Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

bleib daher ein sehr unsicheres. Würden sie uns 
angreifen, die Nacht im Busch bleiben oder sich ganz 
zurückziehen, wer wußte es! Jedenfalls stellte ich 
Wachen aus und ließ unter ihrem Schutz die Leute, 
die seit dem frühen Morgen unterwegs waren, etwas 
ruhen, während ich selbst mit dem Unteroffizier 
Zampa und einer starken Patrouille ging, um 
Wasser zu suchen. Bald hatten meine Leute einen 
klaren Bergbach gefunden und durch diesen wie 
durch das Flußufer, von dem die Miangesen noth- 
wendig fern gehalten werden mußten, da er ihre 
Hauptzufuhr= und -erkehrsstraße ist, war die Lage 
unseres Lagers bedingt. Die Soldaten wurden an 
den von mir nach den oben genannten Gesichts- 
punkten gewählten Platz geführt, das hohe Riedgras 
wurde gehauen, Wasser geholt und Alles zum Kochen 
und für die Nacht vorbereitet. Um 5 Uhr kamen 
die Träger unter Führung des Oberlazarethgehülfen 
Seebe (früher 1. Garde-Dragoner-Regiment) und 
brachten Zelte und Proviant. Die Wache wurde 
eingetheilt, die Lagerplätze vertheilt, und als um 
6 Uhr die Dunkelheit hereinbrach, war Alles in 
Ordnung. Die Nacht verging ohne Störung. Ich 
alarmirte um 1 Uhr, um die Aufmerksamkeit der 
Wachen und der Soldaten zu prüfen. 
Freitag, den 4. Mai, baute ich das Lager aus. 
In der Mitte lagerten die drei Europäer, auf der 
einen Seite die westafrikanischen Soldaten und ihnen 
gegenüber die Sudanesen. Das Ganze wurde mit 
Wall und Graben umgeben. 
Eine untker Führung eines Unteroffiziers das 
Flußufer beobachtende Sudanesenpatrouille meldete 
die Abfahrt des Gouvernementsdampfers „Soden“, 
sonst war Alles ruhig. 
Sonnabend, den 5. Mai, marschirte ich unter 
Führung eines gefangenen Miangesenweibes mit dem 
Unteroffizier zimmermann und 80 Mann auf dem 
sogenannten Balongweg vor, um eine Nekognoszirung 
vorzunehmen. Um 8 Uhr überschritt meine Spibe 
unter Führung des Unteroffiziers Zampa einen 
schmalen, aber reiseenden Wasserlauf und erhielt plöß- 
lich von dem gegenüberliegenden steilen Ufer heftiges 
Feuer aus wohl 30 Buschflinten. Im Augeublick 
waren meine Leute, die auf dem schmalen Buschweg 
einer hinter dem anderen gingen, herbeigeeilt und 
sehten, an uns vorbeilaufend, in den Busch, wo sie 
die Schüsse gehört hatten. Bald kamen sie auch mit 
Gewehren und zwei Gefangenen zurück, meldeten, daß 
die Miangesen unter Hinterlassung zweier Todter in 
wilder Flucht durch ein unmittelbar vor uns liegendes 
Dorf hindurch in den dichten Busch geflohen seien. 
Ich ließ meine Leule das Dorf anslecken, die Felder 
niedertreten oder umhauen und trat um 4 Uhr den 
Nückmarsch an, um gegen 7 Uhr im Lager einzu- 
treffen, wo es heute bei Hühner-, Enten= und Ziegen- 
sleisch hoch herging. Ich vernahm mit Zampas 
Hülfe sämmtliche Gefangenen und erfuhr dann, daß 
sich auf der Balongseite nur wenige Sklaven be- 
sänden, während die Häuptlinge, unter ihnen auch 
505 
  
Pen und Mbia, mit all ihrem Hab und Gut 
nach Neu-Miang, auch Mpako genannt, geflohen 
seien. Mpako sei zu dem Zwecke angelegt, bei einem 
Strafzug als Zufluchtsort zu dienen, habe weite 
Felder ringsum und sei stark befestigt. Noch in der 
Nacht gab ich meine Besehle aus: der Feldwebel hält 
mit 20 Mann (meist Fußkranken) das Lager beseßt. 
Ich selbst breche mit den Unteroffizieren Seebe und 
Zimmermann, sämmtlichen Soldaten und bier 
Trägern mit Lebensmitteln nach Mpako auf. 
Sonntag, der 6. Mai, war ein sehr heißer Tag. 
Der Weg führte zuerst durch einen Palmenwald und 
dann lange durch Grassteppe. Das mannshohe Gras 
hält die Hibe sehr fest, außerdem kamen wir durch 
zwei Dörfer, die meine Patronillen niedergebrannt 
hatten und in denen es noch an verschiedenen 
Stellen brannte, was die Hihe noch vermehrte, so daß 
meine Leute sehr froh waren, als ich um 10 Uhr 
bei Rduru rastete. Um 3 Uhr traten wir wieder 
an und waren um 6 Uhr dicht bei Mpako. Der 
Marsch hatte sich sehr verzögert, denn hinter Ndurn 
kamen wir in einen Busch, der sehr dichtes Unter- 
holz halte; außerdem mußten wir zwei Wasserläufe 
überschreiten, deren Fluthen uns bis zur Brust reichten, 
so daß wir mit der Munition sehr vorsichtig sein 
mußten. Ohne Fenuer, in aller Stille wurde die 
Nacht gelagert, die nur zu langsam verging, denn 
vom Himmel strömte der Negen. Zwei Patronillen, 
die ich gegen Mpako vorschickte, kamen im Augen- 
blick mit drei Weibern zurück, die sie beim Wasser- 
holen überrascht hatten. Ich erfuhr, daß das Dorf 
unbefesligt sei, daß kein Mensch eine Ahnung von 
unserem Nahesein hätte und daß der Häuptling 
Mbia, ihr Besitzer, selbst anwesend sei, während sie 
von Pen nichts wußten. 
Mpako liegt mitten im Walde, sich langhinziehend, 
und besteht aus einzelnen Hütten, deren jede von 
den Feldern des betressenden Besitzers umgeben ist. 
Es führt nach Mpako nur der eine Weg; eine Um- 
fassung war wegen der Dichtigkeit des Waldes 
ringsum von vornherein ausgeschlossen. Am Montag, 
den 7. Mai, um 5⅛ Uhr brachen wir gänzlich 
unerwartet in Mpako ein. Wie unerwartet wir 
kamen, konnte ich selbst am besten beurtheilen, da ich 
mich unter den Ersten befand, die Mpako betraten. 
Auf das Geschrei meiner Leute hin, die sich vom 
Wege aus rechts und links in dem Dorfe vertheilten, 
sprang ein Miangese in die Hausthür, um zu sehen, 
was es gäbe. Als er uns sah, holte er seine Flinte, 
die geladen im Hause gestanden haben muß, und 
fenerte auf uns, ohne Jemand zu treffen, dann warf 
er sein Gewehr sort und verließ in wilder Flucht 
auf der anderen Seite das Haus, bis ihn die Kugel 
eines Unteroffiziers crreichte. Aehnlich soll es überall 
gewesen sein. 
Gegen 8 Uhr nahm das Schießen bedeutend zu 
und ein Sierra-Leone-Mann meldete mir, daß von 
der Hinterseite des Dorfes die Miangesen in großer 
Zahl vordrängten. Ich ging sofort mit meinem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.