Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

betreffende Thierproduktion noch einen der rentabelsten 
Zweige unserer Landwirthschaft bildet. Geht man 
in diesem Falle der Ursache oder wenigstens den 
Einschleppungsbedingungen auf den Grund, so ergiebt 
sich, daß mit dem im Zurückweichen begriffenen 
Massaielement auch die Möglichkeit der Seuche mehr 
und mehr abnimmt. Endlich aber handelt es sich 
hier überhaupt nicht um eine Zucht im Großen, 
sondern zunächst nur um einen wenig umfangreichen 
Bersuch auf einem abgesonderten Spezialgebiet. 
Wenn wir uns fragen, wie zur Zeit die Verhält- 
nisse im Lande liegen, so ist nur eine günstige 
Beantwortung möglich. Augenblicklich ist im Kilima- 
ndiarogebiet und, wie ich glaube, auch in Usambara 
nirgends mehr eine Spur der Seuche zu konstatiren; 
auch die wenigen Massai, die sich zeigen und zum 
Theil, wie unterhalb der westlichen Dschaggaland= 
schaften, zu einem gewissen Grade von Sehßhaftigkeit 
gekommen sind, haben nur gesundes Vieh. Einen 
guten Maßstab für die allgemeinen Gesundheits- 
verhältnisse in der Niederung bietet ferner das Vor- 
kommen einiger wilden Thiere. Größere Antilopen- 
arten, Giraffen und vor Allem Büffel sind für die 
Krankheitskeime ebenso empfänglich wie das Rind- 
vieh. Bekanntlich waren nun alle Büffel in unserem 
Gebiete ausgestorben. Ihre der Verwitterung rasch 
anheimfallenden Skelettheile habe ich durch die 
ganze Kilimandjaroniederung zerstreut gefunden. 
Ganz neuerdings (zweite Hälfte April 94) war es 
mir aber vergönnt, in der Gegend von Kahe die 
ersten unzweifelhaften Spuren lebender. Büffel zu 
konstatiren, nachdem unter den Eingebokenen schon 
lange das Gerede von der Wiedereifiwarderung der 
großen Wiederkäuer ging. Damik dürfen wir an- 
nehmen, daß auch für die zahnien Vertreter ihrer 
Sippe die Luft wieder rein ist. 4 
Es fragt sich weiter, wie es um die spezifischen 
Bedingungen der Thiere steht. Südafrikanische Er- 
fahrungen lehren, daß die dort zu Zugzwecken ver. 
wandte Nasse ebenso klimafest wie genügsam in 
bezug auf Nahrung und Wasser ist. Euorme Tem- 
peraturdifferenzen, wie sie dort in den subtropischen 
Strichen schon herrschen, werden von den Ochsen 
ohne Nachtheil ertragen. Das oft kärgliche Futter 
müssen sie sich selbst suchen. Ihre Fähigkeit, Wasser- 
mangel zu ertragen, scheint aber doch übertrieben 
worden zu sein. Nach Brehm vermögen die Thiere 
in der kühlen Jahreszeit nicht über 70 bis 90, in 
der heißen kaum über 40 bis 60 Stunden ohne 
Tränkung auszuhalten. Allerdings nehmen sie mit 
wenigem und schlechtem Wasser vorlieb. Aber so 
erheblich sind im Allgemeinen die Anforderungen nicht, 
die wir in unserem Gebiete an Zugthiere zu stellen 
somit der südafrikanische Schlag als ein 
sehr genügsamer zu bezeichnen ist, so darf man doch 
nicht vergessen, daß es sich dabei stets nur um eine 
gewisse Reisedauer handelt, daß die Karawanen auch 
dort von Zeit zu Zeit üppigere Landstriche passiren, 
  
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wo sich die Thiere von den Strapazen erholen 
können. Magere Etappen werden überstanden, aber 
wenn die Ochsen nicht Gelegenheit haben, sich vorher 
und nachher reichlich zu stärken, so dürfte ihre 
Leistungsfähigkeit doch rasch abnehmen. Dazu kommt, 
daß, wenn wir einen Ochsenwagenverkehr einführen 
wollen, es sich empfiehlt, die Thiere im eigenen 
Lande zu züchten, um die unvermeidlichen Abgänge 
zu ersetzen und unnöthige Ausgaben an das Aus- 
land zu vermeiden. In dieser Hinsicht scheint ein 
gewisser Strich Usambaras außergewöhnlich günstige 
Vorbedingungen zu bieten. Es ist die breite 
Luengeraniederung, welche bei Korogwe in die 
Panganiebene mündet. Gelegentlich unserer Her- 
reise benutzte ich im März v. Is. einen Ruhetag 
in Korogwe zum Ausflug in das Luengerathal. Wenn 
auch im untersten Theile desselben der Graswuchs — 
zumal wir uns am Ende der Trockenzeit besanden — 
weniger üppig war, so gewaun die Landschaft doch 
schon eine kurze Strecke oberhalb einen frischen viel- 
versprechenden Charakter. Andere Reisende, welche 
Gelegenheit hatten, auch die oberen Parkien kennen 
zu lernen (Baumann, Holst), sprechen sich sehr 
günstig über die Qualifikation dieser Grasniederung 
zur Viehzucht in großem Stile aus. Es wäre 
vielleicht praktisch, statt der südafrikanischen Ochsen 
die kräftigen indischen Zeburassen heranzuziehen, 
welche eine vielseitigere Verwendung zulassen. Prof. 
Wohltmann?) bemerkt: „Der Zebu ist das 
Zukunftsthier Afrikas, insbesondere der große Zebu. 
Seine rationelle Zucht eignek sich nicht allein für 
Mittel-, sondern auch für Südwestafrika. Im 
Lastentragen und als Reitthier ersetzt er das Kameel 
und als Zugthier ist er ganz ausgezeichnet.“ Ich 
erinnere weiter daran, daß an der Mündung des 
Luengerathals die Usambarabahn endet und daß die 
Verbindung des Endpunktes Korogwe mit Buiko 
uns oben Schwierigleiten bereiteke. Aus allen 
Anzeichen kann man bei nüchterner Beurtheilung 
nur den Schluß ziehen, daß wir — geeignete Wege- 
verhältnisse vorausgesetzt — mittelst Ochsenwagen- 
verkehrs eine geeignete Verbindung zwischen den 
genannten 90 km auseinander liegenden Punkten 
herzustellen im Stande sein werden. 
Im oberen Anschlußgebiet, der Kilimandjaro- 
niederung, liegen zwar die Terrainverhältnisse 
günstiger als am Südsuß von Usambara, aber die 
große Sterilität des Landes dürfte schwerer in die 
Wagschale fallen. Die klimatischen Verhältnisse der 
Kulturzone des Kilimandjaro sind zudem einer der 
Niederung angepaßten Viehrasse ungünstig, jedenfalls 
ungünstiger als Thieren der Freiheit, die sich an- 
passungsfähiger erweisen. 
Werfen wir noch kurz einen Blick auf die Er- 
fahrungen, welche man in tropischen bezw. fub- 
tropischen Gebieten mit Zugochsen gemacht hat. 
  
*) Handbuch der tropischen Agrikultur. I. Band, 1892, 
s. *R ch pischen Ag ur and, 1892
	        
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