dieser Tag mit allen seinen Einzelheiten so lebhaft
vor meinen Augen, daß ich abends beim Wachtfeuer
jeden Augenblick des Kampfes noch einmal durch-
lebte. Die Häuser lagen noch alle in Schutt und Asche,
aber die Leute hatten die stehengebliebenen Balken
theilweise benutzt, um sich mit Hülfe von dahinter-
und darübergelegten Palmenblättern einen Unter-
schlupf gegen den Regen herzustellen. Mpalo war
bei unserer Ankunft ganz verlassen, aber Moola Mbia.
der uns verabredetermaßen empfing, versicherte, daß
seine Leute zur Stelle seien, denn er selbst sollte mich
mit 25 seiner Krieger begleiten, wie auch der andere
Häuptling Ekwala, der in Balong gewesen war und
nun auf halbem Wege wartete. Ich hatte ja
ursprünglich nur die Absicht, in Balong Pens gegen-
wärtigen Aufenthalt zu erkunden, und wollte die
weitere Verfolgung seinen Landsleuten überlassen.
Es war interessant, zu beobachten, wie auf den hallenden
Ruf Moola Mbias seine Leute wie herbeigezaubert
von allen Seiten aus dem Busch kamen und sich den
kochenden Soldaten nur sehr zögernd näherten, zu
denen sie bald darauf aber das größte Zutrauen
hatten und unter deren Schuh sie sich später den
übrigen Stämmen gegenüber sehr stolz vorkamen.
Jeder Stamm hat seinen oben erwähnten, ihm eigen-
thümlichen Nuf, der merkwürdigerweise so geheim ge-
halten wird, daß er nur den eigenen Stammes-
angehörigen bekannt ist.
Am 10. Juni um 6 Uhr brachen wir von
Mopako auf und kamen nun in eine gewaltige bergige
Urwaldregion, welche die Miang= und Balongleute
trennt. Eine solche gewaltige Waldmauer findet man
in der Buschgegend überall zwischen den einzelnen
Stämmen, und diese schrossen Grenzen sind es, die
den Handel so erschweren, denn kein Stamm duldet,
daß der Nachbar seine Waaren durch fremdes
Stammesgebiet führt, sondern er muß sie bei ihm
abliefern, und er veräußert sie dann weiler. Der
Wald war hochstämmig mit starkem Unterholz und
so dicht, daß man die Sonne kaum sah: infolge dessen
herrschte überall der modrige Geruch verfanlender
nasser Blätter und Hölzer, der sehr unangenehm war.
Um 5 Uhr schlugen wir in der Nähe eines Gewässers
unser Nachtlager auf, und hier sließ auch Ekwala
zu uns.
Am 11. Juni langten wir um 3 Uhr im ersten
großen Balongdorf an, das gänzlich verlassen war.
Alle Bewohner waren auf die Kunde von unserem
Anmarsch in den Busch geflohen, wie uns ein Duala,
der ruhig in seiner Hütte geblieben war, meldete;
er erklärte sich jedoch bereit, die Häuptlinge zu rusen.
Diese Dualas findet man weithin im Lande in allen
Dörfern, und zwar haben die Leute von Bell-, Akwa-
und Deido-town je ihren besonderen Bezirk. So
traf ich im Balonggebiet, also in der Mongogegend,
nur Leute von Manga Bell, während am Eworifluß
nachher nur Händler aus Akwa-town saßen. Diese
Dualas kommen mit Waaren, lassen sich in einem
Dorse mehrere Monate, ja theils als stehende Agenten
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Jahre lang nieder, bekommen ihre eigene Hütte und
kaufen nun Alles, was das Dorf produzirk, auf, um,
wenn sie ihre Waaren verhandelt haben, nach Kamerun
zurückzugehen.
Ich hatte mein Zelt auf dem Dorfplaß auf-
geschlagen, zwei Hütten den Sudanesen und zwei
andere unmittelbar in der Nähe meines Zeltes den
Soldaten der Westküsic angewiesen, ols mehrere
Häuptlinge mit Ziegen und Bananen kamen und mir
versicherten, daß Pen nicht bei ihnen sei. Ich be-
stellte ssmmtliche Häuptlinge für den nächsten Morgen
und erfuhr dann in einem grosten Palaver von ihnen,
daß Pen von ihnen weitergeschickt sei, weil sie bei
dem fortwährenden Drängen der Miangesen, ihn
auszuliefern, doch Angst bekommen hätten. Er sei
durch das benachbarte Mamelegebiet gezogen und
solle sich in dem sechs Tage entfernten Bakosigebirge
aufhalten. Dorthin nun weigerten sich die Miangesen,
ihn zu verfolgen, denn zu den dortigen Bergvölkern
dürften selbst die Dualalente nicht gehen, und ein
Zug ihrerseits dorthin sei völlig zwecklos. Auch
würden die dazwischen wohnenden Leute des Mamcile-
und Fangebietes sie niemals passiren lassen, und sei
deshalb auch eine Botschaft an die Vakosileute, wie
ich sie vorschlug, unmöglich. Ich mußte mich also
entschließen, selbst zu gehen, obwohl ich mir wenig
Hoffnung machte, Pen zu fangen; aber ein Ausgeben
der einmal begonnenen Verfolgung mußte dem An-
sehen des Gouvernements meiner Meinung nach bei
allen betheiligten Stämmen schaden. Demzusolge
brach ich noch am 12. Juni sofort nach Schluß des
Palavers um 1 Uhr auf und hoffte Jumbe im
Mamele-(Mamila) Gebiet um 6 Uhr zu erreichen.
Wir kamen wieder in den Wald; dieses Mal ganz
ohne Unterholz; riesige alte Bäume, vielfach umge-
stürzt und den Weg erschwerend, aber als Untergrund
Sumpf, der schlimmer und schlimmer wurde, je
weiter wir kamen, dazu trat heftiger Regen ein; der
Weg wurde schmaler und schmaler, während die
Elefantenpfadc sich fortwährend mehrten. Es kamen
Stellen, au denen wir bis an den Bauch im Morast
versanken, und einige Sudanesen, die in frische
Elefantentapfen geriethen, mußten herausgezogen
werden. Mit unendlicher Mühe brachten wir Alle
bis auf festen Boden. Um 8 Uhr kamen wir tod-
müde in Jumbe an, wo uns die Häuptlinge mit
zwei Schafen empfingen; aber keiner dachte wohl
mehr ans Essen, denn als ich etwa nach 10 Uhr
aus meinem Zelt kam, um die ersten nachgekommenen
Sudanesen zu empfangen, schlief Aues ringsum. Die
Zurückgebliebenen hatten sich, alle paar Minuten
feuernd, um die Elefanten zu schrecken, die man
ringsum krompcten hörle, langsam nachgeschleppt und
kamen im Laufe der Nacht auch alle wohlbehalten
an. Am 13. Juni trockneten die Leute bis zum
Mittag ihre Sachen und reinigten die Gewehre,
daun ging es um 11 Uhr weiter, immer bergauf
und bergab nach Penje (Pendje). Die Gegend krug
bereits einen vollständigen Gebirgscharakter; es war