Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Raianlage in Ramerun. 
Nach einer Mittheilung des Kaiserlichen Gouver- 
neurs ist der deutsche Dampfer „Gaiser“ zwecks 
Vornahme von Reparaturen auf das kürzlich fertig- 
gestellte Slip aufgeschleppt worden. Besagter Dampfer, 
der gleichnamigen Hamburger Firma, welche ihre 
Hauptfaktorei in Lagos hat, gehörig, hat einen Nelto- 
raumgehalt von 197 Registertons und 157 indizirte 
Pferdekräfte. Da abgesehen von der in Kamerun 
geschaffenen Einrichtung in dortiger Gegend ein Dock, 
wo größere Reparaturen an Schiffen ausgeführt 
werden könnten, nicht besteht, so ist die Erwartung 
berechtigt, daß die Küstendampfer, statt zwecks Aus- 
besserung eine langwierige Reise nach Europa zu 
unternehmen, den Hafen von Kamernn aussuchen 
werden. Als Beginn dieser Entwickelung ist die 
jetzige Inanspruchnahme der Kameruner Neparatur- 
werkstätte durch den Dampfer „Gaiser“ freudig zu 
begrüßen. 
Togu. 
Ueber die Anlage einer Station in Kratji unter Auf- 
gabe Bismarckburgs 
hat der dortige Stationschef Premierlieutenant Dörin 
unterm 12. Mai den nachfolgenden Bericht erstattet: 
„Gestern bin ich von einer einmonatigen Reise 
aus der Oti= und Volta-Gegend zurückgekehrt. Ich 
habe dabei auch Kete-Kratji besucht und die Ver- 
hältnisse dort, die meines Erachtens dringend einer 
Aufbesserung bedürfen, während meines sechstägigen 
Aufenthalts möglichst eingehend kennen zu lernen 
gesucht. Dabei habe ich die feste Ueberzeugung ge- 
wonnen, daß die Anlage einer Station in Kete eine 
Nothwendigkeit ist. 
Auf den mir zu Gebole slehenden Karten ist 
Kete noch mit einer Hüttenanzahl von 600 bezeichnet. 
Ich schäßte Kete jetzt auf 2000 Hütten, so hat es 
sich seit den Kämpfen um Salaga und auch noch durch 
Zuzug von Fremden aus aller Herren Länder vermehrt. 
Alle Erzeugnisse des Sudans werden in Kete zu 
Markt gebracht. Ich sah dort nicht nur Leute aus 
Salaga und Yendi, die letzteren wiederum mit Er- 
zeugnissen des Moshi-Landes — Elfenbein und 
Stoffen —, sondern von Westen aus Gyaman, von 
Bontuku, Ateobu und Kintampo, von Osten aus 
Yoruba und vor Allen natürlich Haussahs. Die 
Haussahs halten regen Verkehr mit dem Mutter- 
lande. Von Ngaundere und VYola, von Kano 
und den weiteren Sudanstaaten Bornu und selbst 
Bagirmi treffen Leute hier ein. Ich sprach mehrere 
Haussahs, die Timbuktu, zwei, die sogar Tripolis 
kannten, ein Beispiel für den diesem Volke inne- 
wohnenden Wander= und Handelstrieb. Auf dem 
Rückmarsch nach Dutukpenne traf ich eine wohl 
300 Köpfe zählende Haussah-Karawane, die frischen 
Zuzug aus Sokoto brachte; sie führte eine Menge 
beladener Pferde, Buckelrinder und wohl 60 oder 
mehr Esel mit sich. 
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In Kete wohnt natürlich eine große Menge 
Küstenhändler. Sie kaufen hier in Massen die Er- 
zeugnisse des Inlandes ein, besonders Kautschuk, 
Sheabutter, Elfenbein und Palmöl. Als Wege zur 
Küste dienen Landwege und der Volta. Wer auf 
dem Volta seine Waaren herabbefördern will, muß 
sich einen Einbaum kaufen. Zur Zeit des hohen 
Wasserstandes kommt ein der Firma Chevalier ge- 
höriges Dampfboot den Volta hinauf. Von den 
Landwegen soll der nach Lome der beste sein. 
Leider sind die Verkehrsverhältnisse in Kratji 
denkbar ungünstig. Die Haussahs werden von den 
Eingeborenen in jeder Weise vergewaltigt. Raub, 
Diebstahl, Betrug und mit diesen Verbrechen ver- 
bundene Mißhandlungen sind alltägliche Vorkomm- 
nisse. Die Kratji-Lente plündern den täglich reich 
besetzten Markt, nehmen offen das Eigenthum der 
Haussahs fort, ohne einen Schein des Rechts zu 
haben oder sich auch nur die Mühe zu geben, einen 
solchen vorzuschützen. Mossomfo, der Fetischmann 
von Kratji, ist die Seele aller Unruhen. Er hat 
mikten in den Markt von Kete ein Haus gebaut 
und dort eine Art Marktwache, besser eine Räuber- 
höhle, eingerichtet. 
Mossomfo hatte ferner auf dem Weg nach Lome 
und von Salaga einen Zaun und ein paar Hütten er- 
bauen lassen, und jeder vorüberkommende Haussah 
wurde hier geplündert, ost gebunden und gemiß- 
handelt. Zahllos waren die Klagen, die bei mir 
dagegen einliesen. Die rechte Hand Mossomfos ist 
ein früherer Grusi-Sklave Okla, der des mehrfachen 
Mordes beschuldigt wurde, während meiner Anwesen- 
heit aber es vorzog, sich zu entfernen. 
Unter solchen Umständen wurde ich mit Jubel 
empfangen. Jedermann erhoffte nun Besserung 
dieser Zustände. Ich habe Gelegenheit gehabt, mich 
davon zu überzeugen, daß die Erzählungen keines- 
wegs übertrieben waren, sondern in der That Raub 
und Diebstahl an der Tagesordnung waren. Selbst 
während meiner Anwesenheit kamen solche Fälle 
mehrfach vor. Ich habe dann stets die Schuldigen 
bestraft, auch den Zollzaun niedergebrochen und den 
Häuptling von Kratji zu mir beschieden und ihm 
das weitere Anlegen solcher Zäune untersagt. Das 
war Alles, was ich für den Augenblick thun konnte. 
Es erscheint mir nun dringend nöthig, etwas zur 
Sicherung des Verkehrs in Kratji zu thun. Eine 
entferntere Station, z. B. Misahöhe, könnte, wenn 
sie mililärisch besetzt wäre, genügen, durch häufiges 
Abstreifen jener Gegend, Bestrafung der Schuldigen 
u. dergl., die Zustände des Landes zu sichern. Die 
Verhältnisse liegen aber anders: die Haussahs sind 
drauf und dran, Kete zu verlassen. Von diesem 
Plaun aber werden die Haussahs dauernd nur abzu- 
bringen sein, wenn eine Station in Kete angelegt 
werden würde, wie jetzt auch die Engländer in dem 
wichtigen Handelsplaß ihres Hinterlandes, Ateobu, 
eine solche erbauen sollen. 
Daß die Wichtigkeit des Weges Lome — Kete durch
	        
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