Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

einfache beiderseitige Baumreihen, die durch Busch- 
werk verstärkt den Fluß allerdings in ein waldartiges 
Dunkel hüllen. Auf der ganzen langen Strecke bis 
Buiko bewegt sich der Pangani durch glühende 
Steppen, deren trostloser Charakter schon erwähnt 
wurde. Unter solchen Verhältnissen crachte ich ge- 
rade die Erhaltung dieser einzigen Schatten spenden- 
den Baumlinie für ein Erforderniß, nicht nur der 
mit dem Transport beschäftigten Leute wegen, denen 
ohnedies die Heizung der Maschine zur Last fällt, 
sondern auch der Waaren halber, die unter dem 
Einfluß der versengenden Sonnenstrahlen ebenso zu 
leiden haben. Der Export wird besonders land- 
wirthschaftliche Produkte, und unter diesen voraus- 
sichtlich frische Gemüse betreffen, die durch Ausdörrung 
ihre Verkäuflichkeit ganz einbüßen würden. Dann 
gebietet aber die Rücksicht auf den Fluß selbst die 
Erhaltung seiner Schattenspender. Es wurde schon 
erwähnt, daß dieser — anders wie unsere Flüsse — 
au Wasser verliert, je weiter er kommt. Wird nun 
durch unsinnige Devastation der Uferwehr der heißen 
Steppenluft noch mehr Zutritt geboten, so wird bei 
dem in Enropa gar nicht gekannten Trockenheitsgrade 
die Verdunstung sehr zunehmen. Sie kann sich auf 
der 170 km langen Strecke so erheblich potenziren, 
daß zu guterletzt die Schifffahrt selbst bedroht wird. 
Also Schutz den paar Bäumen, an denen Ostafrika 
so arm ist. 
Statt der Dampfmaschinen rathe ich zu Motoren, 
bei denen Feuerung und Spannkraft durch Petroleum 
bewirkt wird. Amerikanisches Petroleum ist an der 
Küste enorm billig, nimmt im Verhältniß zum Nutz= 
essekt eine sehr komprimirte Form ein und läßt sich, 
da es sich gleich in einer darauf zugeschnittenen Ver- 
packung befindet, leicht transportiren. Die deutsche 
Technik ist im Bau der diesbezüglichen Maschinen 
weit vorgeschritten. Wir besitzen in Leipzig eine 
leistungsfähige Spezialfabrik (J. M. Grob & Co.) 
von Patent-Petroleummoloren, die auch zum Schiffs- 
betrieb eingerichtet werden und besser, billiger und 
einfacher sind als sonstige Motoren. Ich habe früher 
auf der Ostsee oft Gelegenheit gehabt, einen kleinen 
Petroleumdampfer zu benußen. Das Schisschen war 
auf einer Hamburger Werft erbaut und hatte seine 
Maschine von 6 HUD’ aus Cannstatt erhalten. Es 
war ausschließlich zum Passagierdienst bestimmt, saßte 
25 Personen und hatte eine Geschwindigkeit von 
rund 10 km pro Stunde. Der auf diese Zeit ent- 
fallende Petroleumverbrauch betrug 4 1 (4X 16— 
64 Pf.), der Preis des ganzen Fahrzeuges belief 
sich auf 8500 Mark, zu seiner Bedienung waren 
zwei Leute, je ein Maschinist und Steuermann, er- 
sorderlich. Die Petroleumboote haben vor Dampfern 
u. A. die Vorzüge, daß die Maschine einerseits sehr 
kompendiös ist, somit zur Beförderung von Personen 
und Gütern viel Raum läßt, und andererseits in 
Zeit weniger Minuten in Betrieb gesetzt werden 
kann, während bei Dampfmaschinen eine längere 
Vorfeuerung ersorderlich ist. Dadurch wird wieder 
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Material erspart, indem das Schiff bei Aufenthalten 
nicht „unter Dampf“ zu liegen braucht. 
Bei der Pangani-Schifffahrt würde sich, da die 
Windungen des Flusses geringfügig und anscheinend 
stets von größerem Radius sind, kein Transport- 
dampfer, sondern Schleppdienst empfehlen. Es wäre 
dazu ein kräftig gebauter Motor erforderlich — da 
der Gegenstrom stellenweise nicht unbedeutend zu sein 
scheint —, ferner eine Anzahl flacher Kähne, ähnlich 
wie wir sie im Schleppverkehr der deutschen Binnen- 
schifffahrt benutzen. Die Dimensionen würden aller- 
dings hinter unseren „Oderkähnen“ beträchtlich zu- 
rückbleiben. Ich möchte hier, was auch schon Graf 
Pfeil gethan hat, auf Boote der Art hinweisen, 
wie sie die englische Regierung auf dem oberen Nil 
verwendet hat. Diese sollen sich unter schwierigen 
Verhältnissen sehr gut bewährt haben. Sie hatten 
eine Länge von 9 bis 9¼ m bei einer Breite von 
1¼ bis 2½ m. Ihr Tiefgang betrug bei einer 
Ladung von 90 Centnern 72 cm. Zwei derartige 
Kähne könnten dem Motor auch bei der Bergfahrt 
unbedenklich angehängt werden. Es hätte der Train 
alsdann eine Belastungsfähigkeit von 180 bis 
200 Centner, da auch die Barkasse Güter bezw. 
Personen aufnehmen kann. Eine Normallast des 
heutigen Karawanenverkehrs hat ein Gewicht von 
50 Pfund, es würde dadurch also eine Karawane 
von 360 bis 400 Trägern aufgewogen werden. 
Wenn schließlich noch der Rentabilitätsfrage des 
Schiffstrausportes einige Worte gewidmet werden 
sollen, so fehlt es dazu selbstverständlich an zuver- 
lässigen Daten, da wir zur Zeit noch über manche 
Vorbedingungen der Pangani-Schifffahrt im Unklaren 
sind, namentlich nicht ermessen können, in welchem 
Umfange Regulirungsarbeiten nothwendig werden. 
Sehen wir aber einmal von diesen ab und legen 
die Erfahrungen zu Grunde, welche auf anderen 
afrikanischen Flüssen gemacht wurden, so läßt sich 
immerhin eine ungefähre Vorstellung von den Kosten 
des Wassertransportes gewinnen. 
In einem lesenswerthen Schriftchen eines früheren 
Direktors der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft?) 
wird die Ansicht ausgesprochen, die in Europa ge- 
machte Erfahrung, daß der Flußtransport billiger 
sei als der Landtransport per Eisenbahn, treffe in 
Afrika nicht zu. Der Verfasser stützt dies Urtheil 
auf die Kleinheit der Dampfer, ihre somit geringe 
Transportfähigkeit, die Schwierigkeiten der Navigation, 
Häufigkeit von Unfällen, daraus sich ergebende hohe 
Versicherungsprämien, endlich auf die jahreszeitlichen 
Schwankungen des Wasserstandes. Um die dadurch 
bewirkte Vertheuerung zu illustriren, berechnet er, 
daß auf dem Niger sich die Transportkosten der 
Tonne per Seemeile auf ungefähr 17½ Psennig, 
also per Kilometer und Tonne auf etwa 10 Pf. 
stellen. Legen wir diesen Saß zu Grunde, so er- 
giebt sich: 
*) Vohsen, Ein Kolonialprogramm. Verlin 1891.
	        
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