Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

dem ich ein paar Tage zu verweilen für erforderlich 
hielt, wollte ich dann auf der Klingschen Route nach 
Dutukpenne marschiren, dann noch einmal nach Dam- 
babi gehen und von dort in das östliche Tribu auf- 
brechen, von wo aus ich durch Kebu heimkehren wollte. 
War ich im Februar über Temerumu marschirt, 
so versuchte ich diesmal Beroniasi über Peren zu 
erreichen. Der Weg war sehr schlecht. Bald hinter 
dem Weiler Enhegeta kamen wir, immer auf halber 
Höhe des Westabhanges von „Kette 1“ marschirend, 
in dichten Wald. Fortwährend ging es äußerst be- 
schwerlich bergauf und bergab, riesige Baumstämme 
lagen über dem Weg, Schlinggewächse und dichtes 
Geäst ließen die Haumesser nur selten in die Scheide 
kommen. Plötzlich hörte der Weg auf. Wir mußten 
eine Strecke zurück, wo wir endlich im dichten Busch- 
werk den richtigen Weg entdeckten. Dieser Marsch 
durch den Wald gab mir Gelegenheit, den großen 
Reichthum Tribus an Kautschuklianen feststellen zu 
können. Nach starkem Anstieg kamen wir dann auf 
die kahlen, hier noch sich unregelmäßig gruppirenden 
Kuppen von „Kette 1“, von wo aus wir dann durch 
das 1½ Kilometer breite Thal auf „Kette 2“ kamen. 
Nur selten wird dieser Gebirgspfad begangen. Nichts 
regte sich um uns, kein Wild, kein Vogel ringsum. 
Nechts sahen wir durch eine Lücke der Nebenkette das 
breite Längsthal, in dem wir weiter südwärts den 
Tribnort Beroniasi wußten. Hinter uns reichte der 
Blick ungehindert weit ins Land. Ich sah den Gibia 
und den durch die in letzterer Zeit vorgenommene 
Ausrodung des Glacis weithin erkennbaren Stations= 
berg Atado, d. h. Schlachtseld. Nachmittags ge- 
wahrten wir links am Hang von „Kette 1“ den 
Gebirgspfad, der uns im Februar nach Beroniasi 
geführt hatte. Gegen 3 Uhr bezogen wir im Ge- 
birge Biwak, nachdem wir uns mit jenem Pfade 
vereinigt hatten. Hier machte ich die Entdeckung, 
daß zwei meiner Leute, die zurückgeblieben waren, 
wohl den Weg verfehlt haben mußten, deun sie trafen 
bis Abend nicht ein. Ich will hierbei gleich er- 
wähnen, daß diese Leute am dritten Tage wieder auf 
der Station eingetrossen und mir dann nach Kete 
nachgeschickt worden sind. Dort gelangte ich also erst 
wieder in den Besitz meiner beiden wichtigsten Lasten, 
von denen die eine meinc gesammte Wäsche und darin 
verpackt meinen Theodoliten enthielt. 
Am folgenden Morgen trabte ich meinen Leuten 
auf dem nun schon bekannten Wege vor. Dichter 
weißer Nebel füllte das Längsthal zu meiner Rechten 
aus, das dadurch täuschend einem breiten Riesenstrom 
glich, aus dem hin und wieder inselartig ein Hügel 
hervorsah. Selten wurde die Stille der Einsamkeit 
durch den Schrei des Adlers oder das Gepfeise der 
stets paarweise fliegenden Hornraben unterbrochen. 
Gegen 9 ½⅛ Uhr schon traf ich in Beroniasi ein, etwa 
eine Stunde später kamen meine Leute. 
Das nur spärlich bevölkerte Tribuland hat seit 
Jahrzehnten unter der Verfolgung mächtiger Nachbarn 
zu leiden. Zuerst war es den Ashantis unterworsen, 
  
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wurde dann von diesen zum Kriege gegen Buem 
gezwungen und hat nun des Letteren RNache fort- 
gesetzt zu fühlen. Fast alle südlicheren Tribudörfer 
haben früher auf einer anderen Stelle gestanden und 
sind dann von Buem zerstört worden. Dado ist 
erst in jüngster Zeit verlassen; seine Bewohner haben 
sich nach Kratji geflüchtet, und Dambabi ist auf 
seiner jetzigen Stelle erst vor Jahresfrist gegründet 
worden. So liegen alle Dörfer weit getrennt von- 
einander, und die Landschaft bedeckt einen großen 
Raum, der aber nur äußerst spärlich bevölkert ist. 
In Tribu werden drei Sprachen gesprochen: Tribu, 
Ashanti und Ahamaufu. Diese Sprachen vertheilen 
sich, wie folgt: 
Tribu-Sprache Ashanti-Sprache Ahamausu-Sprache 
K. 
Beroniasi, Dodo, unda, 
Pushepu, Adumadu. Pampawiä, 
Atshim, apa, 
Bantibo, Ahamausu. 
Yanga, 
Tribu, 
Tanglagu, 
Dambabi. 
Ich erfuhr in Beroniasi, daß durch die Verlegung 
des Dörfchens Dambabi der Weg von Beroniasi 
dorthin nicht mehr gangbar sei; ich müsse daher am 
solgenden Tage nach Atshim marschiren und von dort 
mich südwestlich wenden. Einen Weg von Dambabi 
oder einem seiner Nachbardörfer nach Süden, etwa 
nach Tuntum, gäbe es nicht, ebenso wenig von Tuntum 
aus einen Weg nach Osten nach Okaü, weil letterer 
Ort nicht mehr vorhanden, sondern schon vor Jahren 
von Buäm zerstört sei. Von Beroniasi kann man 
in zwei Tagen nach Palave in Kebn gelangen; nach 
etwa vier Stunden erreicht man den Kalabo. 
So marschirten wir denn am nächsten Tage über 
Pushepn (oder Pusepu) nach Ashim (oder Atsim). 
Hier zeigte sich wiederum die Schwierigkeit, einen 
Führer zu bekommen. Dambabi sei gar nicht mehr, 
sagte man mir, also auch kein Weg dorthin vorhan- 
den, und gleich darauf sich widersprechend, man müsse 
über Dutukpenne nach Dambabi marschiren. Ich war 
leider ganz auf meinen Dolmetscher angewiesen, den 
einzigen meiner Leute, der Ashanti sprach und der 
nun bei der Furcht, ich könne ins Blaue hinein- 
marschiren, mir die Worte der Atshimleute möglichst 
schrecklich wiederzugeben sich bemühte. Ich bestand 
jedoch darauf, am anderen Tage nach Dambabi zu 
marschiren. 
Am solgenden Morgen meldete sich zunächst mein 
Dolmetscher krank. Er schilderte seinen Zustand als 
so schmerzhaft und traurig, daß ich ihn zurücklassen 
mußte. Darauf kam ein Mann zu mir, dem wohl 
gestern der schöne gelbe Kaktun in die Augen ge- 
stochen haben mochte, und erbot sich, die Führerschaft 
für heute zu übernehmen und uns dann den morgigen 
Weg so genan zu beschreiben, daß wir morgen Dam- 
babi erreichen könnten. Der Weg führte anfangs 
durch sehr stark gehügeltes Gelände, so daß wir
	        
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