Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Sudanesengros vor, ließ „Sammeln“ blasen und 
befahl den Unteroffizieren, mir mit den übrigen 
Leuten zu folgen. Die Miangesen hatten sich im 
Busch dicht am Dorf festgesetzt und verriethen sich 
mir nur durch ihre dumpfen Schüsse und ein ent- 
setzliches Gehenl, meine Leute sahen sie aber deutlich 
und eröffneten ein heftiges Feuer. Die Verstärkung 
unter Leitung der Unteroffiziere ließ sich auf ein 
Feuern gar nicht ein, sondern Alles ging nun in den 
Busch vor; die Gewandtheit, mit der die Sierra- 
Leonc-Leute einem Fliehenden selbst im dichtesten 
Gestrüpp nachsetzen, ist wirklich zu bewundern. Die 
Miangesen ließen denn auch 19 Todte zurück, während 
kein Verwundeter in unsere Hände fiel. Wir hatten 
einen Sudanesen und einen Sierra-Leone-Mann, die 
schwer verwundet waren. Schwer sind alle diese 
Verwundungen, weil die Miangesen nur mit Scherben, 
gehacktem Blei r2c. schießen und ein Treffresultat nur 
auf verhältmnißmäßig nahen Entsernungen haben. Die 
Nacht verging uns unbehelligt. 
Am Dienstag, den 8. Mai, traten wir den Rück- 
marsch an und kamen abends im Lager an, wo ich 
Alles in bester Ordnung vorfand. 
Am Mittwoch, den 9. Mai, schickte ich den 
Sergeanten Seebe mit einer Meldung über das 
Geschehene an Euer Hochwohlgeboren und gab ihm 
mehrere fieberkrauke Sudanesen mit. An diesem 
Tage wie auch am Mittwoch, den 9., und Donnerstag, 
den 10. Mai, durchstreiften stärkere Patrouillen das 
Miangesenland nach allen Nichtungen, ohne jedoch 
irgendwo mit den Lenten in seindliche Berührung 
zu kommen. 
Am Freilag, den 11. Mai, kamen die Häupt- 
linge Ekwala und Moola mit großem Gefolge und 
baten unter allen Umständen um Frieden; ihre 
Dörfer seien abgebrannt, sie lägen bei dem Regen 
im Freien, würden krank und hätten nichts zu essen. 
Die Leute aßen denn auch mit Gier den ihnen von 
mir gespendeten Zwieback und slaunten über die 
Durchschlagskraft des Gewehrs 88, als meine Unter- 
ossiziere aus diesem auf eine Palme schossen, die 
glatt durchschlagen wurde. Ich verlangte Ausliefe- 
rung von Mbia und Pen und Erfüllung sämmtlicher 
Forderungen des Kaijerlichen Gouvernements, ge- 
währte ihnen aber einen fünftägigen Waffenstillstand, 
da sie angaben, den Pen weit herholen zu müssen. 
Die jetzt folgende Ruhezeit bis zum 15. Mai 
benutzten wir zum Ausbau des Lagers, denn wir 
hatten unter der Nässe viel zu leiden, da die Regen- 
zeit voll eingesetzt hatte. Viele Leute waren krank; 
die Sudanesen litten stark am Fieber, und unter den 
gefangenen Miangesenweibern war Dysenterie aus- 
gebrochen, so daß ich viele entlassen mußte. 
Am 15. Mai kam der Gouvernementsdampfer 
„Soden“ mit Lebensmitteln und dem mich ablösenden 
Feldwebel Krause. Dieser schickte am 18. mit dem 
Sergeanten Seebe die Häuptlinge Ekwala, Moola, 
den geforderten Mbia und einen Bruder Peus, 
während man Pens nicht hatte habhaft werden können. 
  
506 — 
Die Berichte Krauses vom 28. Mai und vom 
3. Juni besagen, daß die Miangesen alle Anstrengungen 
machen, den Pen zu fangen, der sich im Busch ver- 
sieckt hält. Herrn Gouverneur theile ich nun ge- 
horsamst mit, daß ich am 5. Juni den Feldwebel 
Krause ablösen werde, Herrn Gouverneur sämmt- 
liche Häuptlinge zum Palaver schicken und sort- 
sahren werde, mit allen Krästen und Mitteln die 
Auslieferung Pens zu betreiben. 
Kamerun, den 28. Juni 1894. 
Euer Hochwohlgeboren melde ich ganz gehorsamst, 
daß ich mich am 5. Juni früh wiederum in das 
Lager an der Malende-Beach begeben habe. Ich 
fand dort Alles in bester Ordnung, überall waren 
Verbesserungen getroffen: so hatte Feldwebel Krause 
weithin das Niederholz fortschlagen lassen und 
dadurch die Moskitos wesentlich vermindert; er hatte 
den Weg zur Veach, der sehr beschwerlich ist, ver- 
bessert und in trefflicher Weise für Ableitung des 
Lagerwassers gesorgt. Vor Allem aber brachte das 
in meiner Abwesenheit erbaute Wellblechhaus viele 
Vortheile mit sich. Es ist vollkommen wasserdicht 
und bietet auch bei dem stärksten Regen einen wohn- 
lichen Aufenthaltsort. Die Soldaten hatten ihre 
Hütten gleichfalls neu ausgebaut und befanden sich, 
abgesehen von einigen fieberkranken Südanesen, sehr 
wohl. Als ich nachts in alter Weise durch einen 
meinerseits abgefenerten Schuß alarmirte, waren die 
beiden Maaten von S. M. S. „Sperber“, die mich 
mit der Dampfpinnaß nach Malende befördert hatten, 
ganz erstaunt über die Exaktheit, mit der sich Alles 
vollzog. Es ist aber auch eine Freude, zu sehen, 
wie die Soldaten, zum Theil unbekleidet, von ihren 
Lagerstätten auf ihre Posten eilen. Die Patronen- 
taschen umgeschnallt, das Gewehr in der Rechten, 
starren sie in die Nacht hinaus. Die Tage bis 
zum 9. verhandelte ich mit dem Miangesenhäuptling 
Moola Mbia und den Häuptlingen des benachbarten 
Koki und Mangamba über die beste Art, den 
Miangesen Pen gefangen zu nehmen. Sie sagten 
einstimmig aus, das Pen in Balong, dem Nachbar- 
lande von Miang, gewesen sei, und daß die Balong- 
leute alle Aussagen über seinen Verbleib verweigerten 
und so den Miangesen eine Verfolgung ihres schuldigen 
Landsmannes, dessen Gefangennahme sie jeßt selbst 
auf das Lebhafteste wünschten, unmöglich machten. 
Ich beschloß, die Balongleute selbst zu befragen, und 
marschirte am 9. Juni, Sonnabend, mit dem Feld- 
webel Krause und 70 meiner Leute über Bayong, 
Nduru und Mpako nach Balong ab, während zwei 
schwarze Unteroffiziere als Besatzung im Lager ver- 
blieben. Mpako liegt unmittelbar an der Grenze 
des Mianggebietes, und ich erreichte es nach an- 
strengendem Marsche noch denselben Abend. Vieles 
hatte mich schon unterwegs an meinen Marsch am 
6. Mai erinnert, als aber die Trümmer des am 
7. Mai zerstörten Mpako erreicht waren, da stand
	        
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