturm überzugehen, umsomehr, 
als ich die Meldung von Lieutenant v. Kleist erhielt, 
daß bereits 4 Askaris der 5. Kompagnie verwundet 
seien. Dieselben wurden unter Bedeckung nach dem 
Lager zurückgebracht und dort von dem Bezirksamt- 
mann Freiherrn v. Eberstein verbunden. 
Der 1. und 2. Zug der 6. Kompagnie gingen 
gegen die linke Flanke, der 3. Zug der G. Kompagnie 
und die 5. Kompagnie gegen die Front der feind- 
lichen Stellung unter sletem Feuer der Gegner vor 
und kletterten die steilen Bergwände mit großer 
Bravour hinauf. Der Feind wich nicht eher aus 
seiner Stellung, als bis dieselbe thatsächlich ge- 
nommen war. 
In der Stellung selbst lagen vier todte Mavudje- 
leute; gesundene Blutspuren lassen auf mehr Ver- 
wundete schließen. Nach in Kilwa eingetroffenen 
Nachrichten sollen 15 Mavudjelente gefallen und 
ebenso viele verwundet sein.
	        
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