Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

dieser Tag mit allen seinen Einzelheiten so lebhaft 
vor meinen Augen, daß ich abends beim Wachtfeuer 
jeden Augenblick des Kampfes noch einmal durch- 
lebte. Die Häuser lagen noch alle in Schutt und Asche, 
aber die Leute hatten die stehengebliebenen Balken 
theilweise benutzt, um sich mit Hülfe von dahinter- 
und darübergelegten Palmenblättern einen Unter- 
schlupf gegen den Regen herzustellen. Mpalo war 
bei unserer Ankunft ganz verlassen, aber Moola Mbia. 
der uns verabredetermaßen empfing, versicherte, daß 
seine Leute zur Stelle seien, denn er selbst sollte mich 
mit 25 seiner Krieger begleiten, wie auch der andere 
Häuptling Ekwala, der in Balong gewesen war und 
nun auf halbem Wege wartete. Ich hatte ja 
ursprünglich nur die Absicht, in Balong Pens gegen- 
wärtigen Aufenthalt zu erkunden, und wollte die 
weitere Verfolgung seinen Landsleuten überlassen. 
Es war interessant, zu beobachten, wie auf den hallenden 
Ruf Moola Mbias seine Leute wie herbeigezaubert 
von allen Seiten aus dem Busch kamen und sich den 
kochenden Soldaten nur sehr zögernd näherten, zu 
denen sie bald darauf aber das größte Zutrauen 
hatten und unter deren Schuh sie sich später den 
übrigen Stämmen gegenüber sehr stolz vorkamen. 
Jeder Stamm hat seinen oben erwähnten, ihm eigen- 
thümlichen Nuf, der merkwürdigerweise so geheim ge- 
halten wird, daß er nur den eigenen Stammes- 
angehörigen bekannt ist. 
Am 10. Juni um 6 Uhr brachen wir von 
Mopako auf und kamen nun in eine gewaltige bergige 
Urwaldregion, welche die Miang= und Balongleute 
trennt. Eine solche gewaltige Waldmauer findet man 
in der Buschgegend überall zwischen den einzelnen 
Stämmen, und diese schrossen Grenzen sind es, die 
den Handel so erschweren, denn kein Stamm duldet, 
daß der Nachbar seine Waaren durch fremdes 
Stammesgebiet führt, sondern er muß sie bei ihm 
abliefern, und er veräußert sie dann weiler. Der 
Wald war hochstämmig mit starkem Unterholz und 
so dicht, daß man die Sonne kaum sah: infolge dessen 
herrschte überall der modrige Geruch verfanlender 
nasser Blätter und Hölzer, der sehr unangenehm war. 
Um 5 Uhr schlugen wir in der Nähe eines Gewässers 
unser Nachtlager auf, und hier sließ auch Ekwala 
zu uns. 
Am 11. Juni langten wir um 3 Uhr im ersten 
großen Balongdorf an, das gänzlich verlassen war. 
Alle Bewohner waren auf die Kunde von unserem 
Anmarsch in den Busch geflohen, wie uns ein Duala, 
der ruhig in seiner Hütte geblieben war, meldete; 
er erklärte sich jedoch bereit, die Häuptlinge zu rusen. 
Diese Dualas findet man weithin im Lande in allen 
Dörfern, und zwar haben die Leute von Bell-, Akwa- 
und Deido-town je ihren besonderen Bezirk. So 
traf ich im Balonggebiet, also in der Mongogegend, 
nur Leute von Manga Bell, während am Eworifluß 
nachher nur Händler aus Akwa-town saßen. Diese 
Dualas kommen mit Waaren, lassen sich in einem 
Dorse mehrere Monate, ja theils als stehende Agenten 
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Jahre lang nieder, bekommen ihre eigene Hütte und 
kaufen nun Alles, was das Dorf produzirk, auf, um, 
wenn sie ihre Waaren verhandelt haben, nach Kamerun 
zurückzugehen. 
Ich hatte mein Zelt auf dem Dorfplaß auf- 
geschlagen, zwei Hütten den Sudanesen und zwei 
andere unmittelbar in der Nähe meines Zeltes den 
Soldaten der Westküsic angewiesen, ols mehrere 
Häuptlinge mit Ziegen und Bananen kamen und mir 
versicherten, daß Pen nicht bei ihnen sei. Ich be- 
stellte ssmmtliche Häuptlinge für den nächsten Morgen 
und erfuhr dann in einem grosten Palaver von ihnen, 
daß Pen von ihnen weitergeschickt sei, weil sie bei 
dem fortwährenden Drängen der Miangesen, ihn 
auszuliefern, doch Angst bekommen hätten. Er sei 
durch das benachbarte Mamelegebiet gezogen und 
solle sich in dem sechs Tage entfernten Bakosigebirge 
aufhalten. Dorthin nun weigerten sich die Miangesen, 
ihn zu verfolgen, denn zu den dortigen Bergvölkern 
dürften selbst die Dualalente nicht gehen, und ein 
Zug ihrerseits dorthin sei völlig zwecklos. Auch 
würden die dazwischen wohnenden Leute des Mamcile- 
und Fangebietes sie niemals passiren lassen, und sei 
deshalb auch eine Botschaft an die Vakosileute, wie 
ich sie vorschlug, unmöglich. Ich mußte mich also 
entschließen, selbst zu gehen, obwohl ich mir wenig 
Hoffnung machte, Pen zu fangen; aber ein Ausgeben 
der einmal begonnenen Verfolgung mußte dem An- 
sehen des Gouvernements meiner Meinung nach bei 
allen betheiligten Stämmen schaden. Demzusolge 
brach ich noch am 12. Juni sofort nach Schluß des 
Palavers um 1 Uhr auf und hoffte Jumbe im 
Mamele-(Mamila) Gebiet um 6 Uhr zu erreichen. 
Wir kamen wieder in den Wald; dieses Mal ganz 
ohne Unterholz; riesige alte Bäume, vielfach umge- 
stürzt und den Weg erschwerend, aber als Untergrund 
Sumpf, der schlimmer und schlimmer wurde, je 
weiter wir kamen, dazu trat heftiger Regen ein; der 
Weg wurde schmaler und schmaler, während die 
Elefantenpfadc sich fortwährend mehrten. Es kamen 
Stellen, au denen wir bis an den Bauch im Morast 
versanken, und einige Sudanesen, die in frische 
Elefantentapfen geriethen, mußten herausgezogen 
werden. Mit unendlicher Mühe brachten wir Alle 
bis auf festen Boden. Um 8 Uhr kamen wir tod- 
müde in Jumbe an, wo uns die Häuptlinge mit 
zwei Schafen empfingen; aber keiner dachte wohl 
mehr ans Essen, denn als ich etwa nach 10 Uhr 
aus meinem Zelt kam, um die ersten nachgekommenen 
Sudanesen zu empfangen, schlief Aues ringsum. Die 
Zurückgebliebenen hatten sich, alle paar Minuten 
feuernd, um die Elefanten zu schrecken, die man 
ringsum krompcten hörle, langsam nachgeschleppt und 
kamen im Laufe der Nacht auch alle wohlbehalten 
an. Am 13. Juni trockneten die Leute bis zum 
Mittag ihre Sachen und reinigten die Gewehre, 
daun ging es um 11 Uhr weiter, immer bergauf 
und bergab nach Penje (Pendje). Die Gegend krug 
bereits einen vollständigen Gebirgscharakter; es war
	        
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