Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

nauer Befolgung desselben bei dem Streit mit seinen 
Unterkapitänen und Großen die Entscheidung der 
Kaiserlichen Regierung angerufen habe. 
Nach etwa ½ stündiger Berathung, in deren 
Laufe Samuel auf Befragen, ob ihm der Schutz 
deutscher Soldaten in Okahandya erwünscht wäre, 
bat, sofort eine Besatzung dorkhin zu legen, kam man 
überein, daß Samuel sich mit dem mächtigen Rath- 
geber seines verstorbenen Vaters, dem noch heidnischen 
Niarua,') in unserem Lager treffen sollte, um den 
seit längerer Zeit zwischen diesem und ihm obwalten- 
den Streit beizulegen. Als zur sestgesetztten Zeit 
indeß nur Samnel erschien, während Riarua sich mit 
Krankheit entschuldigen ließ, brach der Major mit 
allen Truppen nach Okahandya auf. Während Lieu- 
tenant Troost vor dem unmittelbar am Eingange 
befindlichen Hause des Missionars Viehe Halt 
machte und das Geschütz auffahren ließ, ritten wir 
zu acht Gewehren durch das etwa 2 km lang ge- 
streckte Dorf bis vor das am entgegengesehzten Aus- 
gange liegende Haus des Riarua, in dessen Nähe 
sich 40 bis 50 zur Hälfte mit Gewehren, zur Hälfte 
mit Kris bewaffnete Hereros angesammelt hatten. 
Während wir abstiegen und nach dem Niarna suchten, 
behielten die Leute ihre feindliche Haltung bei, ohne 
uns jedoch anzugreifen. Da Riarna auch in seinem 
von zwei Mannschaften abgesuchten Hause nicht zu 
finden war, ließ Herr Major Leutwein verkünden, 
daß er nur gekommen sei, um zwischen Samnel und 
Niarna Frieden zu sliften, daß er am nächsten Mor- 
gen wieder abreiten werde und dann nicht weiter 
den Frieden vermitteln könne. Diese Kundgebung 
hatte den gewünschten Ersolg und machte ein kriege- 
risches Vorgehen unnöthig, denn schon nach kurzer 
Zeit sandte der alte Riarua einen Boten und ließ 
sagen, daß er sich nur aus Angst versteckt habe. 
Alsbald erschien er selbst und erkannte das Recht 
des Kaiserlichen Landeshauptmanns, zwischen ihm 
und Samnel zu entscheiden, an. 
Am Morgen des 25. Juni kam Samuel, vom 
Major aus Ozona herbeigerufen, an der Spize von 
etwa 80 Verittenen und lagerte sich, nachdem er durch 
vorausgesandte Boten hatte fragen lassen, wo er ab- 
satteln sollte, neben unserem Lager, nur durch die 
Fahrstraße getreunnt. In der Berathung zwischen 
Samuel und Niarna wurde, obwohl Ersterer an- 
fänglich erklärte, daß er gegenüber dem Verhalten 
des Riarna und seiner Leute, die gegen den Major, 
der doch als Friedensvermittler gekommen sei, die 
Waffen erhoben hätten, eine Verzeihung nicht ge- 
währen könne, schließlich eine völlige Einigung erzielt. 
Riarua versprach in allen Punkten, um welche 
sich der Streit drehte, den Wünschen Samnels nach- 
zukommen und zwar: 1. die Regulirung der Erb- 
schaften künftig dem Samuel zu überlassen. (Es ist 
dies ein wichtiges Vorrecht der Häuptlinge, das für 
  
*) Niarua ist der Vater des Unterkapitäns Assa Riarna, 
des Hauptgegners Samuel Mahareros in Olahandya. 
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sie selbst Mancherlei abwirft. Dasselbe war vom 
alten Kamaharero, Samuels Vater, dem Niarua 
übertragen und nach des Samuels Regierungsantritt 
trot dessen Widerspruch von Niarua weiter ausgeübt 
worden.) 
2. Das Ansehen, welches er unter dem Kama- 
harero genossen habe und noch jetzt genieße, nicht so 
zu gebrauchen, daß Samnel sich in seiner Kapitäns- 
würde verletzt fühlen müsse. 
3. Die Werften, welche Samuels Vater gehört 
hätlen und nach dessen Tode zu Riarna und dessen 
Anhang übergegangen seien, dem Samuel wieder 
zuzuführen. 
4. Die Mnunition, welche Eigenthum des alten 
Kamaharero gewesen war und im Hause Riarnas 
lagerte, herauszugeben. 
Der Munitionsvorrath wurde auf den aus eigenem 
Antriebe von Samuel gestellten Antrag der neu- 
gegründeten Station zur Aufbewahrung übergeben. 
Die Besatzung in vorläufiger Stärke von 1 Unter- 
offizier und 10 Mann wurde bis zur Fertigstellung 
eines besonderen Stationsgebäudes in dem Hause der 
Firma Wecke & Voigts untergebracht. 
Nach Veendigung der Berathung fand im deut- 
schen Lager ein Versöhnungsfest statt, an dem außer 
Samuel, Riarun und seinem Sohn Assa auch der 
Unterkapitän von Otyimbingue und der Sohn des 
mächtigen und reichen, im Gebiete von Waterberg 
wohnenden Kapitäns Kambasembi theilnahmen. 
Am folgenden Morgen erschien auch der vom 
Major Leutwein herbeigerufene Kapitän Nicodemus 
von Otyivarongo, der nach dem eigenartigen Erbrecht 
nähere Ansprüche auf den Oberhäuptllingsthron als 
Samuel Maharero zu haben glaubte. Demselben wurde 
zunächst das in Windhoek ausgenommene Protokoll 
sowie der § 5 des auch von ihm mitunterzeichneten 
Schutzvertrages vorgelesen. Nach einigem Zögern 
erklärte er sich bereit, sich der Entscheidung des 
Kaiserlichen Landeshauptmanns zu fsügen. Es wurde 
ihm darauf zugesagt, daß, wenn er Samuel als 
Oberhäuptling anerkenne, er Unterkapitän über das 
ihm besonders unterthaue Land bleiben solle, so wie 
Zacharias es in Otyimbingue sei. Samuel verpflich- 
tete sich dagegen, ihn als selbständigen Unterlapitän. 
auf dem noch näher abzugrenzenden Gebiete anzu- 
erkennen. Auch versprachen Beide, Frieden mitcin- 
ander zu hallen. 
Alle diese Zugeständnisse, besonders der endgültige 
Verzicht auf die Oberkapitänschaft wurden dem 
trotzigen und als gewaltthätig bekannten Nicodemus 
sichtlich sehr schwer. Entsprechend der im Windhoeker 
Protokolle aufgenommenen Erklärung zeigte er sich 
der Ansicdelung weißer Leute und der Gründung 
von Handelsniederlassungen und Anlage einer Station 
in seinem Lande geneigt. 
Unter den verschiedenen Verwaltungsangelegen- 
heiten, die noch mit Sammel besprochen und geregelt 
wurden, möchte ich nur hervorheben, daß es gelang, 
die Hereros zur Anerkennung einer Schuld gegen
	        
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