fährlicher Weise unter einer kräftigen weißen Bevöl-
kerung auftreten würde, ist zweifelhaft; immerhin
sind aber einige schwerere Anfälle zu meiner Kenntniß
gelangt, welche sich europäische Händler daselbst zu-
gezogen hatten. Eine Besiedelung dieses Gebietes
mit frisch aus Europa gesandten Deutschen ist des-
halb ohne Weiteres nicht anzurathen.
Auch Dysenterie scheint in unserem südlichen
Damaralande zu fehlen. Was von einzelnen Weißen
in Otjimbingue als solche angesehen wird, scheint nur
ein starker Durchfall zu sein, wie er in der Regen-
zeit infolge von Erkältungen und Durchnässungen
vorkommt, der aber unter Beobachtung geeigneter
Diät und nach Anwendung von Opium in kiürzester
Frist schwindet, ohne eine länger anhaltende Schwäche
des Genesenen zur Folge zu haben. Bei der Trocken-
heit gerade der lühlen Jahreshälfte sind aber auch
hfälle seltener als in Europa.
Lungentuberkulose soll ab und zu unter den
Eingeborenen bei sehr schlechter Ernährung und einem
unter großen Entbehrungen geführten Leben vor-
kommen. Unter der weißen Bevölkerung im südlichen
Damaralande, etwa unter fünshundert Weißen, kenne
ich nur zwei wirklich lungenkranke Männer, welche
gerade ihrer Krankheit wegen Südafrika aufgesucht
haben und seitdem nur wenig davon belästigt worden
sind. Im Ganzen kann man das Klima des Landes
als äußerst günstig für derartige Kranke ansehen und
denselben einen sicheren Stillstand der Krankheit in
Aussicht stellen, vorausgesetzt, daß dieselben die Kolonie
rechtzeitig aussuchen. Alle Aerzte, die ich am Kap
und in Natal gesprochen, führen bittere Klage, daß
man ihnen die Kranken meist in einem Zustande
heraussende, in welchem man sie nur voch als
Sterbende betrachten könne. Auch von den mit der
„Marie Woermam“ herausgekommenen Ansiedlern
starb einer in Otjimbingne, weil er Deutschland viel
zu spät verlassen hatte und nachdem er bereits an
Bord aufgegeben worden war.
In einer Zeit, in welcher die politische Lage
unseres Schubgebietes eine andere und bessere ge-
worden sein wird, werden sich hoffentlich auch hier
Sanatorien von üihnlicher Bedeutung entwickeln wie
Beaufort West, Bloemfontein und andere berühmt
gewordene Gesundheitsstationen der alten Kolonien.
Unter den Viehkrankheiten steht an der Spitze
die „Lungenseuche“ und die „Pferdekrankheit“. Die
Erstere war noch vor wenig Jahrzehnten eine furcht-
bare Geißel aller südafrikanischen Staaten. In großer
Ausdehnung kommt sie jedoch in den älteren Kolonial-
staaten nicht mehr vor. In unserem Schutgebiete
war sie in lehter Zeit stets vorhanden, hat aber erst
seit Oktober 1893 in erschreckender Weise an Stärke
und räumlicher Ausdehnung zugenommen.
Als altes und von den Holländern seit langer
Zeit angewandtes Mittel gilt die Impfung mit dem
Lungenwasser erkrankter Thiere. Dieselbe wird am
Schwanze vorgenommen, von wo aus sich die Ent-
zündung aber sehr oft auch auf andere Theile des
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Körpers überträgt. Man rechnet, daß von den so
behandelten Thieren etwa 30 Prozent von der tödt-
lichen Form der Krankheit verschont bleiben. Es ist
daher die Impfung nur in dem Falle anzurathen,
wenn die Seuche bereits in der Nähe ausgebrochen
ist und wenn überhaupt noch ein Theil des Vieh-
bestandes gerettet werden soll. Einen wirklichen Schutz,
dessen Wirksamkeit die Erfolge in der Kapkolonie
erweisen, gewährt einzig und allein ein auf das
Schärfste durchgeführtes Absperrungssystem, das aller-
dings erst dann von Nußen sein kann, wenn der
Viehstand der einzelnen Besitzer auf genügend großen
Farmen untergebracht ist. Eine Gemeindeweide von
bedeutendem Umfange und für starke Viehmengen
bestimmt, bildet dagegen die größle Gefahr und müßte
auf ein Minimum beschränkt werden. Die onglische
Regierung hat schon seit Jahrzehnten von berufenen
Fachleuten die Lungenseuche in Südafrika studiren
lassen und hat Hunderttausende dafür ausgewandt.
Aber alle diese Untersuchungen haben weiter nichts
ergeben als den der praklischen Erfahrung längst
bekannten Satz, daß es außer Quarantäne nach außen
und Absperrung im Innern kein Mittel gegen die
Krankheit giebt.
Die „Pferdesterbe“ ist nach Annahme der Sach-
verständigen in der Kapkolonie eine Ark von Pleuro=
pncumonie. Die Krankheit bricht bisweilen schon
Anfang Jannar aus, erreicht jedoch ihre größte Stärke
erst in der Uebergangsjahreszeit, wo sie in manchen
Jahren zahlreiche Opfer fordert. Ihr Erlöschen fällt
in die Zeit der ersten Nachtfröste, also in den hohen
Theilen unseres Gebietes in die erste Hälfte des Mai.
Ein Mittel gegen die Krankheit giebt es bis jetzt
nicht. Um die Thiere einigermaßen zu schützen, hält
man dieselben in den gesährlichen Monaten von
Sonnenuntergang an in den Ställen oder Kraalen
und läßt sie erst nach 9 Uhr morgens wieder auf
die Weide, wenn die Sonne die für besonders ge-
fährlich gehaltene Morgenfeuchtigkeit aufgetrocknet hat.
Eine andere Schutzmaßregel ist, daß man die
Pferde während der schlechten Jahreszeit auf Ge-
sundheitsstationen, den sogenaunten „Sterbeplätzen“,
unterbringt. Worauf die die Gesundheit der Thiere
erhaltenden Eigenschaften dieser Plätze beruhen, ist
nicht festzustellen, Thatsache aber ist, daß der Verlust
an Thieren an solchen Stellen durchschnittlich ein sehr
geringer ist. Zu den in dieser Hinsicht am meeisten
geschätzten Plätzen gehören Ubeb in den hohen Ge-
birgen im Norden des Swakob und Keetmanshoop
im Namaqualande. Auch scheint große Meereshöhe
einen günstigen Einfluß zu üben; so verlor die Truppe
von mehr als 150 Pferden im vorigen Jahre nur
etwa ein halbes Dutzend. Die Thiere befanden sich
in Arredareigas, einer mehr als 1900 Meter über
dem Meere gelegenen Weidefläche in den Awas-
bergen. Wahrscheinlich wirken in so großen Höhen
die bereits bald nach dem Aufhören der Negen be-
ginnenden Frostnächte günstig. Ebenso aber gelten
die Gebiete in unmittelbarer Nähe der See als